Essen. Die SGS Essen ist einer der drei letzten reinen Frauenklubs in der Bundesliga. Der Verein bildet Topspielerinnen aus - die Großen profitieren.

Sie werden wieder der Außenseiter sein. Wie so häufig, wenn die Großen der Frauen-Bundesliga gegen die SGS Essen spielen. An diesem Samstag (13 Uhr/Magenta) zum Beispiel kommt der FC Bayern München ins Stadion an der Essener Hafenstraße.

Doch längst sind es nicht mehr nur der Titelverteidiger aus München oder der VfL Wolfsburg – die Großen beim derzeitigen Blick auf die Tabelle der Frauen-Bundesliga sind auch die TSG Hoffenheim, Eintracht Frankfurt und Bayer Leverkusen. Klubs, die ihre Stärke auch aus der Unterstützung eines Männer-Bundesligisten beziehen. Reine Frauenvereine, wie sie bei der Gründung der Liga im Jahr 1989 noch selbstverständlich waren, sind mittlerweile die Ausnahme.

Schalke und Dortmund haben Frauenabteilungen gegründet

Zeiten ändern sich, und im Frauenfußball geschieht dies rasant. In der Bundesliga sind Turbine Potsdam, der SC Sand und die SGS Essen unter den zwölf Teams die letzten reinen Frauenklubs. Vorbei sind auch die Zeiten, in denen Vereine wie Umeå IK aus Schweden und Fortuna Hjørring aus Dänemark im Finale der Champions League stehen. Dieses Jahr spielten der FC Chelsea und der FC Barcelona um den Titel der Königsklasse.

Klubs wie der FCR 2001 Duisburg oder der FFC Brauweiler Pulheim 2000 sind verschwunden, stattdessen spielen sie nun als MSV Duisburg (2. Liga) und 1. FC Köln. Selbst der 1. FFC Frankfurt, einst Dominator des Welt-Frauenfußballs, geht seit der vergangenen Saison als Eintracht Frankfurt auf Torejagd, der FC Schalke und Borussia Dortmund haben unlängst ebenfalls Frauenabteilungen gegründet.

Engagement der "Männerklubs" soll den Fußball verändern

Der Frauenfußball wird zwar nicht direkt zur Männerdomäne, aber längst sind es die ressourcenstarken Großvereine aus dem männlichen Bereich, die den Frauenfußball verändern. „Die Kooperation mit einem Männerverein ist grundsätzlich sinnvoll, um den Frauenfußball dort unterzubringen, wo die besten Strukturen und Möglichkeiten bestehen“, sagte Siegfried Dietrich, langjähriger Manager des 1. FFC Frankfurt, damals anlässlich des Zusammenschlusses. Er prophezeite: „Unser Champions-League-Titel 2015 war wahrscheinlich der letzte Sieg eines eigenständigen Frauenfußballklubs.“

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Jüngst forderte noch einmal Herbert Hainer, Präsident des FC Bayern, ein erhöhtes Engagement der Männer-Bundesligisten im Frauenfußball. Allgemein gilt ohnehin der Tenor: Die Bundesliga soll populärer, die Klubs im Vergleich zur wachsenden europäischen Konkurrenz wieder schlagfertiger werden. Doch ist das Engagement der Männerklubs die schnelle Lösung? „Momentan noch nicht“, sagt Guido Lutz, Aufsichtsratsmitglied der SGS Essen und Mitglied im DFB-Ausschuss der Frauen-Bundesligen. „Ich glaube nicht, dass der Frauenfußball derzeit schon so weit ist.“

Denn nur die Bayern, Wolfsburg und Frankfurt können ihre Spielerinnen derzeit so bezahlen, dass diese davon leben können. Die SGS selbst füllt deshalb die Nische des Ausbildungsvereins. Das Zusammenspiel aus gutem Scouting, starker Jugendarbeit und der richtigen Förderung der Spielerinnen neben Studium und Beruf haben die familiär geführte SGS seit Jahren zum Lieferanten für die Nationalmannschaft und die großen Bundesligaklubs werden lassen. Bei der WM 2019 stellte die SGS die meisten deutschen Spielerinnen ab. Linda Dallmann, Marina Hegering, Lea Schüller (alle jetzt beim FC Bayern), Lena Oberdorf und Turid Knaak (beide VfL Wolfsburg) waren schließlich nicht mehr zu halten.

Aus Ex-Essenerinnen könnte man eine Traumelf bilden

Mit den Spielerinnen, die Essen in den vergangenen Jahren verließen, könnte heute eine Traumelf gebildet werden. „Das ist der Lauf der Dinge im Fußball“, findet Lutz. Stolz sei man im Essener Stadtteil Schönebeck trotzdem darauf und sieht so auch weiterhin eine Daseinsberechtigung in der zunehmend professionelleren Bundesliga. „Man muss seine Nische finden, das richtige Konzept dafür haben und die Sache dann ordentlich durchziehen“, findet Lutz.

Es sind die kämpferischen Worte eines Außenseiters, der in den vergangenen Jahren aber auch immer wieder mal die Großen ärgern konnte. Guido Lutz: „Hoffen wir, dass uns das nun gegen Bayern auch gelingt.“