Essen. . Kaiserslauterns Fußball-Legende Horst Eckel dachte im Stadion Essen an das Endspiel vor 60 Jahren zurück, in dem RWE Deutscher Meister wurde.
Stadion Essen, draußen auf dem Parkplatz. Ein Rentner dreht seine Runde und schimpft im schönsten Ruhrgebietsdeutsch. „Mannmannmann, wat is bloß aus unsern Verein geworden! Sechzig Jahre renn’ ich schon hierhin, und wennse so weitergurken, dann spielen hier bald nur noch die Frauen von Schönebeck!“ Der dunkelgraue Himmel passt zur Stimmung bei Rot-Weiss Essen. Regionalliga, ein Punkt vor den Abstiegsplätzen – so hatte sich das hier keiner vorgestellt vor Saisonbeginn.
Stadion Essen, unten im Spielertunnel. Vor dem Aufgang aus den Katakomben auf den Rasen hängt eine Bronzeplastik an der Wand, dargestellt ist das umwickelte Knie von Penny Islacker. Horst Eckel schaut sich das Knie genau an, dann verschränkt er die Arme und sagt: „Damit habe ich nichts zu tun! Ich war unschuldig, er ist irgendwie in mich reingelaufen.“
Er lacht dabei, denn er weiß genau, dass es anders war. Der Weltmeister von 1954, eine Legende des deutschen Fußballs, hat in diesen Tagen Termine im Ruhrgebiet, und beim Besuch des Stadions in Essen erinnert sich der 83-Jährige bestens an das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft von 1955. Sein 1. FC Kaiserslautern, der Klub der fünf Weltmeister, das Bayern München der 50er-Jahre, traf in Hannover auf Rot-Weiss Essen. Und in der 70. Minute traf Horst Eckel auf Penny Islacker. Anschließend humpelte der Essener verletzt vom Platz – und nach kurzer Behandlung wieder zurück, denn damals durfte noch nicht ausgewechselt werden. Die Sensation: Der lädierte Islacker traf zum 4:3, der Meister ‘55 hieß Rot-Weiss Essen. Weil das entscheidende Tor aus abseitsverdächtiger Position erzielt wurde, nannte Horst Eckel diese Niederlage „die schlimmste meiner Laufbahn“.
60 Jahre danach gibt er sich milder. Man dürfe dem Schiedsrichter nie allein die Schuld geben, „die Essener hatten damals auch eine richtig gute Mannschaft“, sagt er und fügt schelmisch grinsend hinzu: „Die müssen ja auch gut gewesen sein, sie haben ja schließlich Kaiserslautern geschlagen.“
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Dem FCK ist er immer treu geblieben. In der heutigen Zeit würde einer wie er, damals mit 22 der jüngste deutsche Weltmeister, mit Millionen-Angeboten aus dem Ausland überhäuft, Horst Eckel aber sagt dazu nur: „Ob es mir dann besser gegangen wäre, das ist eine andere Frage.“ Er hatte nach seiner Karriere noch nicht ausgesorgt, er wurde Realschullehrer, seine Familie betrieb ein Sporthotel. Aber er versichert, dass ihm ein dickes Bankkonto nie wichtiger gewesen sei als die Erfolge, die Freundschaften und die Werte von damals.
Stammgast auf dem Betzenberg
Treue ist einer dieser Werte, die sich prägend durch Horst Eckels Leben ziehen. Auch der Weltmeistertitel habe ihn nicht verändert, sagt er. „Ich bin immer derselbe geblieben. Das ist mir oft bestätigt worden, und darauf bin ich auch ein bisschen stolz.“ Mit seiner Frau Hannelore lebt er nach wie vor in Vogelbach in der Pfalz, auch auf seine beiden Töchter ist er stolz, und auf dem Betzenberg ist er bei den Heimspielen seines 1. FC Kaiserslautern Stammgast. „Momentan läuft es da leider nicht so gut“, sagt er. „Irgendetwas stimmt mit der Hintermannschaft nicht.“
Die Hoffnung darauf, dass der FCK wieder Bundesligist wird, gibt er nie auf – „das wünsche ich mir von Jahr zu Jahr“. Da runzelt Michael Welling kurz die Stirn. „In der Zweiten Liga mal gerade nicht um den Aufstieg zu spielen – die Sorgen würden wir gerne nehmen“, sagt Rot-Weiss Essens Vorsitzender, der Horst Eckel das neue Stadion gezeigt hat. Nun ja, neben dem bandagierten Knie von Penny Islacker steht auch eine Botschaft. „Niemals aufgeben!“