Krefeld. KFC Uerdingen trifft auf Regionalliga-Spitzenreiter Rot-Weiss Essen. Nach einem turbulenten Sommer und radikalen Umbruch ist beim KFC alles neu.
- Der KFC Uerdingen empfängt Rot-Weiss Essen – Abstiegskampf gegen Aufstiegskampf.
- Uerdingen hat nach dem Rückzug von Investor Mikhail Ponomarev einen radikalen Umbruch für die Regionalliga West vollzogen.
- Der Traditionsverein fuhr jüngst den ersten Sieg ein und glaubt an seine Chance im Schlagerspiel gegen RWE.
Am Montag begann für Patrick Schneider die achte Sieben-Tages-Woche am Stück, der 45-Jährige schmunzelte nur kurz. Stressig bis turbulent ist es beim KFC Uerdingen 05, dessen Sportlicher Leiter Schneider ist, schon viel länger.
Im Dezember des Vorjahres spielten die Uerdinger in der 3. Liga, als Investor Mikhail Ponomarev seinen Rücktritt ankündigte. Die Spielbetriebs-GmbH gab wenige Wochen später die Insolvenz in Eigenverantwortung bekannt. Neue Investoren aus Armenien stiegen daraufhin beim KFC ein, verließen den Verein nach wenigen Wochen allerdings wieder.
Die Drittliga-Mannschaft ließ sich von dem Chaos abseits des Rasens nicht beeindrucken und hielt sportlich die Klasse. Da die Krefelder nach dem Saisonende keine Lizenz für die Drittligaspielzeit 2021/22 erhielt, stiegen sie trotzdem ab , die Spielbetriebs-GmbH wurde abgewickelt. Zu der Zeit hatte der KFC keinen Trainer, keine Mannschaft, kein Präsidium. Kurzum: Er war am Nullpunkt angekommen, als er sich dafür entschied, in der Regionalliga neu zu starten.
KFC Uerdingen: Sportchef Patrick Schneider stellt den Verein neu auf
An diesem Nullpunkt kam der 45-jährige Patrick Schneider ins Spiel. Er habe damals ein „Vakuum“ im Verein wahrgenommen. „Aber wir dachten: Wenn wir das Schiff retten wollen, dann müssen wir jetzt handeln.“ Schneider installierte Dmitri Voronov, vorher U17-Trainer, als Chefcoach und organisierte Probetrainings.
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„Wir haben einen Schattenkader erstellt, in der Zeit über 100 Spieler gesehen und mit 20, 30 weiteren verhandelt“, erzählt Schneider. Das Problem: Da Uerdingen keinen handlungsfähigen Vorstand hatte, konnte keiner dieser Spieler verpflichtet werden.
Erst kurz vor dem Saisonstart stand eine spielfähige Mannschaft, dann ging es Schlag auf Schlag. Heute stehen 28 Spieler im Kader. Vor allem junge Akteure, aber auch erfahrene wie Pepijn Schlösser, der über 30 Profispiele in den Niederlanden absolvierte. „Es war nicht besonders schwer, die Spieler zu überzeugen. Der KFC hat einen Namen, ist die Nummer eins in der Stadt und hat eine Strahlkraft“, sagt Schneider.
KFC Uerdingen erlebt Saisonstart zum Vergessen
Die runderneuerte Elf startete bei Rot-Weiß Oberhausen in die Saison – und kassierte eine 0:6-Pleite. „Am Anfang hat uns keiner etwas zugetraut. In Oberhausen hatten wir mehrere Spieler, die noch keinmal mit uns trainiert hatten“, erklärt Schneider das Ergebnis. Es folgten weitere Niederlagen, nach und nach spielte sich das Team ein, wurde konkurrenzfähiger und holte im September drei Remis in Folge.
Schneider hat nach wie vor Vertrauen in die Mannschaft und die zahlte es am Mittwoch zurück. Erstmals siegte der neue KFC, ein 2:0 gegen die Sportfreunde Lotte. Der Dreier kommt zur richtigen Zeit, denn am Wochenende empfängt Uerdingen den Tabellenführer Rot-Weiss Essen (Sa., 14 Uhr).
Da braucht es Rückenwind, zumal die Rollen klar verteilt sind: Abstiegskampf gegen Aufstiegskampf. „Es geht in jedem Spiel etwas. Mit Glück und einer guten Einstellung ist immer etwas drin“, schielt Schneider dennoch auf den Coup. „Essen ist eine Topmannschaft. Unsere Spieler haben oft bewiesen, dass sie die nötige Mentalität haben.“
Das honorieren auch die KFC-Fans. Sie gehen den neuen, und wie Schneider immer wieder betont „ehrlichen und seriösen“, Weg mit – trotz eines Exils. Die Grotenburg, die legendäre Heimstätte des KFC, ist sanierungsbedürftig und erfüllt nicht die Regionalliga-Anforderungen. Deshalb haben sich die Krefelder im Stadion des Oberligisten SSVg Velbert eingemietet und tragen dort ihre Heimspiele aus.
Die gut dreiviertelstündige Fahrt von Krefeld nach Velbert nehmen viele Anhängerinnen und Anhänger auf sich. Was die Fans leisten, sei „außergewöhnlich“, sagt Schneider. „Wir haben das Gefühl, dass sie uns dankbar sind, dass es den Verein noch gibt. Es gibt einen Schulterschluss.“
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Wann wieder in der Grotenburg gespielt wird? Ein genaues Datum gibt es noch nicht, doch Schneider freut sich schon jetzt: „Das wird für die Fans und die Stadt ein Homecoming-Moment, eine emotionale Angelegenheit.“