RWE-Vorsitzender Marcus Uhlig: „Niemand kann einem die Zahl 750 erklären.“ Der Essener Regionalligist begrüßt die Schritte der Bundesligisten.

Wer am Samstag zur besten Sportschau-Zeit bei der ARD landete, der staunte nicht schlecht. Der Sender übertrug das Drittliga-Spitzenspiel 1. FC Magdeburg - 1. FC Saarbrücken (2:1) live und in Farbe. Und was noch erstaunlicher war: Die vollbesetzte Tribüne mit jubelnden Menschen, dicht an dicht sich wärmend. Insgesamt 14300 Zuschauer waren anwesend, 15000 hätten es sogar sein dürfen.

750 Fans im Spitzenspiel an der Hafenstraße

Der Fan in Nordrhein-Westfalen sah es und staunte nicht schlecht. Und die Vereinsoffiziellen ringen um Fassung und die richtigen Worte. „Da kommen Gedanken auf wie: Die dürfen das - und wir nicht“, umreißt RWE-Vorsitzender Marcus Uhlig als ebenfalls interessierter Zuschauer die Gemütslage. 750 Fans durften es neulich an der Hafenstraße sein im Topspiel gegen den Wuppertaler SV, 750 werden es vielleicht wieder am 20. Februar sein, wenn mit Preußen Münster das nächste Spitzenspiel ansteht. Was den RWE-Boss dabei verzweifeln lässt: „Niemand kann einem diese Zahl 750 erklären, die für das Stadion Essen ebenso gilt wie für das BVB-Stadion. Warum gibt es hier nicht eine prozentuale Aufgliederung?“

Gefühlt sei die Verordnung, so Uhlig, noch immer wie am Anfang der Pandemie. Doch inzwischen habe man ja eine ganz andere Impf- und vor allem Boosterquote. Das Argument, man müsse ja auch die An- und Abreise bei solchen Events berücksichtigen, kann er nicht ganz nachvollziehen: „Da muss man sich nur mal die Rush Hour in der Stadt anschauen, wie es da in Bussen und Bahnen zugeht. Unsere Fans kommen zum großen Teil zu Fuß oder mit dem eigenen Pkw.“ Im übrigen, so Uhlig, habe es in den Pandemie-Zeiten mit vollen Stadien keine Hinweise auf Massen-Ansteckungen bei diesen Freiluft-Veranstaltungen gegeben.

Regelung ist reine Symbolpolitik

Was Uhlig den Verantwortlichen, wo immer sie denn sitzen und debattieren, ankreidet, ist: Keine Flexibilität in der Sache, keine Perspektive, eine reine Symbolpolitik. Es ist ein Fahren mit Schritt-Geschwindigkeit im dichten Nebel. Aber inzwischen regt sich energischer Widerstand: Die neue DFL-Geschäftsführerin Donata Hopfen springt den betroffenen Vereinen zur Seite, sie fordert in einem Interview bei Sky Sport von Bund und Ländern endlich ein klares Konzept für die Rückkehr der Zuschauer. Sie gönne „jedem Gastronomen und jeder Kultureinheit, „Gäste und Zuschauer begrüßen zu können nach Hygienevorschriften, aber es müssen gleiche Regeln für alle gelten.“

Erwartet von der Politik eine flexible Lösung und eine Perspektive für die nächsten Monate: RWE-Vorsitzender Marcus Uhlig. Foto: Thorsten Tillmann / FUNKE Foto Services
Erwartet von der Politik eine flexible Lösung und eine Perspektive für die nächsten Monate: RWE-Vorsitzender Marcus Uhlig. Foto: Thorsten Tillmann / FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Und erste prominente Vereine aus der Bundesliga werden aktiv, so lassen RB Leipzig, Borussia Dortmund und der 1. FC Köln sowie Arminia Bielefeld inzwischen juristisch prüfen, mit dem Ziel einer einstweiligen Anordnung, mehr Zuschauer in die Stadien lassen zu dürfen. Und zwar im Eilverfahren. „Wir können dieses Vorgehen aktuell nachvollziehen und unterstützen es inhaltlich voll und ganz“, so Uhlig auf Nachfrage dieser Redaktion.

Allerdings wird sich Rot-Weiss Essen nicht an die „Speerspitze einer NRW-Bewegung“ setzen, so viel ist auch klar. Zumal im Hintergrund Gespräche auf politischer Ebene laufen, wie man die Traditionsvereine der Regionalliga unterstützen kann, wie es ja auch schon bei der ersten Welle mithilfe eines Landes-Fördertopfes der Fall war. Den im übrigen Rot-Weiss aktiv angeregt hatte und aus dem der Verein im Endeffekt beträchtliche Kompensationen erhielt. Ob es eine Neuauflage dieses Topfes geben wird, ob es dieses Förderkonzept vom Bund geben wird, oder es eine Reaktivierung des Länder-Topfes geben wird - nichts Genaues weiß man zu diesem Zeitpunkt.

Inoffizielle Arbeitsgruppe der Regionalligisten

Die Vereine aus der Regionalliga West, die es betrifft, wie Fortuna Köln, Münster, WSV, RWO oder Aachen sind dabei mit RWE in einer „inoffiziellen Arbeitsgruppe“ alle 14 Tage im Austausch. In einem sind sich die betroffenen Vereine einig, wie Uhlig es zusammenfasst: „Corona ist ein dynamischer Prozess, dafür brauchen wir eine klare Perspektive für all diejenigen, die mit Veranstaltungen ihr Geld verdienen, da müssen kurzfristige Änderungen der Verordnungen möglich sein, die machbar und verhältnismäßig sind. Wir brauchen zeitnah mindestens eine prozentuale Kapazitäts-Regelung. Der Profi-Fußball hat bewiesen, dass die vorhandenen Konzepte funktionieren.“

Eine klare Zahl schwebt dem RWE-Vorsitzenden auch vor: „Ein Drittel der Stadion-Kapazitäten halten wir aktuell für angemessen.“

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