Marbella. Gladbachs neuer Trainer Dieter Hecking setzt im Trainingslager auf Laufstärke und taktische Flexibilität. Mit seinem Kader ist er zufrieden.
Die drei Söhne eines engen Freundes von Dieter Hecking haben zu Ehren des neuen Trainers von Borussia Mönchengladbach gesungen. “Die Elf vom Niederrhein”, schmetterte das Trio, schickte das Video an den 52-jährigen Fußball-Lehrer und ließ das Werk mit dieser Bemerkung enden: “Wurde auch Zeit, dass Du da hingehst!” Hecking schmunzelt im Trainingslager zu Marbella über das Filmchen aus Bad Nenndorf. Weiß aber eines ganz genau: “Die drei Söhne meines Freundes sind Gladbach-Fans. Die erwarten von mir schon was.”
Die Aufgabe wird keine leichte werden. Es gibt eine Menge Baustellen, die Hecking mit guter Trainingsarbeit beheben will. Als da wären:
Mit nur fünf Toren steht Gladbach in der Halbzeit-zwei-Statistik der Bundesliga an letzter Stelle
An Konditionsproblemen macht Hecking die magere Ausbeute nicht fest. “Die Laktatwerte der Spieler sind absolut in Ordnung. Trotzdem sind Laufeinheiten eine gute Grundlage für Tempofußball”, sagt der Trainer. Das sei auch eine Willensschulung. “An Grenzen stoßen und merken, ich schaffe das, das ist immer noch eine gute Übung”, sagt Hecking. Die Umschreibung “alte Schule” mag der Westfale dabei nicht, denn: “Nur mit Spielformen kommt man nicht zum Ziel.”
Auswärtsschwäche beheben bei nur einem Sieg in 19 Bundesliga-Spielen in Serie
Dieses offensichtliche Psychoproblem redet Hecking scherzhaft, aber doch sehr bewusst klein. “Ich habe keine Auswärtsschwäche und habe auch noch kein Spiel mit Gladbach auswärts verloren.” Allgemein sagt der Trainer aber auch: “In 16 Bundesliga-Spielen wurde nicht das Optimum herausgeholt. Auch die Spieler haben eine Verantwortung für den Trainerwechsel.” In Einzelgesprächen erforscht Hecking nun das Innenleben des Kaders. Da wird er schnell auf die nächste Problematik aufmerksam.
Ein festes Spielsystem festlegen und nicht mehr maximal flexibel auf dem Platz agieren
Dazu hat Hecking eine eindeutige Meinung: “Es ist wichtig, dass die Mannschaft eine Taktik besonders gut beherrscht, auf die sie sich immer bauen kann.” Dabei muss nicht Heckings favorisiertes 4-2-3-1 künftig die Nummer eins des Repertoires sein. “Das beherrsche ich aus dem Eff Eff, lege aber den Spielern nichts auf, was ihnen nicht liegt.” Unter Lucien Favre spielte Borussia mit dem 4-4-2 hervorragend, unter André Schubert lief lange das 3-4-1-2 gut. Doch auch schon in der alten Saison schwächelte Borussia mit der variablen Dreier- und Fünferkette sowie rotierenden Angriffsspitzen. Sicherheit statt Flexibiliät wäre derzeit hilfreich.
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Kommen die Hinterbänkler besser zur Geltung?
Hecking spricht jedenfalls von einer Überraschung, die sich anbahnen könnte, wenn es um das Personal geht. Nico Schulz als Linksverteidiger könnte eine Überraschung in der Startelf sein. Der 19-jährige Slowake Laszlo Benes hinterlässt im Training als Sechser neben Weltmeister Christoph Kramer einen guten Eindruck. Und auch Jonas Hofmann arbeitet an einer neuen Chance im offensiven Mittelfeld. Heckings Grundsatz: “Ich bin mit dem Kader hochzufrieden.”
Womit sich die Frage nach einer weiteren Verstärkung fast beantwortet hat
Dieter Hecking ist kein Freund von Wintertransfers. Der Januar-Markt schwemmt in der Mehrzahl die Unzufriedenen an. Timothée Kolodziejczak vom FC Sevilla fällt in diese Kategorie. Als zweimaliger Europa-League-Sieger sollte der 25-jährige Franzose dennoch in der Gladbacher Abwehr eine Verstärkung sein.
Kein Kopfballtor, kein Freistoßtor, kein Joker-Tor, nur ein Treffer nach einer Ecke und nach einem Konter in dieser Bundesliga-Saison
Sehr wenig für ein Team, dessen Anspruch die obere Tabellenhälfte ist. Da heißt es sicher auch: Standardsituationen mehr üben als bisher. Im Trainingslager in Marbella dürfte die Zeit dafür zu knapp sein. Und auch bis zum ersten Bundesliga-Spiel des neuen Jahres am 21. Januar (15.30 Uhr/Sky) bei Darmstadt 98 ist es nicht mehr lange hin.