Färjestaden. . Dzsenifer Marozsan ist erst 21 Jahre alt, gilt aber als Topfußballerin und soll bei der Europameisterschaft auch am Mittwoch gegen Norwegen das Spiel der deutschen Frauen gestalten. Das Viertelfinale hat das DFB-Team schon erreicht.

Kilometerlange Strände, blauer Himmel, frische Seeluft. Die königliche Familie Schwedens kann sich ja nicht irren. Regelmäßig sucht sie die Insel Öland mit ihren mehreren Dutzend Badestränden auf. Gleich hinter der Brücke, die das langgezogene Natureiland mit der Stadt Kalmar verbindet, im Hauptort Färjestaden, hat das deutsche Frauen-Nationalteam sein Quartier bezogen und mehrere Gebäude im Blockhaus-Stil belegt.

Zur Besprechung vor dem letzten EM-Gruppenspiel gegen Norwegen (heute 18 Uhr/ARD) ist Dzsenifer Marozsan entspannt über den asphaltierten Vorplatz geschlendert, auch wenn die 21-Jährige natürlich weiß, dass auf ihr besondere Erwartungen lasten. Die Banner und Flaggen, die an den Hauptstraßen in Kalmar im Wind flattern, zeigen wechselweise Nadine Angerer und Dzsenifer Marozsan. Die Torhüterin und die Taktgeberin als Aushängeschilder des Titelverteidigers.

Lewandowski-Agent als Berater

„Man bekommt das schon mit“, sagt die befähigte Spielmacherin, „ich versuche einfach, hier mein Bestes zu geben.“ Dabei scheint bei ihr das Beste gerade gut genug. Silvia Neid spart im Zusammenhang mit ihrer Nummer zehn nicht an Lob: „Technisch hat sie alles drauf: viel Spitzwitz, guter Schuss und tolle Pässe. Sie muss nur noch Konstanz in ihre Leistungen bringen.“ Die Bundestrainerin sieht in der in Budapest geborenen Fußballerin genau jenen Spielertyp, der 2011 so schmerzlich vermisst wurde – das WM-Event in Deutschland verpasste das Toptalent wegen eines Innenbandrisses im Knie. „Damals war ich am Boden und bin nach Spanien in den Urlaub gefahren.“

Nun wäre sie mittendrin. Das Viertelfinale ist dank des Remis zwischen Dänemark und Finnland erreicht. Schon mit einem eigenen Remis ginge es als Gruppenerster in Kalmar weiter, als Gruppenzweiter wäre Växjö die Alternative. Nach möglichen Reiserouten hat sich nun auch Maik Barthel erkundigt, denn der wegen seines Klienten Robert Lewandowski zu einer zweifelhaften Berühmtheit gelangte Berater hat die Hochbegabte Anfang Mai für die Eurosportsmanagement GmbH unter Vertrag genommen – als erste Frauenfußballerin im Portfolio.

„Dzsenifer Marozsan hat ein außergewöhnliches Talent“, betont Barthel. Bislang lagen die alleinigen Werberechte bei der von Siegfried Dietrich geführten Agentur Sidi-Sportsmanagement, mit der der Frauenfußball-Experte mehrere Nationalspielerinnen vermarktet und den 1. FFC Frankfurt lenkt. Dort spielt Dzsenifer Marozsan seit 2009 und besitzt laut Dietrich einen unlängst bis 2016 ausgedehnten Vertrag, „um erfolgreich zusammenzuarbeiten“. Von einer Beraterfehde will der FFC-Manager nichts wissen: „Maik Barthel und ich versuchen, gemeinsam einige Sachen auf den Weg zu bringen. Wichtig ist, dass der Druck auf Dzsenifer nicht zu groß wird.“

Ist dafür hilfreich, dass künftig zwei Agenturen daran zerren und damit prahlen, „unsere beste Fußballerin“ (Neid) ins Schaufenster zu stellen? Die Spielerin selbst hat darüber noch keine Silbe verloren, sondern lieber erwähnt, wer wirklich ihr wichtigster Ratgeber sei: Vater Janos Marozsan, ungarischer Nationalspieler und langjähriger Erstligaspieler bei Honved Budapest. Wegen eines Engagements beim 1. FC Saarbrücken zog die Familie 1996 um und blieb für immer in Deutschland.

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Klar, dass die familiäre Bande die prägende Brücke bildet. Täglich komme es auch während des Turniers zum Telefonat mit dem Papa, erzählt Dzsenifer Marozsan. „Seine Meinung ist mir wichtig.“ Der Vater möchte das Viertelfinale noch abwarten, „wenn er kommen würde, dann erst zum Halbfinale“, verrät die Tochter, die mit nicht einmal 15 Jahren in der Frauen-Bundesliga debütieren durfte und zuletzt als beste Spielerin der U-20-WM prämiert wurde.

Dass Dzsenifer Marozsan mittlerweile öfter hört, dass sie als Juwel bezeichnet wird, ringt ihr ein leichtes Stirnrunzeln ab. Ist der Rucksack mit den Erwartungen denn bei ihrem ersten Turnier im A-Team nicht schon schwer genug? Beim 0:0 gegen die Niederlande wirkte sie blockiert, beim 3:0 gegen Island dagegen wie befreit. „Ich denke, dass wir uns alle noch steigern können“, versichert sie artig. Wie die 20-fache Nationalspielerin, die im Kader definitiv nicht die Austrainierteste und die Schnellste ist, sich nun gegen größere Kaliber wie Norwegen durchsetzt, könnte entscheidend dafür werden, ob deutsche Fußballerinnen in Südschweden so lange verweilen, wie das von Mitgliedern der königlichen Familie zu hören ist.