Oberhausen. Am Sonntag treffen im Spitzenspiel der Regionalliga Nord die Revier-Rivalen Rot-Weiß Oberhausen und Rot-Weiss Essen aufeinander. DerWesten sprach mit RWO-Präsident Hajo Sommers, der sonst auf der kulturellen Bühne gerne blank zieht.
Hajo Sommers sitzt im Oberhausener Cafe Giu. Direkt neben seinem Kleinkunsttempel Ebertbad, wo sonst Heerscharen von Kabarettisten auf der Bühne stehen: Sommer dreht sich die erste Zigarette…
DerWesten: Am Sonntag spielt ab 14 Uhr der Revier-Nachbar Rot-Weiss Essen im Stadion Niederrhein. RWO gegen RWE, das ist wie Schalke gegen Dortmund…
Sommers: Klar, das kleine Oberhausen gegen das große Essen. Arm gegen Reich, da kann man emotional sicherlich eine Menge nennen. Aber letztlich ist das Spiel nicht nur sportlich spannend, es wird auch organisatorisch eine Herausforderung.
Mit wie vielen Fans rechnen Sie denn?
Ich denke, dass 12.000 Fans kommen werden. Alle Sitzplätze sind bereits ausverkauft. Aber mal ehrlich. Eigentlich ist unser Stadion für solch eine Zuschauerzahl nicht ausgelegt. Obwohl ja nach offiziellen Angaben mehr als 21.000 Zuschauer hineinpassen würden.
Im Klartext heißt das: Oberhausen benötigt ein neues Stadion?
Ich sag es mal so: Hätten wir ein Stadion wie etwa in Duisburg, dann wären gegen Essen 18.000 bis 20.000 Zuschauer dabei.
Sommers Handy klingelt. Gesprächsfetzen klingen durch - von „durchsichtig“ und „abladen“ ist die Rede…
Sorry! Unsere Trainerbänke sind da!
Aha, passend zum Derby gibt es eine neue Ausstattung?
Na ja, die sind nur gemietet. Wir haben uns die Bänke bei der Sportschule Wedau ausgeliehen. Deren Trainerbänke sind durchsichtig. Unsere nicht. Das Problem ist, wenn du auf der Haupttribüne in den ersten Reihen sitzt, fehlt dir sonst ein Stück des Spielfelds. Nach dem Spiel gehen die wieder zurück nach Duisburg. Für neue Bänke fehlt einfach die Kohle.
Darum muss man sich also kümmern, wenn man Präsident ist. Wissen Sie noch, wann Sie so zum ersten Mal genannt wurden?
Ich bin jetzt ein Jahr im Amt. Und es war damals der Aufsichtsrat, der mich gefragt hat. Vorher hatte ich ja schon im Vorstand mitgearbeitet. Ich habe mir dann gedacht, so viel mehr Arbeit kann das ja nicht sein. Und da irrte der Mensch. Das habe ich schon früh festgestellt.
Die Bestellung steht auf dem Tisch. Sommers legt den Glimmstängel beiseite. Schlürft an seinem Latte Macchiato...
Trotzdem mögen Sie die Bezeichnung "Präsident" nicht sonderlich.
Aber "Vorstandsvorsitzender" hört sich genau so grausam an. Das Personal im Ebertbad nennt mich "El Presidente". Das ist gut. Und unser Trainer Hans-Günter Bruns sagt immer "Chef des Clans".
Sie kommen aus dem kulturellen Leben, standen in dem Stück „Ganz oder gar nicht“ erfolgreich als Stripper auf der Bühne. Gibt es da Parallelen zum Sport, weil man dort auch die Hosen runter lassen muss?
(lacht) Das ist sehr gut! Beim Fußball gibt es so manchen Seelen-Striptease. Und einem nackten Mann kann man nicht in die Tasche greifen. Der Fußballplatz ist schon wie eine Bühne. Und ein Vorsitzender ist manchmal auch wie ein Theater-Intendant.
Sie sind also der einizige strippende Präsident, El Presidente, Chef des Clans im deutschen Fußball?
(lacht) So schaut es wohl aus.
Wie waren die Reaktionen aus Ihrem Umfeld, als es hieß: Hajo Sommers macht jetzt auf Fußball?
Die Reaktionen waren total unterschiedlich. Viele Leute aus dem Kulturbereich haben gesagt: "Du hast doch total einen an der Klatsche. Du hast doch keine Ahnung vom Fußball" – was ich übrigens auch nie behauptet habe. Aber dafür haben wir auch gute Leute in unserem Team, mit Jürgen Luginger einen erfahrenen sportlichen Leiter. Auf der anderen Seite: Warum gibt es Teppichhändler, die über Jahrhunderte Präsident eines Vereins bleiben. Was haben die mit Fußball zu tun? Warum kann dann nicht auch jemand aus der Kultur kommen?
Zigarette Nummer fünf wandert an den Mundwinkel. Das Handy klingelt. Sommers wiegelt ab: „Bin noch im Interview…“
Sie sehen die Spiele immer noch im Fanblock und nicht auf der Haupttribüne.
Ja, ich gehe regelmäßig mit Freunden ins Stadion. Und das gehört ja auch zum Ritual, dass man in einem Stadion Leute beobachten kann. Dort, wo man sich gemeinsam freut und einfach Fußball leben kann. Auf der anderen Seite ist es auch wichtig, sich auf der Haupttribüne zu zeigen. Hände zu schütteln. Ich mache das meistens vor dem Anpfiff. Ohne Sponsoren, das ist eine Tatsache, gäbe es keinen Fußball auf diesem Niveau.
Schaut Hajo Sommers das Spiel als Fan oder als Offizieller?
Als normaler Zuschauer geht das gar nicht mehr. Weil du während des Spiels immer schaust und überlegst. Klappt alles? Fehlt was? Was ist mit der Musikeinspielung? Wo steht die Security? Oh, Mann. Ich habe mit Kollegen aus dem Vorstand und Aufsichtsrat gesprochen. Da sind wir uns einig. Wenn wir nur ein Spiel sehen wollen, dann müssen wir uns ein Ticket für einen anderen Verein kaufen.
Fußball ist im Hause Sommers eingezogen. Was sagt denn ihre Partnerin Gerburg Jahnke dazu?
Frau Jahnke sagt immer am Frühstückstisch: "Herr Sommers möchte mich mit Informationen füttern, die mir am Arsch vorbei gehen." Aber wir sprechen schon darüber. (lacht)
Oberhausen hat als Aufsteiger in dieser Saison für Furore gesorgt.
Ich denke, es hat sich was getan. Das Malocherimage nimmt man uns ab. Da wir keine Millionen im Rücken haben. Wir vertrauen auf junge Spieler aus der Region.
Das Handy schellt erneut. Sommers schaut auf den verregneten Ebertplatz. „Wehe, das Wetter ist am Sonntag so…“
Tippen Sie die Spiele?
Ja, regelmäßig bei einer Bundesliga-Tippgemeinschaft. Ich bin darin aber nicht sonderlich gut, weil ich immer Sympathietore verteile – an Mannschaften, die ich mag.
Wie endet am Sonntag das Derby?
Ein 1:1 wäre okay.
War das jetzt mit oder ohne Sympathietor?
Ohne! Ich hoffe natürlich, dass wir 3:1 gewinnen. Das einzige, was auf keinen Fall passieren darf: Wir dürfen nicht in die zweite Liga aufsteigen.
Wie bitte?
Ich habe vor der Saison mit unserem Stürmer Julian Lüttmann gewettet. Wenn wir aufsteigen, muss ich am letzten Spieltag als Flitzer nackt über den Platz laufen. Ich wäre dann wahrscheinlich der erste Fußball-Präsident, der in seinem eigenen Stadion vom Sicherheitsdienst abgeführt wird.
Sie stehen einen Punkt hinter dem Tabellenführer. Und was sagt Herr Lüttmann jetzt?
Wir arbeiten daran.
Ein letzter Schmunzler und für Hajo Sommers geht es zurück ins Ebertbad. Stress? „Nee, heute ausnahmsweise mal nicht…“
Das Gespräch führte Dirk Hein