Duisburg. . Ahmet Engin ist immer da, wenn er gebraucht wird. Das Eigengewächs des MSV Duisburg steht als Ersatz auf den offensiven Außenbahnen bereit.
Am Mittwoch hatten die Zebras trainingsfrei. Oder wie es leicht verkleisternd in der Sprache der Offiziellen lautet: Es waren individuelle Übungseinheiten angezeigt. Kraftraum, persönliches Studium des nächsten Gegners, also Erzgebirge Aue, oder was einem sonst so einfällt. Ahmet Engin übte seine Signatur zu verfeinern. Lesbar und dabei doch individuell. Einmal, zweimal, hundert Mal. Bis alle Autogrammkarten weg waren; der ganze Stapel, und es war ein ordentlicher Packen.
Der 21-Jährige saß gemeinsam mit seinem Sportdirektor Ivica Grlic und der Bundesliga-Frau Eshly Bakker auf dem Podium in der neuen Sparkasse in Rheinhausen-Bergheim. Autogrammstunden gehören zum Profigeschäft. Ahmet Engin ist nicht nur da Profi. Dass er geduldig die Pflicht erledigte, trifft den Sachverhalt unzureichend. Man konnte sehen, er machte es gern. Jetzt noch ein Selfie, dann das Mannschaftsfoto mit den Mitarbeitern der Sparkasse, Gruppenbild mit Fan und Ennatz, dem Maskottchen – immer ein Lächeln, nie ein Problem.
Keiner, der Probleme macht
Engin ist ohnehin keiner, der Probleme macht. Er stellt keine Ansprüche oder drängt sich in den Vordergrund. Der Mittelfeldspieler kann nichts fordern und muss es auch nicht. Er hat seine ganz bestimmte Rolle im MSV-Stück: Er ist die erste Zweitbesetzung. Er hält die Punkte fest oder versucht zu retten, was zu retten ist. Acht Mal bereits wechselte ihn Trainer Ilia Gruev ein. Kein anderer Spieler wird so häufig gerufen, wenn es darum geht, frischen Wind ins Spiel zu bringen, erschöpfte Kollegen zu vertreten oder Zeit von der Uhr zu nehmen.
Engin kann damit gut leben: „Ich freue mich, wenn ich reinkomme. Vor allem zu Hause, wenn ich vor unseren Fans spielen kann.“ Auf 112 Zweitliga-Minuten hat er es in dieser Saison immerhin schon gebracht. Nachspielzeiten nicht mitgerechnet. In den letzten sechs Spielen war er immer dabei, wenn der Schiedsrichter das Personal per Pfiff vom Platz verabschiedete.
Klar würde Ahmet Engin gern mal von Anfang an dabei sein. Wie im Aufstiegsjahr, als er 29 Partien bestritt und davon 14 Mal in der Startformation stand. Doch er weiß, dass da Geduld verlangt ist. Der Bahn-Mitarbeiter (links oder rechts, Hauptsache vorne) vertritt in der Regel Moritz Stoppelkamp oder Cauly Souza. Die sind gesetzt und Engin als Schattenmann dahinter, wenn die Kräfte der Linienläufer schwinden. Fast hätte er es in Sandhausen für einen Moment ins Rampenlicht geschafft. Ein feiner Pass von Moritz Stoppelkamp öffnete den Weg zum 2:0. „Dann ist mir der Ball versprungen und die Chance war weg. Das ärgert mich immer noch“, sagt er.
Vorbild Moritz Stoppelkamp
Sonst aber gibt es wenig zum Grämen. Gruev spielt ihn gern als Joker. Engin macht den Job: „Ich nehme jede Minute mit, um Erfahrung zu sammeln.“ Er sei noch jung und bereits jetzt quasi der zwölfte Mann. Da gibt es keinen Grund, am Zaun zu rappeln. Stattdessen nutzt er jede Gelegenheit, um zu lernen: „Moritz Stoppelkamp hat viel mehr Erfahrung als ich, da schaue ich wenn es geht, ab.“ Vorbild? „Ja, doch schon“, so Ahmet Engin.
Auch das passt: Weil er besonders gern links spielt. Und weil er sich wie Stoppelkamp als Duisburger Jung fühlt. Das Talent ist zwar in Moers geboren und fand über den SV Neukirchen und den KFC Uerdingen zum MSV. Trotzdem gilt: Engin ist ein Duisburger oder noch präziser ein Meidericher. Über die U 17 und die U 19 fand er seit 2011 in den Profikader. Er ist da selbst Vorbild, und zwar für den Nachwuchs. Man kann es als Eigengewächs mit Willen, Talent und Ehrgeiz auf die Hauptbühne schaffen. Erst in den Kader, dann auf die Bank und für 112 Minuten in dieser Saison auch auf den Platz.
Ahmet Engin ist freundlich, antwortet bereitwillig auf jede Frage. Nur auf eine kann er wie seine Kollegen keine schlüssige Antwort geben: warum es mit dem ersten Heimsieg noch nicht geklappt hat. Stattdessen sagt er: „Wir werden gegen Aue alles versuchen, für unsere Fans den Dreier zu holen.“ Und wenn alles wie gewohnt läuft, mit dem „Duisburger Jung“ als Mann für den Schlussakkord.