Duisburg. . Richterin entscheidet zu Gunsten des Ex-Geschäftsführers. Der Verein erhält keinen Schadenersatz. Doch vorbei ist die Angelegenheit noch nicht.

  • Das Landgericht Duisburg weist die Ansprüche des MSV Duisburg zurück und urteilt zu Gunsten des Ex-Geschäftsführers
  • Richterin befindet die gegen Kentsch ausgesprochene Kündigung für nicht rechtmäßig – nun erhält er eine Gehaltsnachzahlung
  • Die Verantwortlichen des MSV Duisburg sind enttäuscht über das Urteil, kündigen aber an, in Berufung gehen zu wollen

MSV-Präsident Ingo Wald blies auf dem Flur des Duisburger Landgerichts die Backen auf. So wie man es tut, wenn einem schlechte Nachrichten die Luft aus den Lungen saugt. Sein Geschäftsführer Peter Mohnhaupt und der Anwalt Frank Nolte hatten Wald gerade über die deutliche Niederlage im Gerichtsstreit mit dem Ex-Geschäftsführer Roland Kentsch informiert.

MSV hat keinen Anspruch auf Schadenersatz

Richterin Antje Reim hatte das Urteil verlesen und dem MSV die Leviten gelesen. Innerhalb von weniger als sieben Minuten. Die Kündigung von Kentsch war nicht rechtskräftig. Etwa 125 000 Euro plus Zinsen sind zusätzlich zur schon überwiesenen Lohnfortzahlung fällig. Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von 4,3 Millionen Euro für die gescheiterte Lizenzierung im Frühjahr hat der MSV gegenüber Kentsch nicht. Roland Kentsch und sein Anwalt waren am Donnerstag gar nicht erst ins Gericht gekommen.

MSV-Geschäftsführer (rechts) mit Anwalt Frank Nolte.
MSV-Geschäftsführer (rechts) mit Anwalt Frank Nolte. © Jörg Schimmel

Wald murmelte später etwas von Enttäuschung und von einem Urteil, das er so nicht erwartet habe. Dann fasste er sich und sagte trotzig entschlossen: „Heute ist sowieso nicht der Tag, an dem alles zu Ende ist.“ Am Abend kündigte der Präsident an, man werde vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf Berufung einlegen. Der Prozess geht damit in die nächste Runde. Vorher werden die Verantwortlichen sich die Zeit nehmen, die 60 Seiten Urteilsbegründung genau durchzulesen.

Wenig Schmeichelhaftes findet sich unter dem Aktenzeichen 21 0 93/13. Antje Reim schrieb in die Begründung: Der damalige MSV-Chef Udo Kirmse war am 13. Juni 2013 gar nicht berechtigt, Kentsch zu kündigen. Dazu hätte es zwei Unterschriften unter dem Rauswurf bedurft. Es stand aber nur eine unter dem Schreiben. Den Mangel hätte man heilen können, wenn man den Originalbeschluss des Vorstands Kentsch vorgelegt hätte. Der MSV behauptete, genau das getan zu haben. Freilich verwickelten sich die Zeugen bei der Anhörung im September 2016 in Widersprüche, was diesen Moment angeht. Mal war der Umschlag braun und groß, dann wieder klein, länglich und weiß. Eine Klarsichtfolie soll es auch gegeben haben.

Vor allem Udo Kirmse machte bei der Befragung zur Kündigung einen wenig sortierten Eindruck. Das Vorstandsmitglied berief sich später darauf, er habe einen Blackout gehabt. In der Summe befand die Richterin: Kann so gewesen sein mit dem Originalbeleg, wirklich sicher ist das keinesfalls. Im Zweifel damit für den Gefeuerten, der nun sein Gehalt von etwa 15 762,20 Euro bis Juni 2014 nachgezahlt bekommt.

Keinen Schaden angerichtet

Mit der Hoffnung auf Schadenersatz machte die Richterin ebenfalls kurzen Prozess. Kentsch habe keinen Schaden angerichtet. Ihr Argument: Der MSV hätte die Deckungslücke von 961 000 Euro nie schließen können – selbst wenn alles perfekt gelaufen wäre. Nach Einschätzung des Gerichts konnte der MSV die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Lizenzierung durch die DFL gar nicht erfüllen.

Ob der Geschäftsführer dann am Schluss noch Fehler gemacht habe oder alles richtig, müsse man nicht weiter betrachten. In der Fußballer-Sprache ausgedrückt: Ob der Trainer bei einem 0:4 in der 92. Minute versehentlich den Platzwart einwechselt oder Cristiano Ronaldo, wen juckt’s? Die Partie ist eh den Bach runter. Kentsch mag sich darüber freuen, dass er nach Beschluss des Landgerichts nicht für den Absturz in die Drittklassigkeit zahlen muss.

Abgang: Enttäuscht verließ die MSV-Delegation das Gerichtsgebäude.
Abgang: Enttäuscht verließ die MSV-Delegation das Gerichtsgebäude. © Jörg Schimmel

Andererseits: Der Trainer war innerhalb dieser Argumentationskette offenbar unfähig, den Spielstand auf der Anzeigentafel zu lesen. Beim Pressegespräch im Mai 2013 hatte der Geschäftsführer im Brustton der Überzeugung verkündet, man habe alle notwendigen Unterlagen für eine erfolgreiche Lizenzierung an die DFL geschickt. Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Gerd Görtz hatte ihn für diese vermeintlich spielentscheidende Tat ausdrücklich gelobt. Das Urteil sagt: Von wegen!

Auf dem Weg zum Oberlandesgericht wird der MSV diesen Hebel nutzen. Wie lang oder kurz der ist, muss sich zeigen. Die Zebras sind weiterhin überzeugt. Es hätte gelingen können. Die Richterin irre mit ihrer Einschätzung, dass die Partie nie zu gewinnen war. Keine Beweiskraft maß die Richterin Antje Reim der Geschichte zu, dass Sponsor Schauinsland-Reisen rechtzeitig einen Alternativplan zur Rettung präsentiert habe. Die Aussagen der Unternehmensvertreter vor Gericht bewertete die Richterin unter anderem als „nicht glaubhaft“. Es ging da um eine Bürgschaft in Höhe von zwei Millionen Euro, die man zur Not ohne Bedingungen gegeben hätte.