Mönchengladbach. Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl spricht im Interview über seine Titelträume, den Transferwahnsinn, Mario Götze, die mögliche Super-Liga und Fernsehgelder für Traditionsvereine in der Fußball-Bundesliga.

Am Samstag um 13 Uhr startet in Malmö die schwedische Allsvenskan in die Fußball-Saison. Max Eberl weiß das. Skandinavien und seine Talente sind traditionelles Zielgebiet des Sportdirektors von Borussia Mönchengladbach. Ob’s wieder klappt mit einer „Transfer-Überraschung, die immer möglich ist“, wie es Eberl formuliert, weiß man vorher nie. Ein brillantes Händchen hat der 42-jährige Münchener am Niederrhein mehr als einmal bewiesen. Und: Max Eberl ist hinter Christian Heidel (Mainz), Michael Zorc (Dortmund) und Rudi Völler (Leverkusen) mit siebeneinhalb Jahren Amtszeit der treueste unter den Bundesliga-Managern.

Herr Eberl, der Genuss beim Fußball kommt für die Handelnden oft zu kurz. Wann haben Sie zum letzten Mal ein Spiel oder einen Erfolg richtig genießen können?

Max Eberl: Harte Frage. Der Champions-League-Sieg von Barcelona mit Marc-André (ter Stegen, Ex-Gladbach-Torhüter, d. Red.) über Juventus Turin im vergangenen Sommer passt am besten.

Wäre das bemerkenswerte Champions-League-Spiel bei Manchester City ebenso ein Genuss gewesen, wenn Borussia damals die 2:1-Führung auch über die Zeit gebracht hätte . . .

Eberl: Unser Auftritt bei Manchester City war großartig, das Nonplusultra an Leistung, lässt man die letzten zehn Spielminuten weg. Da habe ich gesehen: Wir sind in der Lage, die Großen zu bespielen.

Ihr Traum von einem Titel mit Gladbach ist also nicht so weit weg.

Eberl: In Sachen Meisterschaft haben wir nur eine 0,1-Prozent-Chance. Aber ein Pokalfinalsieg ist drin. Deshalb taten die Pokalniederlagen gegen Bremen oder in der vergangenen Saison in Bielefeld besonders weh. Pokale unterstreichen nun einmal den Erfolg.

Was würde es für einen Borussia-Titel personell brauchen?

Eberl: Bezogen auf den vergangenen Sommer: Kruse und Kramer (nach Wolfsburg und Leverkusen, d. Red.) und damit zwei wichtige Spieler halten. Dazu 25 Millionen Euro ins Team investieren. Dann hätten wir nachhaltig eine Chance auf Platz zwei oder drei in der Bundesliga.

Tut Ihnen das Theater rund um Max Kruse weh, schließlich hat er in zwei Jahren bei Borussia 23 Tore in 66 Bundesliga-Spielen erzielt.

Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl (r.) im Gespräch mit Redakteur Michael Ryberg.
Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl (r.) im Gespräch mit Redakteur Michael Ryberg. © WAZ

Eberl: Max ist kein böser Mensch, er hat allerdings Eigentore geschossen, die ihm schaden. Bei uns hat er auch schon gepokert, aber immer seine Leistung gebracht. In Bochum habe ich früher einmal mit Peter Közle zusammen gespielt, der ein ähnlicher Typ war. Während seiner Zeit beim MSV besaß er eine Kneipe in Duisburg. Wenn es schlecht lief, hat man auch schnell die Schuld bei seinem Hobby gesucht.

Einige im Borussia-Umfeld haben den Eindruck, Sie stellen mit Granit Xhaka Ihren wertvollsten Spieler ins Schaufenster.

Eberl: Das stimmt nicht. Ich antworte lediglich auf die Fragen der Journalisten, die mir zu diesem Thema gestellt werden. Und ich mag diesen Vorwurf überhaupt nicht, denn wir wollen, dass Granit bleibt. Punkt.

Eine Champions-League-Qualifikation würde die Chance verbessern.

Eberl: Schaffen wir die nicht, dann könnte Granit gehen wollen. Da bin ich sicher nicht blauäugig.

Was würden Sie mit den 50 Millionen Euro machen, die angeblich der FC Arsenal auf die Theke legen will? Müssen Sie die bei Geschäftsführer Stephan Schippers abliefern, damit das geplante Borussia-Hotel zügiger gebaut werden kann.

Eberl: Sicher nicht. Das Geld würde in den Sport investiert werden.

Mit einer solchen Summe auf dem Konto könnte man ja sogar über Mario Götze nachdenken.

Eberl: Im Prinzip ja. Aber solche Spieler wollen um Titel ringen. Mario könnte ich die Aussicht auf eine Meisterschaft nicht versprechen. Viele Spieler wechseln vor allem wegen der reizvollen Perspektive. Das wäre bei Granit Xhaka mit der Premier League auch der Fall. Mehr Geld kommt dann noch obendrauf.

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Ihre Talente Andreas Christensen und Mahmoud Dahoud werden mit achtstelligen Premier-League-Summen in Verbindung gebracht, obwohl beide erst eine Dreiviertelsaison gut spielen.

Eberl: Das ist absurd. Ich habe in allen genannten Fällen inklusive Granit kein Angebot auf dem Tisch. Und ich betone es gern noch einmal: Wir wollen auch gar kein Angebot für ihn.

Auch kein Angebot von Chelsea, das ja Innenverteidiger Christensen für zwei Jahre ausgeliehen hat?

Eberl: Nein. Andreas haben wir mit Phantasie verpflichtet. Wir kannten ihn schon als Junior aus Dänemark. Er ist ein Edelstein, der im Profifußball nur schwer zu finden ist. Darauf kann unsere Scouting-Abteilung stolz sein.

Das denkt Gladbachs Sportdirektor Eberl über eine europäische Super-Liga 

Mal angenommen, Gladbach würde in der Bundesliga wieder Tabellendritter: Freuen Sie sich schon auf die Pläne einer Super-Super-Liga mit den vermeintlich besten 16 europäischen Mannschaften?

Eberl: Ich habe von den Vorschlägen gelesen. Meine Meinung, unabhängig von Borussia: Dann wären die großen Klubs unter sich, und es entstünde eine geschlossene Gesellschaft. Eine solche Liga hätte aber nichts mehr mit dem Volkssport Fußball zu tun.

Bisher ist die Solidarität in der Bundesliga sehr ausgeprägt. Was halten Sie von dem Vorhaben einiger Klubvertreter, zugkräftigen Traditionsvereinen künftig mehr Fernsehgeld zukommen zu lassen?

Eberl: Man darf sich nicht hinter seiner Tradition verstecken. Der sportliche Erfolg muss im Vordergrund stehen und belohnt werden. Die Solidarität muss bleiben.

Wären Sie gern mal ein Sportdirektor in einem Klub ohne monetäres Limit?

Eberl: Ich weiß nicht, ob ich da bessere Entscheidungen treffen würde ohne eine planbare Grundlage. Endloser Geldfluss mündet schließlich nicht automatisch im sportlichen Erfolg.