Duisburg. . Das Idol des MSV Duisburg wurde im Film „Ennatz Dietz – eine Zebralegende“ verewigt. Olaf Thon war einer der Gäste im Theater am Marientor.
Wenn die Wirklichkeit einen Film überholt: Er wünsche sich, dass der liebe Gott ihn noch ein wenig gesund erhalte und er mit seinen Enkelkindern spielen könne. Das sagt Bernard Dietz während der Schlussszene des Kino-Porträts über sich selbst. Im Theater am Marientor halten die weit über 1500 Freunde des Zebras kollektiv die Luft an. Bis sich die Anspannung in tosendem Applaus auflöst und erlöst. Denn er ist ja mit dabei, ihr Bernard Dietz, unser Bernard Dietz.
Mit seiner Frau Petra sitzt er in der ersten Reihe während der Heimpremiere der Dokumentation „Ennatz Dietz – eine Zebralegende“. Am Samstag bei der Aufführung im TaM. Kaum zehn Tage nach seinem Herzinfarkt. Es ist dem Zebra an sich eine Ehre und Verpflichtung. Die von Regisseur Adnan G. Köse sowie Autor und Produzent Thorsten „Ippi“ Ippendorf zeitlos versöhnlich gemeinte Ausklangszene hatte sich neu und gefühlsgeladener eingefärbt.
Zum Abspann nach fast 90 Minuten stehen dann alle auf, klatschen für ihren Helden, für einen von ihnen. Der MSV, seine Fans und Bernard Dietz – das lässt sich nicht getrennt denken. Bei der Aufführung der Hommage, gedreht aus Anlass seines 70. Geburtstages im Frühjahr, wird das deutlich. Zuschauer in „Zebra- und Nadelstreifen“, wie Moderator Nils Halberscheidt auf der Bühne vor der Premiere sagt, wollen den mit einem Budget von 15.000 Euro gedrehten Film sehen. Junge Fans, die die MSV-Ikone nie im Trikot sahen, und solche wie Kurt Dammers, die seine komplette Karriere von der Tribüne aus verfolgten, wollen sich die Geschichte von Ennatz Dietz und seine Geschichte vom Fußball erzählen lassen. MSV-Vorstand Robert Philipps nennt den Film „emotional“.
Bernard Dietz weiß, dass er da beim Heimspiel im TaM, das so randvoll besetzt ist wie bei einem Bayern-Spiel, nicht fehlen darf. Auch wenn sein Arzt ihm gesagt habe, dass er es ein wenig ruhiger angehen lassen soll. Auch wenn er den Film bei der Vorführung im Deutschen Fußball-Museum in Dortmund zwei Tage zuvor schon einmal gesehen hat. Die Anreise mit einem mausgrauen VW-Käfer, der Moment auf einem roten Teppich, der nicht zu groß ist, um unpassend für Duisburg zu wirken, das Begrüßen von Freunden und Weggefährten wie Olaf Thon, Dietmar Linders, Michael Bella und Detlef Pirsig, das Dankeschön-Bad in der Menge – all das geht kaum als „ruhig angehen lassen“ durch. Krawatte und Einstecktuch zu tragen, das geht ebenfalls keineswegs als Freizeitkleidung durch.
Dietz nimmt es auf sich. Mit einem Lächeln, mit Freundlichkeit. Eitelkeit hat ihn keineswegs bei dem Filmprojekt mitmachen lassen. Es war wohl mehr sein Verständnis, dass sich in seiner Person eben dieses Maß an Größe und Erfolg findet und aufbewahrt, das einer Tradition Kraft verleiht. 1977 schoss er in einem Spiel vier Tore gegen die Bayern – zu sehen sind sie in der einzigen Spielszene im Film. Karl-Heinz Rummenigge erinnert zur Freude des Publikums daran, dass sich Gerd Müller nicht in den MSV-Strafraum traute, weil ihm dort Eisenfuß Detlef Pirsig die Schienbeine massierte. Die Anekdote sorgt für Lacher im Publikum.
Hrubesch und Thon berichten
Der „Lange“ Horst Hrubesch erinnert sich daran, wie 1980 der Europameistertitel in Rom gewonnen wurde und ihm der Papst persönlich ein Zeichen gegeben hat, dass er zwei Tore machen werde. Olaf Thon lässt das legendäre 6:6 gegen Bayern (ja, mit Schalke – vereinzelte Pfiffe dafür) Revue passieren. Die Ex-Bochumer Paul Freier und Frank Fahrenhorst erinnern sich an den „Coach“ Bernard Dietz, der nicht nur einen Fuß für Tore, sondern auch ein Händchen für Talente hatte.
Im Film sagt Dietz einmal (und auch da gibt es Szenenapplaus): „Ich habe die Fans immer als meinen Arbeitgeber verstanden.“ Wunderbar altmodisch klingt das angesichts der gestylten schönen neuen Fußball-Welt. Dieses Verständnis bewegt ihn noch immer, so wie die Zebras nach wie vor ein Stück MSV Dietzburg sind. Gleichwohl, junge Fans identifizieren inzwischen das plüschige Maskottchen, das seinen Namen trägt, eher mit Ennatz. Mit Comedian Markus Krebs auf der Tribüne sitzend sagt das Vorstandsmitglied Bernard Dietz: Der MSV habe „eines der schönsten Stadien der Bundesliga“ und spiele doch „nur in der Zweiten Liga“.
So ist der Abend dann auch mehr als ein Blick zurück auf die einzigartige Karriere eines Bergmannssohnes aus Bockum-Hövel, der nach Duisburg kam und bei der Siegerehrung der EM vergaß, der belgischen Königin Fabiola die Hand zu schütteln. Dietz steht auch für die Hoffnung, dass der Fußballplatz und der MSV irgendwann einmal wieder in der gleichen, ersten Liga sind. Ennatz nicht auf dem Platz, dafür auf der Tribüne. Mit seinen Enkeln spielen kann er danach immer noch.