Duisburg. MSV-Präsident Ingo Wald redet Klartext: über die die Folgen eines Abstiegs, die desolate Saison, einen Trainerwechsel und Lizenzsorgen.
Aufgeben ist für Ingo Wald keine Option. Der Präsident des Fußball-Drittligisten MSV Duisburg möchte sich öffentlich nur ungern über ein Regionalliga-Szenario äußern. Der Kampf um den Klassenerhalt genießt für den Vereinsboss weiterhin höchste Priorität. Im Interview mit Dirk Retzlaff und Hermann Kewitz gibt der 66-Jährige dennoch Einblicke in die Perspektiven im Falle des Absturzes in die Viertklassigkeit.
Herr Wald, wie beurteilen Sie die aktuelle sportliche Situation nach dem Re-Start?
Wir sind enttäuscht. Wir haben uns alle einen besseren Start gewünscht. Es war aber nicht alles schlecht. Die Problematik ist, dass wir in vielen Spielen auf Augenhöhe sind, ohne uns mit Punkten zu belohnen. Es fehlt oft das Spielglück. Von der Leistungsfähigkeit der Mannschaft her müssen wir uns vor kaum einem Gegner in der 3. Liga verstecken. Wir benötigen eine kleine Serie, um wieder Selbstvertrauen zu tanken.
MSV Duisburg: „Wir handeln nicht fahrlässig“
Wie sehen Sie die Chancen, bei acht Punkten Rückstand die Wende noch zu schaffen?
Wir sind weit davon entfernt, die Saison abzuschreiben. Wir sind weiterhin fest davon überzeugt, dass wir es noch schaffen können. Unser Fokus liegt ganz klar darauf, dass wir die Klasse halten. Dem werden wir auch alles unterordnen.
Wieviel Hoffnung besteht denn noch? In ähnlichen Situationen hat es in der Vergangenheit kaum ein Verein geschafft.
So lange es noch rechnerisch möglich ist, sollten wir alles diesem Ziel unterwerfen. Wir dürfen uns durch andere mögliche Szenarien von diesem Ziel nicht ablenken lassen. Unser Ansatz muss sein, dass sich alle Verantwortlichen auf den Klassenerhalt fokussieren.
Ist das nicht fahrlässig?
Nein, wir handeln nicht fahrlässig. Wir führen selbstverständlich eine mögliche Alternativplanung durch, keine Frage.
Wie sieht die Planung aus? Wird es den MSV im Falle eines Abstieges in der Regionalliga geben?
Ja.
Wo würde der MSV dann spielen?
Wir haben auch schon für die aktuelle Saison einen Mietvertrag für die 3. und 4. Liga. Ich hoffe und gehe davon aus, dass erneut ein Vertrag für die 3. und 4. Liga mit den Verantwortlichen der Stadiongesellschaft abgeschlossen werden kann. Wir werden die Lizenzunterlagen für beide Ligen einreichen. In der Regionalliga geht es um ein ganz anderes Szenario. Die Wirtschaftlichkeit des Vereins wird nicht geprüft. Hier geht es vor allem um Regularien, die organisatorischer Natur sind. Das ist aber nicht aktuell unser Hauptfokus. Wir wollen um jeden Millimeter kämpfen, um die Klasse zu halten.
Wäre im Fall des Abstieges der sofortige Wiederaufstieg das Saisonziel?
Noch einmal, ich halte es für verkehrt, über die Regionalliga zu sprechen. Trotzdem, um die Frage zu beantworten: Klar, der Anspruch müsste sein, sofort in die 3. Liga zurückzukehren.
Befinden Sie sich mit den Sponsoren für dieses Szenario im Gespräch?
Wir sprechen mit den Sponsoren und haben auch von vielen bereits die Zusage, in der 4. Liga dabei zu bleiben. Wir sind selbstverständlich auch bemüht, neue Sponsoren zu gewinnen.
Preetz-Vertrag beim MSV Duisburg läuft auch im Abstiegsfall weiter
Welche Rolle spielt dabei Ihr neuer Geschäftsführer Michael Preetz?
Michael Preetz ist involviert und hat die ersten Kontakte mit Sponsoren aufgenommen. Er ist aber derzeit auch sportlich gefordert und viel an der Westender Straße präsent.
Würde Michael Preetz mit in die Regionalliga gehen?
Wir haben eine Zusammenarbeit über den 30. Juni 2024 hinaus vereinbart.
Wäre das Thema Insolvenz wieder auf der Tagesordnung?
Ich würde das jetzt erst einmal ausschließen, weil wir mit der Lösung mit Schauinsland-Reisen wieder etwas Luft bekommen haben. Die Frage einer Insolvenz könnte sich durch eine unzureichende Liquidität stellen, aber nicht durch eine Überschuldung. Die Eigenkapital-Situation hat sich durch die Einigung mit Schauinsland-Reisen, für die wir sehr dankbar sind, deutlich verbessert. Das hat aber keinen Einfluss auf die Liquidität. Was jetzt schon klar ist: Wir werden eine Liquiditätslücke schließen müssen – auch beim Drittliga-Szenario.
Wäre ein Abstieg in die Regionalliga für den Vorstand ein Anlass, zurückzutreten?
Bevor man zurücktritt, muss jemand, der folgt, da sein. Ich würde es als unverantwortlich ansehen, dass der Vorstand zurücktritt, ohne eine Reglung zu finden, wie es weitergeht. Rücktrittsforderungen sind nachvollziehbar, aber dann wäre es wünschenswert, wenn sich auch Kandidaten zur Verfügung stellen. Alle, die jetzt eine Veränderung wollen, sollten prüfen, ob sie die Verantwortung übernehmen wollen. Ich glaube nicht, dass der jetzige Vorstand an seinem Stuhl klebt. Das alles ist nicht vergnügungssteuerpflichtig. Es wäre aber fatal zurückzutreten, wenn es niemanden gibt, der nachrücken will. Die Verantwortung liegt aus meiner Sicht bei den Mitgliedern, die mit 400 Stimmen eine Neuwahl herbeiführen können. Wenn sie das wollen, sollte das bei insgesamt über 8000 Mitgliedern möglich sein.
Was ist mit Ihrem Stakeholder, der Stadt Duisburg? Sucht die nach einem neuen Vorstand?
Das wäre legitim.
Passiert das? Befinden Sie sich mit der Stadt im Austausch mit diesen Dingen?
Ich bin mit der Stadt punktuell im Austausch. Und sicher wird die Stadt auch ihre Vorstellungen haben. Aber das ist ein Thema der Stadt und nicht von mir.
Trainerwechsel beim MSV Duisburg für Wald keine Option
Zurück zum Ziel, den Klassenerhalt noch zu schaffen. Welche Hebel sind da noch zu ziehen? Konkrete Maßnahmen in der Mannschaft? Ein erneuter Trainerwechsel?
Da bin ich der falsche Ansprechpartner. Diese Frage müsste man den sportlich Verantwortlichen stellen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand von uns Gedanken an einen Trainerwechsel verschwendet. Das wird aktuell nicht diskutiert und wäre für mich keine Option.
Würden Sie mit Trainer Boris Schommers auch in die Regionalliga gehen?
Das sollte zum späteren Zeitpunkt diskutiert werden. Das wird dann der Geschäftsführer federführend übernehmen und dem Vorstand Ideen und Vorschläge unterbreiten.