Essen. Trainer Giannikis verlässt Viertligisten schon im Sommer wieder. Sportdirektor Lucas fordert bis dahin Professionalität von allen Beteiligten.
Plötzlich ging es ganz schnell, man möchte sagen, fast über Nacht, aber das ist auch nur so ein Gefühl. Die Rot-Weissen müssen sich für die kommende Saison erneut einen Cheftrainer suchen, obwohl das jüngste Casting für diese Position erst knapp vier Monate her ist. Aber es hat sich in den vergangenen Tagen ja bereits abgezeichnet, dass RWE-Chefcoach Argirios Giannikis seinen Vertrag, den er erst im Oktober 2017 unterzeichnet hatte, nicht verlängern und sich stattdessen ab Sommer um den Drittligisten VfR Aalen kümmern wird.
Am Freitagabend nach dem gelungenen Auftritt der Essener im Testspiel gegen den Zweitligisten Arminia Bielefeld stand Giannikis noch Rede und Antwort, lobte seine Mannschaft, dass sie die Vorgaben „hervorragend“ umgesetzt habe. „Hut ab.“ Über sich und seine Zukunft wollte der Fußballlehrer nicht sprechen. Wenn es dazu etwas zu berichten gebe, werde er es tun.
Zwölf Stunden später am Samstagmorgen meldete Rot-Weiss, dass Giannikis den Verein zum Saisonende verlassen wird. Kurz zuvor hatte der Coach den Spielern seine Entscheidung mitgeteilt. RWE wiederum war noch zuvor von den Beratern unterrichtet worden.
Fest steht, dass Rot-Weiss überrascht wurde. Spätestens als die „Schwäbische Post“ am vergangenen Mittwoch berichtete, dass Giannikis ein Kandidat beim VfR Aalen sein soll, keimte Verunsicherung. Denn noch zu Wochenbeginn hatten Sportdirektor Jürgen Lucas und Argirios Giannikis zusammengesessen und ganz konkret Pläne geschmiedet.
Signale stimmten zuversichtlich für weitere Zusammenarbeit
Auch mit diesem Trainer wollte RWE weitermachen. Die Rot-Weissen wurden damals nicht unbedingt gefeiert für ihre Wahl, aber der schnelle Erfolg hatte längst auch manchen Skeptiker überzeugt. „Wir wollten die Zusammenarbeit über den Sommer 2018 hinaus fortsetzen“, sagt RWE-Vorstand Marcus Uhlig. Man habe auch schon miteinander über eine Verlängerung gesprochen. „Die Signale stimmten zuversichtlich, dass auch auf Seiten des Trainers ein großes Interesse an der Fortführung der Zusammenarbeit besteht“.
Nichts habe auf eine Trennung hingedeutet. Dann plötzlich tauchten die Gerüchte auf, und nach einem Gespräch mit Giannikis Berater am Donnerstag kamen die ersten Bauchschmerzen. Die Lage hatte sich verändert.
Enttäuschung der Rot-Weissen ist nachzuvollziehen
„Mir ist die Entscheidung alles andere als leicht gefallen, weil ich wahnsinnig gerne Trainer von Rot-Weiss Essen und dieser Mannschaft bin“, wird Giannikis zitiert. „Nach reiflicher Überlegung habe ich mich trotzdem entschieden, eine andere Möglichkeit wahrzunehmen. Wir haben intern sehr offene und ehrliche Gespräche geführt. Mir war es auch wichtig, nicht groß herumzueiern.“ Eine reifliche Überlegung lässt allerdings vermuten, dass der analytische Fußballlehrer schon eine Zeit lang mit seinem neuen Arbeitgeber verhandelt hatte. Auch das Statement in Aalen stützt die These: „Die gemeinsamen Gespräche mit den Vereinsverantwortlichen waren von Beginn an sehr positiv und haben mich überzeugt, diesen nächsten Schritt anzugehen.“
Dass die Rot-Weissen tief enttäuscht sind, ist nachzuvollziehen. Und natürlich sind sie irritiert und empfinden so etwas wie einen Vertrauensbruch. Aber noch ist Giannikis Trainer in Essen und gelobt 100 Prozent zu geben bis zum Schluss. Es muss ja irgendwie weitergehen
Mann aus den eigenen Reihen für Interimslösung sieht der Verein nicht
Aber wird RWE bis Saisonende an Giannikis festhalten? Schließlich muss weiter geplant werden. „Ich erwarte von allen Beteiligten eine hohe Professionalität“, fordert Jürgen Lucas. Man könne jetzt nicht aus der Emotion heraus irgendetwas entscheiden, schließlich gehe es um den Verein. „Sportlich wollen wir noch einiges erreichen, wir stehen ja auch noch im Viertelfinale des Niederrheinpokals.“
Aber klar ist auch, dass RWE ab sofort einen neuen Cheftrainer sucht. Die ersten Bewerbungen liegen auch schon vor. Möglichst schnell soll es gehen. „Das wäre von Vorteil“, so Lucas. Einen Mann für eine Interimslösung hat der Verein jedenfalls nicht in seinen Reihen. Und Jürgen Lucas wird nicht noch einmal einspringen. „Das kommt nicht infrage.“ Aber vielleicht ist ja einer unter den Kandidaten, die sich damals im Oktober bewarben. Darunter seien durchaus ein, zwei interessante Namen, sagt Lucas, mit denen man sich noch einmal beschäftigen könnte.