Essen. Der Absturz der Rot-Weissen ist ein Spiegelbild der Kölner Viktoria aus der Hinrunde. Das Mitleid der Konkurrenz hält sich naturgemäß in Grenzen.

Am kommenden Donnerstag geht es für Rot-Weiss Essen mal wieder nach Duisburg. Der Regionalligist war bekanntlich gegen den Punktabzug aus dem Lotte-Spiel im Fall Soukou in die Berufung gegangen. Damals glaubte man noch, dass jeder Punkt im Aufstiegskampf zähle.

Nun, so gesehen könnte man sich die Rechtsmittelgebühren eigentlich sparen, auf den einen oder anderen Zähler in der Endabrechnung kommt es nun wirklich nicht mehr an. Oder wie es ein Fan in einem Forum ausdrückte: „Mal wieder emotionsloser Bierstand-Fußball bis Saisonende.“

Die Zwischenbilanz

Das neue sportliche Führungsduo ist seit nunmehr einem Jahr im Amt, versprochen wurden professionellere Strukturen, verbunden mit der Hoffnung auf größere sportliche Erfolge. Momentan sieht es in der Entwicklung aber eher nach Stillstand aus. Ja, mehr noch: Schon in der vorletzten Saison hatte Rot-Weiss nach dem 24. Spieltag als Tabellenfünfter bereits 45 Punkte auf der Habenseite. Und damals stand nicht eine Best-of-Regionalligatruppe auf dem Platz, die bewährten Stammkräfte lauteten noch: Telch, Guirino, Grummel, oder Ellmann. Alles Low Budget. Klingt wie lang, lang ist’s her. Und heute?

Klangvolle Namen, andere Preisschilder, aber egal wer aufläuft, die Mannschaft hat einen Liefer-Engpass. Hatte man zur Winterpause mit Erstaunen auf den rasanten Fall von Viktoria Köln geschaut, die wenigstens noch eine Verletzungsmisere als Entschuldigung anführen konnten, so muss man heute, wenige Wochen nach Rückrundenstart, nur in den Spiegel schauen. Ein Wahnsinn.

Die Reaktionen

Dass dabei die zahlenden Fans, die wie immer zahlreich mit großen Erwartungen angelockt wurden, wieder einmal die Geduld verlieren, ist nachvollziehbar. Und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich die Konkurrenz darüber ins Fäustchen lacht, jedenfalls äußerte sich Gladbachs Trainer Sven Demandt frank und frei über die Zustände bei seinem Ex-Klub: „Ich kenne Essen ja sehr gut, man hat in diesem Jahr im Vergleich zum letzten brutal viel investiert, und wenn man zur Winterpause Erster ist und noch drei Leute holt, dann ist doch klar, dass die Erwartungshaltung der Leute brutal steigt – und dem muss man sich stellen. Das weiß mein Kollege aber auch.“

Der Gladbacher Coach zeigt dabei nicht gerade großes Mitgefühl, sondern ist der Meinung: „Auf der anderen Seite hat man genügend Spiele Zeit, Dinge zu regeln. Wenn man 24 Spiele gemacht hat, dann gibt’s Fakten, die gelten für alle!“

Die Aussichten

Trainer Marc Fascher befolgt auch in dieser heiklen Lage nach zwei Dritteln der Saison den abgewandelten Leitsatz des Titanen Oliver Kahn: „Jetzt müssen wir uns schütteln, es geht immer weiter.“ Ob auch für ihn an seiner aktuellen Arbeitsstelle, das werden die nächsten Wochen zeigen. Zwar erklärte Sportvorstand Uwe Harttgen, dass man sich wie gehabt nicht zu Vertragsinhalten äußern wolle, aber aus immer gut infomierter Quelle ist durchgesickert, dass sich der zum Saisonende auslaufende Trainervertrag automatisch um eine weitere Saison verlängert, wenn RWE mindestens Rang fünf erreicht.

Nur damit es keiner vergisst: In der vorigen Saison war als Zielkorridor eine Platzierung unter den ersten Drei ausgegeben worden. Mag sich jeder selbst sein Urteil bilden, welche Zielvorstellung bei Berücksichtigung der personellen Möglichkeiten realistischer ist. Im übrigen: Rang fünf sagt für sich genommen nichts darüber aus, ob man mit einem oder zwei oder zwölf Punkten Rückstand auf den Meister der Musik hinterherläuft.

Die Fans haben nur noch zwei oder drei Saisonhöhepunkte: Das kommende Heimspiel gegen den ewigen Rivalen aus der Nachbarschaft und das Pokal-Halbfinale gegen Kray, danach womöglich das Finale. Ansonsten: Man sieht sich am Bierstand.