Mönchengladbach. Marco Rose verändert den Spielstil der Borussia. Gladbachs neuer Trainer spricht über Erwartungen, Ziele und den Ex-Schalker Breel Embolo.
Am neuen Arbeitsplatz fühlt sich Marco Rose nach zwei Wochen schon ganz heimisch. Das große Gelände im Borussia-Park rund um das Stadion hat er bereits erkundet, täglich lernt der neue Chefcoach neue Mitarbeiter im Klub kennen. Vor der Abreise in das Trainingslager in Rottach-Egern am Tegernsee zog der 42-Jährige im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur ein kleines Zwischenfazit.
Nach einigen intensiven Trainingseinheiten, standen Sie am Mittwoch zum ersten Mal beim 8:0-Testspielsieg gegen den 1. FC Mönchengladbach an der Linie. Ein besonderer Moment?
Marco Rose: Ja, im Moment ist alles das erste Mal. Die Vorstellung vor den Medien, das erste Training, das erste Testspiel. Das sind alles wichtige Momente, um anzukommen. Ich habe gerade mit unseren vier Fanbeauftragten zusammengesessen. Das zeigt ja auch die Größe und das Ausmaß des Clubs. Gespielt habe ich im Borussia-Park noch selbst als Spieler in der 2. Liga. Infrastrukturell hat sich seitdem hier einiges getan. Ich habe mich auch schon bei unserer Nachwuchsabteilung im FohlenCampus umgesehen.
Auch interessant
Wie sind die ersten Eindrücke von der Mannschaft nach der ersten Arbeitsphase?
Rose: Das ist für alle gerade eine spannende Situation. Jeder schaut, wie tickt der Trainer. Ich habe mich natürlich vorher informiert und viele Sachen bestätigen sich. Das ist charakterlich eine top intakte Truppe, die sehr willig ist, aufnahmefähig und bereit zu arbeiten. Trotzdem benötigt alles ein bisschen Zeit. Ich finde aber, dass man im ersten Testspiel schon einiges von dem erkennen konnte, was wir uns vorstellen. Von daher läuft alles nach Plan.
Noch sind nicht alle Spieler an Bord, wird es eventuell im Trainingslager noch die erwarteten ein oder zwei Transfers geben?
Rose: Ich möchte da keine Wasserstandsmeldungen abgeben. Es kann sowohl bei den Zugängen als auch bei den Abgängen noch etwas passieren. Auf dem Transfermarkt geht es ja erst noch richtig los. Irgendwann kommt ein Stein ins Rollen. Wir haben die Antennen in alle Richtungen gerichtet. Dass wir noch einen defensiven Spieler mit linkem Fuß suchen, ist ja bekannt.
Im Trainingslager werden die Grundlagen für die Saison gelegt. Was hat sich das Trainerteam vorgenommen?
Rose: In dieser Zeit ist man ja den ganzen Tag zusammen. Da werden sicherlich noch einige Dinge wachsen. Zum Beispiel: Wie wollen wir als neue Gruppe miteinander umgehen? Was den Fußball betrifft können wir unter Top-Bedingungen unsere Arbeit fortsetzen. Wir haben uns entschieden die einzelnen Arbeitsschwerpunkte nicht zu periodisieren, sondern sehr flexibel zu setzen. Ein wichtiger Faktor ist auch das Feedback aus der Mannschaft. Es ist wichtig miteinander zu reden, die Mannschaft soll überzeugt davon sein wie wir spielen wollen.
Wie erklärt man der Mannschaft ein neues System?
Rose: Unsere Herangehensweise ist unabhängig vom System. Das System ist nur eine Grundordnung. Es geht nicht um Raute, Dreierkette oder 4-3-3. Die Umsetzung ist das Entscheidende. Im ersten Testspiel haben wir das schon sehr ordentlich gemacht, sind schnell angelaufen und haben es dem Gegner richtig schwer gemacht. Und wenn der Gegner dann hinten nicht mehr rauskommt, müssen wir ja auch etwas mit dem Ball anfangen und können gar nicht mehr pressen. Sich nur über Pressing zu definieren ist zu wenig. Im Idealfall bringst du das komplette Paket auf den Platz. Und lernen kann man am besten über Kommunikation in Verbindung mit Videomaterial. Dann trainieren wir das auf dem Platz. Ein wichtiger Faktor ist dabei die Detailarbeit, während der Übungen auch zu unterbrechen und zu korrigieren.
Sportdirektor Max Eberl hat über den neuen Spielansatz gesagt: Wir haben viele Spieler, die es in sich haben, einige die es lernen und vielleicht auch einige, die es nicht auf die Kette bekommen. Haben Sie schon alle drei Gruppen ausfindig gemacht?
Rose: Die letzte Gruppe eigentlich noch nicht. Dazu sind wir aber auch noch zu jung zusammen. Aber die ersten beiden Spielertypen habe ich durchaus schon angetroffen. So mancher wäre überrascht, wenn er sieht, was da schon auf dem Platz passiert. Grundsätzlich sind alle Spieler bereit. Da sind wir auf einem guten Weg.
Auch interessant
Sind Sie ein Freund von Rotation?
Rose: In Salzburg haben wir sehr viel rotiert. Bei der Dynamik und Belastung im heutigen Fußball ist das unerlässlich. Ich bin auch ein Freund davon, Spielern Einsätze zu geben, die sich Einsätze verdienen. Es sind ja oft zwei, drei Spieler hintendran, die ins Team drängen und auch verdient hätten, in der ersten Elf zu stehen. Ich bin ein Trainer, der versucht so etwas zu belohnen.
Wie kommt man als Trainer zu einem bestimmten Spielstil?
Rose: Da spielt das Erlebte eine große Rolle. Ich habe Ralf Rangnick und Jürgen Klopp als Trainer gehabt, Thomas Tuchel nur kurz. Also Trainer, die Raumorientierung, Vorwärtsverteidigen und auch Aggressivität und Pressing in ihrem Spiel hatten. So etwas prägt. Ich schaue ja auch gerne Fußball und entwickle dabei natürlich ein Gefühl, für welchen Fußball ich stehen möchte. Daraus entwickelst du als Trainer dein Profil.
Borussia ist Fünfter geworden, verpflichtet einen Trainer, der als der gehypteste von allen gilt. Da steigt die Erwartungshaltung im Umfeld. Wie schwer ist der Rucksack?
Rose: Das ist kein schwerer Rucksack, weil ich mich bewusst für diese Situation entschieden habe. Ich wusste, was auf mich zukommt und dass hier auch eine große Fankultur dahintersteht. Und jetzt kommt ein neuer Trainer, der einen neuen Stil mitbringt. Das ist für mich eine riesige Herausforderung. Das gebe ich zu. Aber so ticke ich auch. Ich mag diese Herausforderungen und gehe die auch mit aller Energie und Überzeugung an. Und jetzt ist es an uns allen, dass wir versuchen, die Dinge umzusetzen. Natürlich weiß ich, dass wir am Ende auch Ergebnisse brauchen.
Ihre Familie ist in Leipzig, sie sind allein hier. Wie gefällt es Ihnen nach der Zeit in Österreich nun am Niederrhein?
Rose: Es ist anders als in Österreich. Es gibt hier keine Berge. Ich glaube, das ist hier eine sehr lebenswerte Region. Du hast außerdem viele Großstädte in der Nähe, bist Richtung Niederlande schnell am Meer.
Wie schwer wiegt die Trennung von der Familie durch den Job?
Rose: Natürlich vermisse ich die Familie. Aber dadurch kann ich mich auch von früh bis spät in die Arbeit stürzen. Allerdings muss ich mich hin und wieder auch mal bewusst rausnehmen, das tut der Arbeit manchmal auch ganz gut.
Was haben Sie da für Methoden. Kochen Sie zum Beispiel?
Rose: Das ist nicht meine Stärke, da gehe ich doch lieber zum Italiener. Ich laufe ganz gerne, dabei kann ich abschalten. Oder einfach auch mal auf die Couch legen - und Fußball nebenher schauen.
Auch interessant
Borussia hat ein interessantes Auftaktprogramm zu bieten. Am 2. Spieltag geht es in Mainz gegen Ihren Freund und alten WG-Kumpel Sandro Schwarz, danach gegen ihre Heimatstadt Leipzig.
Rose: Ja, das ist spannend. Als Spieler habe ich schon gegen Sandro gespielt, aber als Cheftrainer sind wir noch nicht aufeinandergetroffen. Aber deshalb sprechen wir dann nicht weniger miteinander. Ich war vergangenen Woche noch bei ihm, weil ich der Patenonkel von seinem Sohn bin und der Geburtstag hatte. Dieses Spiel wird nichts an unser Freundschaft ändern. Man muss die Gegner nehmen, wie sie kommen.
In Breel Embolo ist ein prominenter Neuzugang im Aufbautraining. Ist er zum Bundesligastart fit und auf welcher Position sehen Sie ihn?
Rose: Das wünschen wir uns natürlich alle. Er hat bis jetzt Laufübungen gemacht, hatte auch schon den Ball am Fuß. Unabhängig vom System kann er Stürmer spielen, ob jetzt am Flügel oder als zweite Neun. Er kann auch im offensiven Mittelfeld alle Positionen spielen. Er bringt eine sehr gute Physis mit und ist auch ein guter Fußballer. Wir haben uns sehr um ihn bemüht, weil wir überzeugt von ihm sind. Deshalb hat er sich wohl mit einem guten Gefühl für uns entschieden.
Mit welchen Zielen gehen Sie in die Saison? Kann man unter bestimmten Umständen auch mit einem achten Platz zufrieden sein.
Rose: Wir wollen schon das Maximum erreichen. Wir wollen ambitioniert auftreten, aber dabei demütig bleiben. Jeder Sieg ist etwas Besonderes, etwas Spezielles. Wir wollen viel erreichen, aber wenn die Leute ein gutes Gefühl und sich mit der Mannschaft identifiziert haben, haben wir schon viel erreicht. Dann haben wir vieles richtig gemacht und wohl auch Ergebnisse erzielt, die uns in der Tabelle weiter nach oben bringen. (dpa)