Essen. Rudolf Weida war 1994 beim Pokalfinale von Rot-Weiss Essen. Wie er das „Fußballfest“ in Berlin erlebte und was er bis heute damit verbindet.
Rudolf Weida sitzt am Küchentisch in seiner Wohnung in Essen-Altenessen. Vor ihm liegen ein Rot-Weißer Schal und mehrere Video-Kassetten. Vorsichtig öffnet er ein Album mit alten Zeitungsartikeln, Fotos und Eintrittskarten. Alle Gegenstände haben eines gemeinsam: Sie erinnern Weida an den 14. Mai 1994, als Rot-Weiss Essen sensationell im DFB-Pokalfinale gegen Werder Bremen stand. Der 73-Jährige war damals zusammen mit drei Freunden vor Ort.
Die Momente, als er und die weiteren etwa 30.000 Essener Fans im Berliner Olympiastadion von der ganz großen Sensation träumten, hat Weida noch ganz genau vor Augen. Gerade hatte RWE in der 50. Minute gegen haushoch favorisierte Bremer, trainiert von Ex-RWE-Spieler Otto Rehhagel, den Anschlusstreffer zum 1:2 gemacht:
„Ab da hat Essen die Bremer förmlich an die Wand gespielt“, blickt Weida zurück. „Otto Rehhagel hat in der Schlussphase die Spielmacher Mario Basler und Andreas Herzog rausgenommen und durch die beiden Verteidiger Uli Borowka und Andree Wiedener ersetzt. Die wären sonst mit wehenden Fahnen untergegangen. Wir haben daran geglaubt, dass die Essener das schaffen, wir haben die Mannschaft ununterbrochen angefeuert.“
Rot-Weiss-Essen-Fan Rudolf Weida: „Ich ärgere mich noch heute, dass Pickenäcker gespielt hat“
Letzlich nutzen die Essener viele ihrer guten Torchancen nicht und verloren durch einen Elfmeter von Wynton Rufer in der 88. Minute mit 1:3. „Alle Welt sprach davon, dass wir verlieren. Klar waren die Bremer überlegen, aber eigentlich haben sich die Essener gut gehalten“, sagt Weida. In einem Punkt ist er sich auch heute noch sicher: „Mit einem fitten Ingo Pickenäcker hätten wir das Spiel gewonnen“, erzählt er, ehe er zu einer Anekdote ausholt.
Pickenäcker war in der Saison 1993/94 Kapitän der Rot-Weissen. Vor dem Spiel habe der Rechtsverteidiger eine Verletzung an der Leiste gehabt, erklärt Weida. „Uli Borowka von Werder Bremen hat in den Katakomben des Stadions gesehen, dass Pickenäcker nicht ganz rund läuft und gefragt ‚Du spielst doch heute nicht, oder?‘ Worauf hin Pickenäcker entgegnete: ‚Ich führe die Mannschaft aufs Feld!‘
Daraufhin soll Borowka in die Kabine gegangen sein und der Bremer Mannschaft gesagt haben: „Alles über links, der Pickenäcker ist an der Leiste verletzt!“, erzählt Weida. „Dann sind die Bremer nur über links gekommen und haben nach 17 Minuten das 0:1 gemacht. Der Trainer Wolfgang Frank wollte ihn auswechseln, das ging aber aus irgendeinem Grund nicht. Die Bremer haben in der 38. Minute das 0:2 gemacht, danach wurde Pickenäcker vom Platz genommen. Das war aber zu spät. Ich ärgere mich heute noch, dass der gespielt hat.“
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„Nach dem Spiel haben wir die Mannschaft trotzdem gefeiert“, erinnert sich Weida. „Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht“, hätten sie gesungen. Ein Fangesang-Klassiker, der auch heute noch im Stadion an der Hafenstraße ertönt.
RWE-Fan Rudolf Weida: Sein ungewöhnlichstes Erinnerungsstück ist eine Flasche Bier
Schon seit seiner Kindheit ist Weida RWE-Fan. Sein erstes Spiel besuchte er am 8. Juni 1966 gegen den 1. FC Saarbrücken - der Verein hat ihn nicht mehr losgelassen. Weida sammelt leidenschaftlich alles rund um Rot-Weiss Essen. Den Fan-Schal von 1994 wirft er noch immer über seine Schultern, wenn er zu den Heimspielen in die Westkurve geht.
Auf Videokassetten hat er die im TV übertragenen Pokalspiele aus den Jahren 1993/94 aufgenommen, seit 30 Jahren dokumentiert er in Ordnern jede RWE-Saison mit Zeitungsartikeln und Bildern. Im Album aus der Pokalsaison 1994 hat Weida auch die Eintrittskarten von den Spielen gegen den MSV-Duisburg, St. Pauli und TB Berlin gesammelt.
Sein wohl ungewöhnlichstes Erinnerungsstück ist aber kein Foto oder Zeitungsartikel. Weida kramt in seiner Küche eine Flasche Bier hervor. Auf den ersten Blick sieht die Flasche der Marke „Krombacher“ wie ein gewöhnliches Bier aus. Erst beim genauen Hinsehen ist zu erkennen, dass Form und Design etwas aus der Zeit gefallen wirken. „Die Flasche ist noch von 1994, vom Pokalfinale in Berlin“, erzählt Weida mit einem großen Grinsen.
Wie kam es dazu, dass die Flasche 30 Jahre lang ungeöffnet blieb? „Auf der Hinfahrt nach Berlin im Bus hatten wir unser eigenes Bier.“ Die Krombacher-Flasche sei übriggeblieben, erzählt Weida. „Die wollte ich dann am Bahnhof trinken, dort war An- und Abfahrt der Busse. Ich wollte etwas essen gehen, der Imbissbetreiber hat mir aber verboten, die Flasche in seinem Laden zu trinken. Dann blieb die Flasche bis zur Abfahrt des Busses zu und ich habe sie wieder mit nach Hause genommen.“
Seitdem steht die Flasche in der Vitrine seiner Altenessener Wohnung und erinnert ihn neben dem Fanschal, Videokassetten und Sammel-Ordnern an einen seiner größte Momente als Fan von Rot-Weiss Essen.