Mönchengladbach. Gladbachs Vizepräsident Rainer Bonhof spielte für Borussia und den 1. FC Köln. Vor dem Derby am Sonntag spricht er über die besondere Bedeutung des Duells.
Am 31. Oktober 1980 trat Rainer Bonhof erstmals im Trikot des Rivalen am Bökelberg an. Der Weltmeister von 1974 traf dort mit dem 1. FC Köln auf Borussia Mönchengladbach – den Klub, mit dem er viermal Deutscher Meister geworden war. Seine Rückkehr nach Gladbach endete für den Mittelfeldspieler damals mit einer Niederlage: Der FC verlor 0:2.
Das wäre ein Resultat, mit dem Bonhof (67) am Sonntag (15.30 Uhr/Sky), knapp 40 Jahre später, beim Heimspiel im Borussia-Park gegen den FC sicherlich sehr zufrieden wäre. Vor der Partie sprach Gladbachs Vizepräsident über Borussias Entwicklung, seinen Ex-Klub Köln und die ewig besondere Bedeutung dieses Duells.
Herr Bonhof, wie ist die Stimmung in der Stadt vor dem Spiel gegen Köln?
Rainer Bonhof: Beim Bäcker, am Kiosk oder an der Tankstelle verspüren die Menschen eine riesengroße Vorfreude auf dieses Spiel. Es ist ein Derby. Die Stadt fiebert mit.
Messen auch die Spieler von heute dem Derby noch die besondere Bedeutung bei?
Bonhof: Wir haben natürlich nicht mehr die Anzahl der Spieler wie damals, die aus dem Umfeld von Mönchengladbach oder Köln kommen. Aber dieses Derby hat über die Jahrzehnte hinweg auch bei den zugereisten Profis einen Stand. Gerade diejenigen, die dieses Spiel schon einmal bestritten haben, wissen um die Bedeutung.
Welches war Ihr prägendstes Derby-Erlebnis?
Bonhof: 1978 haben wir 1:1 in Köln gespielt. FC-Spieler Heinz Flohe hat kurz vor Schluss den Ausgleich erzielt. Das ist bei mir im Kopf hängen geblieben. Köln wurde in dieser Saison Deutscher Meister.
Haben es Ihnen die Gladbacher Fans eigentlich verübelt, dass Sie nach Ihrer Zeit in Spanien beim FC Valencia ab 1980 für den FC, den großen Rivalen, spielten?
Bonhof: Nein, das haben sie nicht. In dieser Zeit wollte ich nach Deutschland zurück. Und nur ein Verein hatte bei mir angefragt. Kurz darauf war ich schon wieder in Gladbach wohnansässig.
Mit welchen Ihrer ehemaligen Mitspieler beim FC haben Sie noch Kontakt?
Bonhof: Mit Bernd Cullmann bin ich seit der WM 1974 ganz eng befreundet. Früher sind wir zusammen in den Urlaub gefahren, jetzt fahren wir beide kein Ski mehr (lacht). Aber wir treffen uns regelmäßig und tauschen uns aus. Auch zu Stephan Engels und Toni Schumacher habe ich Kontakt. Tony Woodcock sehe ich hin und wieder mal.
Seit mehr als zehn Jahren sind Sie nun Vizepräsident in Gladbach. Wie hat sich der Klub in dieser Zeit gewandelt?
Bonhof: 2011 wäre der Verein fast abgestiegen, seit neun Jahren sind wir in der Tabelle wieder durchgehend einstellig. Die Wahrnehmung Borussias hat sich verändert, ebenso das ganze Umfeld. Als ich 2009 nach Gladbach kam, stand der Gebäudekomplex 8 Grad noch nicht (Anmerkung der Redaktion: Zu dem Komplex gehören Hotel, Arztpraxen, Rehazentrum, Fanshop, Museum). Die Akademie war noch im Stadion untergebracht, jetzt hat sie auch ein eigenes Gebäude. Wir haben zudem den Fohlen-Campus gebaut. Borussia ist damit gewachsen. Präsident Rolf Königs, Vizepräsident Siegfried Söllner und unser Geschäftsführer Stephan Schippers haben großen Anteil an der Vision, die wir gebäudetechnisch umgesetzt haben.
Welche Rolle spielt Sportdirektor Max Eberl bei der gesamten Entwicklung, die Gladbach genommen hat?
Bonhof: Eine große. Max macht aus meiner Sicht einen der Top-Jobs in der Bundesliga. Wenn man einerseits die Vorkehrungen sieht, die er jedes Mal trifft, und andererseits seine Verpflichtungen und Verkäufe, ist das sensationell.
Und wie bewerten Sie die Arbeit von Trainer Marco Rose?
Bonhof: Er praktiziert den Fußball, der uns im Kopf vorschwebte, und nimmt alle mit ins Boot. Sein ganzes System greift schneller, als man es als Verantwortlicher gedacht hatte. Die Arbeit, die er mit seinem Trainerteam macht, ist sehr gut.
Sie haben als Spieler die erfolgreichsten Gladbacher Jahre miterlebt. Kann Borussia noch einmal an diese Zeiten anknüpfen?
Bonhof: Das war ja damals nicht geplant. Wir hatten eine Truppe, die über zehn Jahre funktioniert hat. Die Mannschaft heute funktioniert auch. Aber wenn man die anderen Mitbewerber für irgendwelche – wie Max immer so schön sagt – blechernen Trophäen sieht (lacht), sind wir allenfalls auf einem guten Weg. Mehr allerdings nicht. Wenn wir uns für die Champions League qualifizieren, ist das für Borussia Mönchengladbach wie ein Titel.
Verfolgen Sie mit Blick auf die Ziele langfristig eine Vision?
Bonhof: Vor neun Jahren haben wir gegen den Abstieg gekämpft. Das vergisst man so leicht. Wir sind als Verantwortliche verpflichtet, darauf hinzuweisen. Jetzt Türen zum Himmel aufzustoßen, wäre Blödsinn. Wir arbeiten daran, irgendwann mal etwas zu holen. Aber ein Jahr kann und will ich jetzt nicht nennen. Das wäre Humbug für alle, die wie ich an Borussia glauben: unsere Mitglieder, Mitarbeiter und Gremien.
Profi beim FC Valencia und bei Hertha BSC
- Rainer Bonhof, geboren am 29. März 1952 in Emmerich, spielte von 1970 bis 1978 für Borussia Mönchengladbach. Er wechselte zum spanischen Erstligisten FC Valencia, von dort zum 1. FC Köln und beendete seine Profikarriere bei Hertha BSC.
- In der deutschen Nationalmannschaft absolvierte Bonhof 53 Spiele. Im Finale der WM 1974 in München gegen die Niederlande lieferte er die Vorlage zum 2:1-Siegtor durch Gerd Müller. Von 1990 bis 1998 war Bonhof Co-Trainer beim DFB-Team.
Sprechen wir über den Gegner am Sonntag: Köln hat sich mit Trainer Markus Gisdol und Sportdirektor Horst Heldt zumindest vorerst aus der Krise befreit. Bleibt der Klub in der Bundesliga?
Bonhof: Ich denke, dass der FC den Klassenerhalt ohne Probleme schafft. Die Kölner haben zuletzt wirklich gute Spiele abgeliefert. Dennoch ist der Weg noch lang. Es sind noch viele Punkte zu vergeben, und da unten ist es relativ eng. Der FC wird aber weiter Gas geben. Denn so kenne ich Horst Heldt und Markus Gisdol.
Gladbach hat in der Hinrunde 1:0 in Köln gewonnen. Was erwarten Sie am Sonntag?
Bonhof: Wir spielen zuhause. Hier haben wir bislang gut abgeschnitten. Ich hoffe also, dass wir am Ende das Näschen vorne haben. Wir wollen das Publikum wieder auf unsere Seite kriegen und den Leuten auch was zeigen. Wenn das mit einem Sieg auf unserer linksrheinischen Niederrheinseite verbunden wäre, hätten wir nichts dagegen.