Leverkusen. . Nach dem wichtigen Sieg der Gladbacher beim Champions-League-Konkurrenten aus Leverkusen gilt alle Konzentration der Borussia dem Pokalspiel gegen die Bayern. Patrick Herrmann drängt nach seiner Verletzung wieder ins Team

Wenn es einen Spieler gab, der auf den ersten Blick gar nicht wie ein Sieger aussah, dann war das Igor de Camargo. Der Gladbacher Stürmer hatte knapp eine Stunde zuvor den Siegtreffer zum 2:1 bei Bayer Leverkusen erzielt, er hatte bei allen Borussen für einen gewaltigen Ausbruch der puren Freude gesorgt, doch jetzt stand er im Keller der BayArena und blickte ziemlich ernst drein.

Natürlich war er froh, mal wieder ein ganz wichtiges Tor für seinen Klub erzielt zu haben, keine Frage, andererseits aber stellte er am Samstag unmissverständlich klar, was ihm zu seinem Glück in Gladbach noch fehlt: „Joker ist nichts für mich, aber das muss der Trainer entscheiden.“

Das wird der Trainer tun, keine Frage. Lucien Favre ist sogar froh, diese Entscheidung überhaupt fällen zu dürfen, weil es grundsätzlich gut ist, Alternativen zu haben. Und womöglich muss er am Mittwoch eine noch viel kniffligere Aufstellungsfrage beantworten. Denn auch der zuletzt so vermisste Patrick Herrmann meldet sogar schon wieder Ansprüche an. Der Stürmer, der in Kaiserslautern mit einem Schlüsselbeinbruch vom Rasen getragen werden musste, ist wieder voll ins Training eingestiegen.

„Dieser Sieg war wichtig für den Kopf“

„Wenn es möglich ist, will ich gegen die Bayern spielen“, betonte Hermann gestern nach der Vormittagseinheit in Gladbach, die er mit einem Schulterschutz aus Carbon absolvierte. Und spätestens mit diesem Satz ist klar, dass die Borussen den Triumph von Leverkusen längst schon wieder abgehakt haben. Allen voran hat Trainer Favre blitzschnell auf Pokal-Modus umgeschaltet. „Dieser Sieg war wichtig für den Kopf“, hatte er noch in Leverkusen festgestellt.

Und zwar wichtig, weil der Rekordmeister und Rekordpokalsieger am Mittwoch zum Halbfinale nach Gladbach kommt und weil die Borussen nach drei sieglosen Partien unbedingt Selbstbewusstsein aufbauen wollten vor dem Duell mit der Münchner Tormaschine.

Wie hat es Max Eberl formuliert? „Wir versuchen, das Unmögliche möglich zu machen“, so der Gladbacher Sportdirektor, ehe er ergänzend hinzufügte: „Dreimal in einer Saison gegen die Bayern zu gewinnen, ist eigentlich rein statistisch nicht möglich, trotzdem werden wir es natürlich versuchen.“

Es ist schon außergewöhnlich, eine ungemein wichtige Bundesliga-Partie wird unmittelbar nach dem Abpfiff vor allem unter dem Aspekt bewertet, welche Bedeutung sie für ein kommendes Pokalspiel hat. „Wenn man dreimal nicht gewinnt, denkt man zwangsläufig zu viel nach, warum das so ist“, hatte Favre obendrein betont. Jener Mann, der nach dem Siegtreffer durch de Camargo die Gladbacher Freude und Erleichterung personifizierte wie kein anderer.

„Duell um die Königsklasse“

Als die Borussen dieses „Duell um die Königsklasse“, wie der Express titelte, mit dem zweiten Treffer entscheiden konnten, hatte der Fußball-Lehrer einen famosen 60 Meter-Sprint bis zur Eckfahne gemacht, um gemeinsam mit seinen Profis zu feiern. „Ich wollte verifizieren, ob ich noch fit bin“, scherzte er später während der Pressekonferenz.

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Sicher ist, Favre ist noch fit, und sicher ist auch, dass die Borussen wieder mit Meilenstiefeln Richtung Europapokal unterwegs sind. Denn natürlich war der Sieg bei Bayer kein x-beliebiger Erfolg, er war mehr als das, er war ein Ausrufezeichen, weil ein direkter Konkurrent um einen Platz in der Königsklasse bezwungen wurde. Der Drittplatzierte aus Gladbach hat jetzt elf Punkte Vorsprung auf den Fünftplatzierten aus Leverkusen. Das ist wahrlich ein Pfund.

Sorgen könnte den Borussen lediglich machen, dass sie gegen spielstarke Mannschaften offenbar deutlich weniger Probleme haben als gegen Teams aus dem unteren Tabellenbereich. In Freiburg, in Hoffenheim, in Augsburg und in Nürnberg konnte Gladbach nicht einen einzigen Punkt gewinnen, und in den restlichen acht Bundesliga-Partien geht es nur noch zweimal (in Hannover und in Dortmund) gegen Spitzenteams.

„Auch wenn es noch so schön in der Tabelle aussieht, dürfen wir keine Sekunde nachlassen“, mahnte Martin Stranzl noch in Leverkusen. Und bei dem Satz guckte der Innenverteidiger beinahe so ernst drein wie Igor de Camargo, der nur ein paar Meter entfernt von ihm stand.