Essen. Mit dem 3:2-Sieg über den Stadtrivalen FC Kray machte das Team von Trainer Sven Demandt am vorletzten Spieltag nach einer Achterbahn der Gefühle den Klassenerhalt klar.

Hereinspaziert, hereinspaziert, hochverehrtes Publikum! Geisterbahn war gestern – wer sich heutzutage so richtig gruseln will, der besucht Spiele von Rot-Weiss an der Hafenstraße. Vergnügungssteuerpflichtig war der 3:2-Sieg im Stadtderby gegen den tapferen FC Kray nicht, aber ein kleiner Thriller-Zuschlag hatte die Partie letztlich doch verdient. Was für eine wilde Fahrt zwischen der 62. und 79. Minute: Gerade noch in der Kurve dem Sensemann mit dem weit aufgerissenem Mund in den Abgrund geschaut, doch an der nächsten Ecke wartet zum Glück Peter Pan in Gestalt von Frank Löning, der einen abholt ins Abenteuerland. Am Ende krabbelt alles ein bisschen bleich um die Nase aus der Partie.

Auch interessant

Am Ende ist Rot-Weiss Essen dann doch gerettet, das minimalste Minimalziel am vorletzten Spieltag erreicht. Wenigstens das. Doch die große Freude wollte bei Mannschaft, Verantwortlichen und Fans nach Abpfiff erst gar nicht aufkommen, zu tief saß der Schock, nachdem man für quälend lange 17 Minuten auf die Fallluke zur Oberliga gestarrt hatte. Konkurrent Köln führte zu dem Zeitpunkt mit 3:1 gegen Wattenscheid. Und niemand an der Hafenstraße glaubte ernsthaft, dass im letzten Spiel gegen die U23 des BVB das sportliche Fiasko noch abgewendet werden könnte. Gegen übelst gelaunte Dortmunder, die zum selben Zeitpunkt viel lieber beim DFB-Pokalendspiel ihrer Ersten gegen die Bayern in Berlin wären. Nie und nimmer.

Doch dann geschah innerhalb von zwei Minuten etwas Unglaubliches; etwas, woran sich auch ältere Fans nicht mehr erinnern können: RWE hatte tatsächlich mal mehr Glück als Können und zog sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf. Erst wuchtete Frank Löning – der Mann für die wichtigen Tore – die Kugel nach maßgenauer Flanke von Leon Binder (nach etlichen Fehlversuchen) mit der schütteren Stirn unter die Latte zum Ausgleich, dann ließ Marcel Platzek von der Strafraumkante einen Schuss in einer Mischung aus wilder Wut und Verzweiflung vom Leder. 3:2 – Spiel gedreht in zwei Minuten, bitte, bitte abpfeifen!

Welling leer: Super-Gau verhindert

weitere Videos

    Es blieb beim Happy End, am Ende winkte die Mannschaft fast zaghaft ins Publikum, das ebenfalls fast zu erschöpft war, um noch irgendwelche Reaktionen nach dieser Saison der unendlichen Leiden zu zeigen. Torschütze Löning, der mit seinem 1:0 die Weichen eigentlich früh auf Sieg gestellt hatte, fand nachher die abschließenden Worte: „Das war heute nur ein kleiner Schritt, aber für den Verein war es enorm wichtig. An der Gestik jedes Einzelnen konnte man sehen, welcher Stein der Mannschaft vom Herzen gefallen ist.“ Für den 33jährigen war das alles keine neue Erfahrung: „Ich habe schon viele dieser Endspiele gemacht, immer mit einem positiven Ende.“ Und sein Blick ging gleich nach vorne: „Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass nach einer Saison, wo du alles durchgemacht hast, das nächste Jahr durchaus erfolgreich verlaufen kann.“ Allerdings stünden da noch Hausaufgaben an: „Jeder einzelne muss sich hinterfragen, was er in seinem Job besser machen kann.“ Nun, da müsste noch genügend Luft nach oben sein.

    Noch im Heute verankert blieb Benjamin Baier, der zugab, „dass es so viel jetzt nicht zu feiern gibt.“ Vielleicht aber ein bisschen am 28. Mai, nach dem Niederrheinpokal-Finale gegen den Wuppertaler SV. „Das ist unser nächstes Ziel, da können wir den Fans noch was Gutes tun.“ Es wäre ein kleiner Trost.

    Statistik: FC Kray - Rot-Weiss Essen 2:3 (1:1)

    Kray: Ograjensek, Zimmermann, Alic, Mengert, G. Tomasello (84. Elouriachi), Matk, Kehrmann, A. Tomasello, Müller (70. Grumann), Steuke, Dressler (75. Ilbay).

    Essener Erlösung!

    weitere Videos

      RWE: Heimann, Grund, Zeiger, Windmüller, Binder, Fritz, Rabihic (88. Weber), Baier, Studtrucker (62. Ivan), Löning, Platzek.

      Tore: 1:0 Löning (17.), 1:1 Müller (32.). 1:2 Dressler (62.), 2:2 Löning (78.), 3:2 Platzek (79.)

      Bes. Vorkommnisse: Rote Karte für Kehrmann (44., grobes Foulspiel).

      Zuschauer: 4007