Essen. Rot-Weiss Essen verabschiedet sich mit einem Highlight in die Winterpause. Auf die Kaderplaner wartet Arbeit. Es geht auch um ein U17-Talent.
Auch rund 20 Minuten nach dem Abpfiff der Partie gegen den Halleschen FC drehten die Profis von Rot-Weiss Essen auf dem durch Spiel und Regen arg strapazierten Rasen im Stadion an der Hafenstraße fleißig Ehrenrunden. Selfies mit den Fans, Freudentänze, innige Umarmungen: Nach dem Last-Minute-Sieg am Dienstagabend wollte keiner so schnell in die Kabine. RWE hatte das Spiel nach einem 0:2-Rückstand mit 3:2 (0:1) gewonnen. Es war ein weiteres emotionales Highlight nach den späten Siegtoren gegen Preußen Münster (1:0), den MSV Duisburg (2:1) und Arminia Bielefeld (2:1).
Auch in den Katakomben des Stadions wurde zu diesem Zeitpunkt gefeiert. Wenngleich etwas besonnener. Marcus Steegmann (Direktor Profifußball) versorgte Sportdirektor Christian Flüthmann, RWE-Vorstand Marcus Uhlig und Aufsichtsratsmitglied Waldemar Wrobel mit kaltem Stauder. Sie hatten allen Grund zur Freude: Rot-Weiss Essen schließt das Jahr in der 3. Liga nach dem ersten Rückrundenspiel auf dem 4. Platz ab und könnte bei einem Punktgewinn im Nachholspiel bei 1860 München sogar auf den Relegationsplatz vorrücken. Damit war nach einem turbulenten Sommer und der schwachen Rückrunde der letzten Saison nicht zu rechnen.
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Für die Spieler geht es in den Weihnachtsurlaub, auf die RWE-Verantwortlichen wartet vor den Feiertagen noch die eine oder andere Aufgabe, ehe die Arbeit im Januar so richtig losgeht. Das sind die vier wichtigsten Aufgaben der sportlichen Leitung in den nächsten Wochen.
01: RWE-Abgänge im Winter
Der eine oder andere Spieler könnte den Klub aufgrund fehlender Perspektive in diesem Winter verlassen. Dazu könnte Fabian Rüth gehören. Der 22-jährige Defensivspieler hat im RWE-Kader von Trainer Christoph Dabrowski keine realistische Chance. Das wurde dem Spieler auch mitgeteilt. Rüth zog sich im Mai als Leihspieler bei Rot-Weiß Koblenz einen Kreuzbandriss zu. Seitdem hat er nicht gespielt. Das dürfte es für RWE nicht leicht machen, einen Abnehmer für Rüth zu finden.
Einer der Verlierer des starken Essener Halbjahres ist Sandro Plechaty. Der Rechtsverteidiger stand gegen Lübeck und Halle nicht mal im Kader und kommt bis dato auf nur 132 Einsatzminuten. An Eric Voufack und Andreas Wiegel kommt der Ex-Schalker nicht vorbei. Das Kapitel RWE könnte daher bald beendet sein, sollte sich ein Abnehmer für ihn finden.
Gesprochen werden dürfte auch mit Offensivspieler Nils Kaiser und Innenverteidiger Aaron Manu. Letzterer ging verletzt in die Saison, erlebte dann eine Horror-Premiere gegen den SC Verl und ist seitdem außen vor.
02: RWE-Transfers im Winter: Flügelspieler im Visier
Sollte RWE den einen oder anderen der genannten Spieler von der Gehaltsliste bekommen, könnte das die Chancen auf mögliche Verstärkungen steigern. Im November wurde der Vertrag mit Ex-Kapitän Felix Bastians aufgelöst. Einer der Großverdiener taucht somit ab 2024 nicht mehr auf der Gehaltsliste auf.
Wie diese Redaktion erfuhr, schauen sich die RWE-Verantwortlichen nach einem torgefährlichen Flügelspieler um. Marvin Obuz hat die Erwartungen mehr als erfüllt und ist mit großem Vorsprung Topscorer (vier Tore, sechs Vorlagen) des Teams. Auf der linken Seite blieb Isaiah Young (25) trotz einiger Ausnahmen im ersten Halbjahr unter seinen Möglichkeiten. Der Essener Aufstiegsheld schoss in 18 Spielen zwar drei Tore, bereitete aber keinen Treffer vor. Für einen Spieler mit seiner Qualität ist das zu wenig. Zu häufig fehlen dem US-Amerikaner Ruhe und Präzision in der gefährlichen Zone. Eine ernsthafte Alternative zu Young hat RWE-Trainer Christoph Dabrowski auf dem linken Flügel aktuell aber nicht. Das könnte sich in der Rückrunde ändern.
Rot-Weiss Essen: Mittelstürmer erhalten das Vertrauen
Oft diskutiert wurde die Personalie Mittelstürmer. Die Torquote des RWE-Personals ist nicht gut. Ron Berlinski (2), Leonardo Vonic (2) und Moussa Doumbouya (1) bringen es zusammen nur auf fünf Treffer. Sportdirektor Christian Flüthmann hatte zuletzt jedoch betont, dass auf dieser Position in Sachen Transfers nichts geplant sei. Die Essener versprechen sich vor allem vom jungen Leonardo Vonic (20) sehr viel. In seinem ersten Halbjahr für RWE ließ er sein Talent aufblitzen, gegen Halle gelang ihm der Siegtreffer. Trainer Christoph Dabrowski sprach nach dem Halle-Spiel davon, dass man weiter darauf setzen wolle, die Spieler weiterzuentwickeln. Das größte Potential im Sturmzentrum hat zweifellos Vonic.
Ron Berlinski erwischte als Starter in den letzten beiden Partien keinen Sahnetag, hat aber seinen Wert vor allem als Einwechselspieler längst bewiesen. Moussa Doumbouya zeigte gegen Halle, dass mit ihm nach schwachem Start in die Saison noch einmal zu rechnen sein könnte. Der Sommer-Zugang aus Ingolstadt kämpft um seine Chance. Die RWE-Führung lobt ihn für gute Trainingsleistungen in den letzten Wochen. Aktuell sieht es daher danach aus, dass es mit dem gleichen Sturmpersonal in die Rückrunde geht.
Holt RWE noch einen Innenverteidiger?
Sollte man es Aaron Manu nicht mehr zutrauen, eine Rolle in Essen zu spielen, bestünde auch im Abwehrzentrum Handlungsbedarf. Mit Felix Götze, Jose-Enrique Rios Alonso und Mustafa Kourouma stünden dann nur drei Innenverteidiger zur Verfügung. Eine Leihe von Bochums Tim Oermann (20) dürfte kaum noch zu realisieren sein, denn der U21-Nationalspieler zeigte am vergangenen Samstag sein Können in der Bundesliga und hat längst auch andere Klubs auf sich aufmerksam gemacht. Der VfL denkt nach wie vor an ein Leihgeschäft, um ihm mehr Spielpraxis zu geben. Bitter vor allem für Kaderplaner Marcus Steegmann: Dieser hatte im Sommer mit dem hochtalentierten Abwerhspieler und dem VfL Bochum alles klar gemacht, ehe das Leihgschäft aufgrund eines Vetos der RWE-Führung aus finanziellen Gründen doch noch scheiterte.
Klar ist, dass die Essener bis auf einige Ausnahmen (Celebi, Eisfeld) vom Verletzungspech verschont blieben und noch die eine oder andere Verstärkung gebrauchen könnten - auch in der Breite. Letztlich steht und fällt es mit der finanziellen Situation und der Frage, wie viel Risiko die Verantwortlichen angesichts der nicht mehr unrealistischen Aufstiegschance gehen wollen, um den Kader zu verstärken. Auch das gilt es zeitnah zu besprechen.
03: Vertragsverlängerungen: Rot-Weiss Essen spricht mit Dabrowski und Götze
Im Januar wolle man sich zusammensetzen. Dieser Satz fiel bei den Personalien Christoph Dabrowski und Felix Götze. Trainer und Verein haben bereits signalisiert, dass eine Fortsetzung der Zusammenarbeit erwünscht ist. Im Sommer war Dabrowski bei einigen Fans noch der Buhmann, nun hat er die Mannschaft auf ein ganz neues Level gehoben. Die Vertragsverlängerung wäre die logische Konsequenz.
Der Erfolg des Teams dürfte Begehrlichkeiten wecken. Spieler wie Götze, Lucas Brumme, Vinko Sapina oder auch Rios Alonso und Cedric Harenbrock haben sich bei in den Vordergrund gespielt. Sie sollen auch in der kommenden Saison an der Hafenstraße auflaufen. Kapitän Sapina steht wie Jakob Golz bis 2025 unter Vertrag, bei ihnen besteht somit kein akuter Handlungsbedarf. Götze oder auch sein Innenverteidiger-Kollege Rios Alonso (beide Vertrag bis Sommer 24) sollen nach dem Geschmack der Essener zeitnah verlängern.
Marvin Obuz für Rot-Weiss Essen nur schwer zu halten
Im Fall von Marvin Obuz dürfte das nur schwer zu realisieren sein. Der RWE-Topscorer ist vom 1. FC Köln ausgeliehen. Damit der 21-Jährige ein weiteres Jahr in Essen aufläuft, müssten die RWE-Bosse viel Überzeugungsarbeit leisten, bei Obuz, aber vor allem bei den abstiegsbedrohten Kölnern. Versuchen werden sie es definitiv.
04: U17-Rakete Mats Preßler
Den Scouts der Essener Nachwuchsabteilung ist im vergangenen Sommer ein echter Coup gelungen. Vom VfL Bochum wurde der 16-jährige Stürmer Mats Preßler verpflichtet und dieser startete in der Hinrunde für die U17 so richtig durch. Mit 18 Treffern führt er die Torschützenliste in der U17-Bundesliga West an. Dank seiner Treffsicherheit überwintert RWE auf einem starken siebten Platz.
Preßler ist damit der erfolgreichste Stümer aller B-Junioren-Bundesliga-Staffeln in Deutschland. Auch das weckt Begehrlichkeiten. RWE hat die Gespräche mit dem hochtalentierten Angreifer daher bereits aufgenommen. Dieses Sturm-Talent soll in Essen bleiben.