Duisburg. Vom Bankdrücker zum Kapitän: Marvin Knoll erlebt beim MSV Duisburg einen außergewöhnlichen Saisonverlauf. Er glaubt fest an die Rettung.

Wenn alles nach Plan gelaufen wäre, hätte dieses Gespräch mit Marvin Knoll nicht stattgefunden. Der Fußball-Drittligist MSV Duisburg wäre Tabellenzehnter oder sogar Neunter. Sebastian Mai würde die Abwehr führen. Der Defensivspezialist würde das nächste Spiel, das bei Arminia Bielefeld, von der Ersatzbank aus verfolgen. Wie all die anderen Spiele zuvor auch. Was soll man da reden?

Aber es ist nicht so gekommen wie geplant. Der MSV steht auf einem Abstiegsrang. Kapitän Mai riss sich das Kreuzband. Jetzt sitzt Knoll nicht mehr. Er steht, und zwar im Mittelpunkt. Als Chef der Abwehr, als Kapitän, als Führungsspieler, als Mann, der „seine Knochen hinhält“, wie er sagt. Und als Mann, der die Hoffnung nährt, dass es was wird am Ostersonntag auf der Alm. Knoll: „Das wird ein witziges Spiel.“

Wenn wir das packen, davon kannst du dein ganzes Leben erzählen. Dann ist das eine großartige Geschichte.
Marvin Knoll - Kapitän des MSV Duisburg

Der 33-Jährige lebt vor, was das Team und den Verein derzeit trägt: Zuversicht, Selbstvertrauen und Aufbruchstimmung. Er sagt es so: „Wir wissen, wie schwer die Situation ist. Aber da gibt es auch eine Chance. Wenn wir das packen, davon kannst du dein ganzes Leben erzählen. Dann ist das eine großartige Geschichte.“

Und eine der Hauptfiguren dieser „großartigen Geschichte“ trägt den Namen Marvin Knoll. Die Handlung beschreibt sich nicht gerade „vom Tellerwäscher zum Millionär“, aber eben „vom Bankdrücker zum Kapitän“. Er kann sie sich in einem Lehrbuch vorstellen: „Daran sieht man für jeden Spieler, dem es sportlich gerade nicht so gut geht, dass es sich auch mal schnell ändern kann.“

In guten und in schlechten Zeiten: Marvin Knoll mit Torhüter Vincent Müller nach der Niederlage in Unterhaching.
In guten und in schlechten Zeiten: Marvin Knoll mit Torhüter Vincent Müller nach der Niederlage in Unterhaching. © firo Sportphoto | Marcel Engelbrecht

Knoll erinnert an den Anfang der Saison. Der damalige Trainer Torsten Ziegner setzte auf Sebastian Mai als Abwehrchef. „Ich war nicht gerade oben auf der Liste der Spieler zu finden, die gerade gebraucht werden.“ Da zahlte es sich aus, dass Knoll „trotzdem im Training weiter Gas gegeben“ hat. Am sechsten Spieltag änderte sich das Bild. Ziegner schickte Mai in den Sturm und der Bankdrücker stand plötzlich in der Startelf.

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Spätestens seit dem 13. Spieltag – jetzt mit Boris Schommers als Trainer – ist Knoll Stammspieler. Seit dem 22. Spieltag führt er als Kapitän die Mannschaft aufs Feld. Schnoddrig sagt er: „Im Grunde genommen habe ich nur ein Stück Fetzen am Arm.“ Aber das ist nur so daher gesagt, denn gleich danach beschreibt die Führungskraft die Aufgabe sehr ernst: „Man trägt Verantwortung und es beflügelt mich auch. Ich bin gerade sehr glücklich, dass ich zeigen kann, wofür ich stehe. Ich kann endlich in die Rolle hineinwachsen, für die ich eigentlich geholt wurde.“

Warum nicht in Bielefeld gewinnen?

Knoll macht die Ansagen im Mannschaftskreis vor dem Spiel: „Ich versuche noch mal zu motivieren und ich denke, das bekomme ich in letzter Zeit auch ganz gut hin.“ Wie ernst er das mit dem „Fetzen“ nimmt, lässt sich an folgendem Satz ablesen. Die Ansagen, seien „mal spontan, mal gibt es eine Woche, in der du bestimmte Sachen erkennst und der Mannschaft noch mal was mitgibst.“ Wenn ein Spieler einen Push braucht, wenn es gilt, an eingeübte Abläufe zu erinnern oder den Glauben zu stärken.

In Sachen Überzeugung geht Knoll ebenfalls voran: „Ich glaube fest, dass es für den Klassenerhalt noch reicht. Wenn man die Rückserie sieht, dann muss man sagen, dass wir sehr stabil geworden sind.“ Ganz aktuell übersetzt sich diese Überzeugung mit Blick auf den richtungsweisenden Kellerkick am Ostersonntag bei Arminia Bielefeld: „Wir sind gut drauf, und wir wollen auf jeden Fall was mitnehmen. Am besten drei Punkte. In Bielefeld gewinnen – warum nicht? Da ist der nächste Stepp, den wir gehen wollen.“

Der Mann gibt den Ton an: Vor Saisonbeginn, hier beim Testspiel in Duissern, war Marvin Knoll allerdings weit von einem Stammplatz entfernt.
Der Mann gibt den Ton an: Vor Saisonbeginn, hier beim Testspiel in Duissern, war Marvin Knoll allerdings weit von einem Stammplatz entfernt. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Und was ist mit dem Druck, auf keinen Fall verlieren zu dürfen? Knoll: „Das denken wir in jedem Spiel: Du darfst auf keinen Fall verlieren. Du musst punkten. Da muss ich den Verein und die Mannschaft loben, wie sie damit umgehen. Davor ziehe ich den Hut.“ Den Grund für die Zuversicht weiß Knoll ebenfalls zu benennen: „Das Team hat gemerkt, wie gut es eigentlich sein kann. Wir sind inzwischen zusammengewachsen.“

Knoll lobt die Fans des MSV Duisburg

Dazu gehört der Zusammenhalt mit den Fans: „Unsere Heimspiele sind ein Genuss für jeden Fußballspieler. Dafür wollte man Profi werden. Die Fans holen die letzten Prozente raus, treiben voran, feiern jede Grätsche oder jeden Abschluss. Das macht schon was aus.“

Da ist es eine gute Nachricht, dass über 3000 MSV-Fans auf die Alm klettern: „Es wird ein geiles Spiel. Dass so viele Zuschauer mitkommen, das wissen wir sehr, sehr zu schätzen“, freut sich der Abwehrchef. Marvin Knoll ist dann mittendrin und nicht nur dabei. Weil viel anders gekommen ist als geplant, aber für den Routinier in gewisser Weise genau richtig.