Duisburg. Boris Schommers, Trainer des Fußball-Drittligisten MSV Duisburg, äußert sich zur Situation im Abstiegskampf und seiner eigenen Perspektive.

Schriller die Glocken nie klingeln: fünf Spiele, kein Sieg, nur zwei Tore (ein Selbsttor, ein Elfmeter) und sechs Punkte Abstand zum rettenden Ufer. Boris Schommers, der Trainer des Fußball-Drittligisten MSV Duisburg, beschreibt im Interview mit dieser Zeitung, dass es dennoch einen Weg aus der Krise gibt.

Herr Schommers, Sie haben seit fünf Spielen die Verantwortung für das Team und nur einen Punkt geholt. Warum bekommen Sie den Turnaround nicht hin?

Weil wir die Tore nicht machen. Wenn Hamza (Anhari a.d.R.) den in der 88. reinschießt, dann stellen die Fans die Frage nicht, nach einem 2:2 gegen Ingolstadt. Aber Hamza schießt ihn nicht rein. Genauso wenig, wie Benny (Girth – beim 1:2 gegen Rot-Weiss Essen a.d.R.) ihn in 92. reingeschossen hat. Fakt ist, wir haben uns Tore rausgespielt und sie aus den bestmöglichen Situationen nicht verwandelt.

MSV-Trainer Schommers: „Wir suchen noch den, der das Selbstvertrauen hat“

Liegt es an der mangelnden Qualität der Stürmer?

Aktuell liegt es eher an mangelndem Selbstvertrauen oder mangelndem Selbstverständnis. Reiten wir nicht auf einer Situation herum. Aber, eine Chance wie die von Hamza, den aus sieben Metern nicht reinzutun, das hat nichts mit mangelnder Qualität zu tun. Es liegt daran, dass wir noch den suchen, der das Selbstverständnis und das Selbstvertrauen hat, der die Drucksituation ausblenden kann und den Ball über die Linie drückt. Egal wie.

Drei Trainer haben den Mann in 14 Spielen nicht gefunden. Kann es sein, dass es ihn gar nicht im Kader gibt?

Wir werden in den nächsten sechs Spielen weiter nach ihm suchen und im Winter darauf reagieren. Jetzt kommen ja, Gott sei Dank, Spieler zurück. Die Aufstellung am Samstag wird wahrscheinlich anders sein als vor zehn Tagen.

Sehen Sie denn Fortschritte?

Nimmt man die ganzen Fakten aus dem Spiel gegen Ingolstadt dazu, dann war das kein schlechtes Spiel von uns. Wir hatten mehr Ballbesitz. Wir hatten ein Eckenverhältnis von 7:1. Wir hatten mehr sogenannten ‘expected goals‘: 1,83:1,14. Mehr Laufstrecke, mehr Sprints. Wir hätten das Spiel nach Fakten gewinnen müssen. Haben wir aber nicht.

Das ist das, was Torsten Ziegner auch immer gesagt hat: Die Messwerte stimmen, nicht aber das Ergebnis…

Das hilft mir ja nicht. Wir haben acht Punkte und wir sind sechs Punkte hinterm Strich. Wir wollten bis zum Winter an den Strich ran. Mir wäre auch lieber, wir wären in jeder Statistik schlechter und hätten 3:1 gewonnen. Aber, der Weg, den wir gehen, die Schritte, die wir im Training machen, fruchten aus meiner Sicht bereits. Uns fehlt der Dosenöffner, dass wir mal 1:0 in Führung gehen.

„Diese Mannschaft ist vom Gefüge her in Takt“

Bei Ihrer ersten Analyse nach dem 0:1 in Uerdingen im Pokal haben Sie gesagt: Es fehlte an Selbstbewusstsein, an Zusammenhalt - und nicht alle haben voll mitgezogen. Ist da Fortschritt zu sehen?

Ja. Vom Selbstbewusstsein her. Im letzten Spiel hat man deutlich gesehen, wie wir gegen einen guten Gegner mit Selbstbewusstsein Fußball gespielt haben. Zum Zusammenhalt: Diese Mannschaft ist vom Gefüge her in Takt. Dass nicht alle mitziehen? Da muss ich aufpassen. Es gibt Differenzen, die man wahrnimmt. Wenn ich merke, dass einer nicht 100 Prozent gibt, dann wird er am Samstag nicht spielen.

Sie haben damals ebenfalls Verbesserungspotential bei Standardsituationen angemahnt. Da zeigt selbst die Statistik keine Verbesserung.

Da gibt es nichts schönzureden. Wir verbringen sehr viel Zeit, Standards zu trainieren. Diese Gegentore ärgern mich immens. Zum Beispiel das Gegentor von Essen, das 2:1. Wenn das noch mal passiert, hören Sie mich, egal, wo Sie auch immer wohnen. Es war brutal. In der Offensive geht es nur um Durchschlagskraft und Überzeugung.

Wer glauben Sie, schießt das erste Tor?

Tommy Pledl.

firo : 11.11.2023
Fussball , Fußball , Herren
3.Liga Bundesliga  Dritte Liga
MSV Duisburg - Ingolstadt

Boris Schommers (rechts) glaubt, dass Thomas  Pledl für den MSV treffen wird.
 
(
firo : 11.11.2023 Fussball , Fußball , Herren 3.Liga Bundesliga Dritte Liga MSV Duisburg - Ingolstadt Boris Schommers (rechts) glaubt, dass Thomas Pledl für den MSV treffen wird. ( © firo Sportphoto | Jürgen Fromme

Ingo Wald hat nach dem 1:2 gegen Ingolstadt gesagt, dass man längerfristig mit Ihnen einen Neuaufbau angehe. Spöttisch gefragt: Passiert der in der Regionalliga?

Nein, wir werden beide nicht in der Regionalliga arbeiten. Das klare Ziel, das wir erreichen wollen und werden, ist der Klassenerhalt. Ich bin überzeugt, den Turnaround schaffen.

Sie sprechen oft von einem Weg. Wie sieht der aus?

Bis zum Winter müssen wir möglichst nahe an den Strich herankommen. Dann werden wir diesen Kader nach den finanziellen Möglichkeiten und den sportlichen Vorstellungen der Entscheidungsträger verändern. Dann werden wir eine gute Rückrunde spielen und über den Strich kommen. Wir haben gemeinsam ein Ziel, wo wir mittelfristig hinwollen, was wir mittelfristig aufbauen wollen. Wir müssen aber jetzt nur bis zum Sommer nächsten Jahres schauen.

Stört die Diskussion um einen möglichen neuen Sportdirektor, der Chris Schmoldt ablöst?

Nein. Es spielt keine Rolle. Ich habe im sportlichen Bereich mit Chris und Baja (Branimir Bajic a.d.R). sowie dem Präsidenten und Ulf Schott meine Ansprechpartner, zu denen ich ein vertrauensvolles Arbeitsverhältnis Verhältnis habe. Wenn sich der Verein entscheidet, jemanden dazu zu nehmen, dann ist das sein gutes Recht. Ich habe aber gerade genug Ansprechpartner.

Kommt noch ein Spieler vor der Winterpause?

Ich glaube es eher nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass vor dem Winter jemand kommt, ist gering.

Haben Sie eine konkrete Wunschliste für die Nachverpflichtungen?

Wir haben die Themen, was und wie wir verpflichten wollen. Wir haben noch nicht den Namen. Der Spieler muss zu unserer Situation passen. Er muss in das Konstrukt und in die Mannschaft passen und er muss uns kurzfristig weiterhelfen. Da habe ich vollstes Vertrauen in Chris Schmoldt, dass er den einen oder anderen Spieler findet.

Aber es gibt nicht den einen Wunschspieler?

Wir machen unsere Hausaufgaben. Ich habe klare Vorstellungen, was wir brauchen, um über den Strich zu kommen. Das hat nicht nur mit der Offensive zu tun. Ich glaube, dass wir im Winter den einen oder anderen Spieler gewinnen können, der uns tatsächlich weiterhilft.

Wenn Sie die nächsten beiden Spiele nicht gewinnen, ist dann die Messe gelesen?

Nein!

Wenn Sie die beiden nächsten Spiele verlieren, ist dann die Messe gelesen?

Sie müssen sagen: Wenn Sie die nächsten beiden Spiele gewinnen, dann sind sie dran, dann sind sie enger dran. Was ich sagen kann: Wir sollten schon in den nächsten Spielen nicht auf Unentschieden spielen. Das alles Entscheidende ist: Wir brauchen Punkte.