Essen. Der RWE-Vorsitzende Michael Welling nahm im Interview zu allen Dingen rund um RWE Stellung - vom Ausstieg eines Sponsors bis zur Trikotbrust.

  • Innogy hat sich Knall auf Fall aus dem RWE-Sponsoring zurückgezogen.
  • Die Trikotbrust ist noch zu haben
  • Wir haben Der RWE-Vorsitzende Michael Welling nahm im Interview zu allen Dingen rund um RWE Stellung - vom Ausstieg eines Sponsors bis zur Trikotbrust.

Im neuen flotten Outfit und gut erholt erschien der Vorstandsvorsitzende von Rot-Weiss Essen zum Interview in der Sportredaktion. Die Auszeit in Indien hat Michael Welling offensichtlich gut getan. Launig und ausführlich nahm er wie gewohnt zu allen Dingen rund um RWE Stellung. Aufgrund der Ausführlichkeit gibt es noch einen zweiten Teil des Interview.

Herr Welling, Sie haben Ende letzten Jahres eine Auszeit genommen und waren längere Zeit in Indien. Wie ist der Blick auf Rot-Weiss Essen aus der Ferne, vom anderen Ende des Ganges?

Michael Welling: Gerade, weil wir 2017 hier in Essen das Grüne Hauptstadtjahr feiern, muss man erst mal auf jeden Fall sagen, dass die Ruhr deutlich grüner ist als der Ganges. In die Ruhr würde ich jederzeit reinspringen, in den Ganges definitiv nicht. Und der Fußball ist in Essen definitiv hochklassiger als in Indien.

Wobei Sie ja noch am Abflugschalter von Dingen um den Verein eingeholt wurden. Wie man hörte, bekamen Sie noch beim Boarding die Information, dass sich das neue Unternehmen Innogy Knall auf Fall aus dem Sponsoring zurückgezogen hat. Das muss doch ein Schock für Sie gewesen sein.

Welling: Grundsätzlich war ich während der gesamten Reise stets mit den Kollegen in Verbindung. Das geht glücklicherweise heute überall auf der Welt sehr einfach. Dass aber am Tag des Abflugs diese Nachricht kam, hat dann die gesamte Reise definitiv stark beeinflusst. Wir hatten weder grundsätzlich und vor allem nicht zu diesem Zeitpunkt damit gerechnet, dass Innogy die Förderung insbesondere unserer Jugend hier am Standort nach über 12 Jahren einstellt.

Es war sogar zu hören, dass Innogy sein Engagement noch ausweiten wollte, wie kann es dann zu dieser totalen Kehrtwende gekommen sein?

Welling: Die Gespräche sind über einen längeren Zeitraum geführt worden, und es wurden unterschiedliche Optionen diskutiert. Die Entscheidung ist letztlich aus ‘unternehmensstrategischen Gründen’ erfolgt. Das müssen wir akzeptieren und sind dankbar, dass wir zuvor so lange unterstützt wurden.

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Trotzdem schwer nachzuvollziehen, zumal Innogy bei Vereinen wie dem Tusem oder der Jugendabteilung von Rot-Weiß Oberhausen durchaus seine Förderung aufrecht erhält. Kurzum: Was haben die zu bieten, was Rot-Weiss Essen nicht hat?

Welling: Da Winter ist, muss ich natürlich jetzt aufpassen, dass ich nicht aufs Glatteis gerate. Vielleicht hatten die noch einen Vertrag. Was Zuschauerzahlen, Relevanz, und mit Blick auf die Jugend von RWO, die sportliche Basis betrifft, müssen wir uns nicht verstecken. Vielmehr sind wir so selbstbewusst, dass wir in allen für einen Partner relevanten Kategorien eigentlich die bessere Alternative darstellen. Genau deswegen müssen wir die Entscheidung von Innogy auch als Chance begreifen.

Auffällig ist dennoch, dass gerade die Essener DAX-Unternehmen sich hier sehr zurückhalten. Spüren diese Firmen eigentlich ihre heimatlichen Wurzeln nicht mehr oder ist es an dieser Stelle zu sozialromantisch gedacht?

Welling: Ich glaube, man muss hier differenzieren. Zum einen haben viele Unternehmen in den letzten Jahren auch schwere Phasen durchlebt. Gerade am Beispiel Innogy wird das doch besonders deutlich, die ja erst als Reaktion auf die Energiewende vom Stromkonzern RWE aus gegründet wurden. Zum zweiten engagieren sich viele Unternehmen ja bereits im Bereich Kultur und auch im Sozialen. Dennoch hat gerade der Sport in Essen insgesamt in den letzten Jahren besonders gelitten: Tusem war im Handball eine Macht in Europa, Rot-Weiss war Deutscher Meister und lange im Profifußball, die Baskets spielen gegen den Abstieg aus der Pro A und die Moskitos sind aktuell ebenfalls nur noch drittklassig. Ich kann verstehen, dass viele Essener Bürger den Zeiten nachtrauern, als Essen noch als Sportstadt bundesweite Aufmerksamkeit hatte. Es würde einer Stadt wie Essen jenseits von meiner subjektiven Perspektive nicht nur gut zu Gesicht stehen, sondern ist als Identitätsanker als weicher Standortfaktor meines Erachtens unumgänglich, um wieder in den Fokus zu rücken.

Ist es gerade hinsichtlich der Hoch3-Aktion nicht ein schwerer finanzieller Rückschlag, insbesondere für die Jugendabteilung, die endlich ein NLZ besitzt und mit allen Teams in den höchsten deutschen Spielklassen unterwegs ist?

Welling: Das wäre auch ohne Hoch3 ein finanzieller Rückschlag. So sind aber im ersten Schritt die positiven Effekte durch Hoch3 konterkariert. Wir müssen weiter hart arbeiten, um dies finanziell zu kompensieren. Gelingt es uns nicht, kurz- oder mittelfristig hier neue Partner insbesondere auch für die Jugend zu gewinnen, dann gebietet es die wirtschaftliche Vernunft, dass wir Gegenmaßnahmen ergreifen müssen.

RWE-Chef Welling: "Ich stelle eher mich in Frage als meine Mitarbeiter" 

... die wie ausfallen müssten? Provokant gefragt: Könnte sich Rot-Weiss einen gut bezahlten Vorstandsvorsitzenden dann überhaupt noch leisten?

Welling: Nun, ob gut, schlecht oder angemessen bezahlt, ist ja immer Ansichtssache. Aber natürlich muss man in Zeiten von wirtschaftlichem Druck alle Optionen prüfen. Da schließe ich mich selbst natürlich nicht aus und würde sogar soweit gehen, mich selbst eher in Frage zu stellen als meine Mitarbeiter.

Wie sieht es denn in Sachen Trikotsponsor aus? Da galten die Konditionen bekanntlich doch nur bis Ende der Hinrunde. Wird die Trikotbrust anderweitig vergeben – und: gibt es einen neuen Interessenten?

Welling: Wir sind aktuell in mehreren Gesprächen. Zu allererst natürlich mit dem Netzwerk der Essener Gesundheitsbranche „Essen.gesund.vernetzt“. Diese spiegeln uns, dass sie sogar positiv überrascht waren, wie schnell der Bekannheitsaufbau mit Rot-Weiss Essen gelungen ist. Parallel haben wir aktuell noch zwei weitere Interessenten und werden bis zum Rückrundenauftakt hier eine Entscheidung fällen.

In dieser Phase würde es doch vielleicht helfen, wenn die zarten Pläne der Ausgliederung der ersten Mannschaft aus dem Hauptverein allmählich in die Tat umgesetzt würden und ein möglicher Investor, der für diesen Fall bereitstehen soll, mit vielen Millionen gleich ins Boot geholt werden könnte.

Welling: Wie schon mehrfach betont, ist das eine Option, die man durchaus andenken muss. Allerdings müssen wir als Rot-Weiss Essen hier zunächst unsere Hausaufgaben machen: Gemeinsam mit den Fans und Mitgliedern müssen wir definieren, unter welchen Umständen wir bereit sind, einen solchen Weg zu gehen. Dies bedarf Zeit und daher ist mit einem solchen Schritt sicherlich nicht in den nächsten Monaten zu rechnen.