Köln. Luuk de Jong war in Gladbach ein Flop und führte Sevilla nun zum Europa-League-Titel. Wie hat er das geschafft?
Die hellblauen Augen von Jesus Navas glänzten noch mal um einiges stärker als sonst, dem 34 Jahre alten Fußballprofi war die Rührung über den neuesten Coup seines Klubs deutlich anzusehen. Er könne den Stolz auf den Sieg im Finale der Europa League gegen Inter Mailand gar nicht in Worte fassen, sagte der Kapitän des FC Sevilla zunächst – zum 3:2-Triumph über das diesmal pausierende Abwehrbollwerk der Italiener fielen ihm dann aber doch ein paar Dinge ein. „Dieser Sieg ist auch für die Fans, die es verdient haben, jeden Tag glücklich aufzuwachen“, erwähnte Navas zum Beispiel voller Pathos. Um gleich darauf ähnlich leidenschaftlich zu verfügen: „Der Sieg ist für meine Familie – und für die Sevilla-Familie.“
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Romelu Lukaku wollte mit diesem andalusischen Familienbund am Ende nichts mehr zu tun haben. Inters Superstar hatte sein Team im Endspiel am Freitagabend in Köln nach fünf Minuten mit einem an ihm selbst verursachten Foulelfmeter in Führung geschossen, baute seinen persönlichen Rekord damit auf Treffer in elf aufeinanderfolgenden Europa-League-Spielen aus. Diese Marke war am Ende des Finalturniers in Nordrhein-Westfalen jedoch Schall und Rauch. Bei einem Fallrückzieher seines zu Beginn der Partie überforderten Widersachers Diego Carlos veränderte Lukaku die Flugbahn des Balles auf fatale Weise. Anstatt neben dem Tor landete die Kugel so im Inter-Netz, zum entscheidenden Treffer des Abends. Grund genug für Lukaku, nach dem Schlusspfiff nicht zur Siegerehrung zu erscheinen.
Luuk de Jong trifft gegen Inter per Kopf
Am Schauplatz des speziell in der ersten Halbzeit hochklassigen Finales in der Kölner Arena am liebsten übernachtet hätte hingegen Luuk de Jong. Der lange Niederländer, in Deutschland vor allem durch 18 wenig glorreiche Monate bei Borussia Mönchengladbach bekannt geworden, brachte Sevilla mit zwei exquisiten Kopfballtreffern binnen 20 Minuten in Führung. Der Uruguayer Diego Godin egalisierte – ebenfalls per Kopf – noch vor der Pause.
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Schon im Halbfinale gegen Manchester United glückte de Jong der Treffer zum 2:1-Erfolg. Von diesen wundervollen Schlussakkorden hätte der Angreifer gegen Ende einer für ihn eher mäßigen Runde höchstens träumen können. Nun aber sagte er: „Dass ich zwei Kopfballtore gemacht habe, ist eine unglaubliche Geschichte.“ Und auch dies wusste der 29-Jährige nach seiner Einstiegssaison in Sevilla zu berichten: „Wir sind eine Familie.“
FC Sevilla ist der Rekordchampion
Zum sechsten Mal hat der Klub aus Andalusien die Europa League und deren Vorgängerwettbewerb Uefa-Cup mittlerweile gewonnen – bei sechs Finalteilnahmen. Alle Titel im kleinen europäischen Wettbewerb holte der Vierte der Primera Division dabei seit dem Premierensieg 2006. Die Bundesliga brachte es in den 65 Jahren seit Einführung des Messestädte-Pokals (dem Vorreiter von Uefa-Cup und Europa League) ebenfalls auf sechs Erfolge.
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Sevillas faszinierende Serie bekommt im Jahr der Corona-Pandemie besonderen Charme in der Heimat: Real Madrid, der FC Barcelona und Atlético Madrid, die großen Drei des Landes, erlitten in diesem Champions-League-Jahr entweder frühe, niederschmetternde oder unerwartete Niederlagen. Die Sportzeitung Marca bezeichnete das Team von Julen Lopetegui, der 2018 zwei Tage vor WM-Beginn als spanischer Nationaltrainer entlassen wurde, weil sein für nach dem Turnier vereinbartes Engagement bei Real Madrid bekannt geworden war, deshalb als „Stolz Spaniens“.
Ramon Rodriguez Verdejo ist seit 20 Jahren Sportdirektor
„Das mit der Europa League ist nicht nur eine Romanze, sondern eine dauerhafte Beziehung“, sagte Ramon Rodriguez Verdejo (kurz: Monchi), abgesehen von einem Abstecher zum AS Rom (2017 bis 2019) seit 20 Jahren Sevillas Sportdirektor. In Spanien sprechen sie wegen der regelmäßigen Erfolge des Vereins auf der kleinen europäischen Bühne längst von einem „Fetisch-Wettbewerb“. Und zum neuesten Kapitel in der Familien-Saga des FC Sevilla, der sich in der nächsten Saison nun wieder in der Champions League versuchen darf, lieferte Diego Carlos vor dem Adios aus dem Rheinland noch den passenden Beitrag. „Ich fahre mit einem Pokal, mit einem Tor – und mit einer schwangeren Frau nach Hause.“