Almancil. . Kevin Wolze legt mit der Kapitänsbinde beim MSV Duisburg auch eine schwere Last ab. Überraschung bei der Wahl des neuen Spielerrats.

Auch am heiligen Sonntag gingen die Umbauarbeiten in Almancil weiter. Arbeiter erneuerten auf der fünften Etage des Ria-Park-Hotels, auf der die Trainer und Offiziellen des MSV Duisburg untergebracht sind, die Tür des Notausgangs. Auch der Fußball-Zweitligist ist in großer Not – um dieser zu entkommen, sind seit dem Beginn der Wintervorbereitung viele Steine nicht mehr dort, wo sie vor kurzem noch waren. Nun ist eine weitere Baustelle geschlossen. Die Zebras haben einen neuen Mannschaftskapitän: Gerrit Nauber ist Nachfolger von Kevin Wolze, der sein Amt nach offizieller Lesart zur Verfügung stellte.

Die Rolle des Ex-Kapitäns

Beim MSV Duisburg steht seit Weihnachten alles auf dem Prüfstand, die sportliche Leitung demonstriert seitdem Entschlossenheit. Drei neue Spieler kamen, drei Kicker stehen auf der klassischen Streichliste – und nun der Kapitänswechsel. Der Wechsel von Kevin Wolze zu Gerrit Nauber ist konsequent und richtig.

Die Mannschaft krankte in den letzten Monaten an einer fehlenden Hierarchie. Kevin Wolze war mit dem Auftrag, die Mannschaft als Kapitän zu führen, überfordert. Einher gingen deutlich schlechtere Leistungen als in der Vorsaison.

Es wäre allerdings verkehrt, die Krise des MSV allein an Kevin Wolze festzumachen. Auch die übrigen Leistungsträger aus der vergangenen Saison waren zuletzt nur noch ein Schatten ihrer selbst. Trainer Torsten Lieberknecht brachte am Samstag einen interessanten Aspekt zur Sprache. Branimir Bajic habe, obwohl er kaum noch gespielt habe, innerhalb der Duisburger Mannschaft eine wichtige Rolle gespielt. Und dies nahm Lieberknecht als Außenstehender – als Trainer von Eintracht Braunschweig – wahr.

Nun ist Bajic wieder da. In neuer Rolle als Mitglied des Trainerteams geht der 39-Jährige in Almancil seiner Rolle vermeintlich unscheinbar nach. Aber vielleicht gibt Bajic der Mannschaft durch seine Rückkehr wieder das, was ihr im letzten halben Jahr gefehlt hat. (Dirk Retzlaff)

Kevin Wolze ist nicht der erste MSV-Kapitän, der die Heimreise aus dem Wintertrainingslager ohne Binde antritt. Vor zwölf Jahren inszenierte der damalige Vereinschef Walter Hellmich gut 20 Kilometer vom aktuellen MSV-Quartier entfernt einen Kapitänssturz, der ein Beben auslöste. Georg Koch verlor damals sein Amt, es folgten turbulente Wochen, der MSV stieg am Ende aber trotzdem in die Bundesliga auf. Trainer Milan Sasic wechselte den Kapitän im Januar 2010 im türkischen Belek in aller Stille. Er ließ die Nachricht, dass Tom Starke Björn Schlicke ablöste, ans Ende einer Pressemitteilung mit weitgehend unwichtigen Informationen setzen.

Am vergangenen Samstag bemühte sich der MSV nun um Harmonie. Trainer Torsten Lieberknecht kam mit Nauber und Wolze zum Pressetermin die Hotel-Lobby. Der MSV hatte die drei Protagonisten zuvor in einer Pressemitteilung bereits ausführlich zitiert. Der MSV wählte eine Variante, bei der alle Beteiligten ihr Gesicht wahren können. Kevin Wolze stellte demnach sein Amt zur Verfügung, am Freitag-Vormittag wählte das Team einen neuen Spielerrat. Am Abend legte sich Lieberknecht daraufhin auf Nauber, der bei der internen Wahl die meisten Stimmen erhalten hatte, als neuen Kapitän fest.

MSV Duisburg: Nauber übernimmt gerne Verantwortung

Eine Überraschung war der Kapitänswechsel allerdings nicht, der Coach hatte ihn schon beim Trainingsstart am 3. Januar als eine mögliche Option bezeichnet, um der Mannschaft einen weiteren neuen Impuls zu verschaffen. Wolze habe nun „Ballast abgelegt“, unterstrich der Coach. Lieberknecht weiter: „Ich sehe Kevin bei weitem nicht so schlecht wie andere. Aber er ist zu mehr fähig.“ Das weiß auch der 28 Jahre alte Linksverteidiger: „Ich will jetzt sportlich konstantere Leistungen abliefern.“

MSV-Trainer Torsten Lieberknecht: „Die Binde ist kein Freibrief.
MSV-Trainer Torsten Lieberknecht: „Die Binde ist kein Freibrief. © E.L.

„Ich bin ein Typ, der gerne Verantwortung übernimmt“, sagte Gerrit Nauber am ersten Amtstag. Die Kapitänsbinde trug der 26-Jährige bereits bei den Sportfreunden Lotte. Auch das habe, so Lieberknecht, die Entscheidung mit beeinflusst – wie auch die Tatsache, „dass Gerrit unter mir stabile Leistungen gezeigt hat.“

Dennoch unterstrich der 45-Jährige, dass das Kapitänsamt kein Freibrief für einen Stammplatz sei. Ohnehin ist der Kapitän in den Augen des Trainers mehr Mannschafts- und weniger Spielführer. Lieberknecht verwies auf Branimir Bajic, der zu seiner aktiven Zeit noch sehr großen Einfluss hatte, obwohl er kaum noch Spiele bestritt.

Schnellhardt nicht mehr MSV-„Vize“

Eine Überraschung gab es bei der Neuwahl – Lieberknecht: „Diese Wahl hätte es auch ohne Kapitänswechsel gegeben“– des Spielerrates. Bei dieser internen Wahl fiel Vizekapitän Fabian Schnellhardt durch. Auch der Mittelfeldregisseur dürfte nun Ballast losgeworden sein.

Neuer Vizekapitän ist – auch das ist überraschend – Stanislav Iljutcenko, der nach Gerrit Nauber die zweitmeisten Stimmen erhielt. Außerdem gehören Enis Hajri, Lukas Fröde und Ex-Kapitän Kevin Wolze diesem Gremium an. Ein Amt behält Wolze allerdings: Er bleibt bei den MSV-Profis Meister der Münze und treibt auch künftig als Kassenwart die Geldstrafen ein.