Frankfurt. Der DFB will den Frauenfußball stärken. Das Vorbild ist England. Im März sollen Kampagnen abgesegnet werden.
Die Idee kommt aus England. Und die im Deutschen Fußball-Bund (DFB) für Verbände, Vereine und Ligen zuständige Heike Ullrich hat auch kein Problem damit, sich das Vorhaben von der Insel gewissermaßen „geklaut“ zu haben: In diesem Jahr soll es auch in Deutschland ein Wochenende geben, an dem Fußballfans in erster Linie bei kickenden Frauen und Mädchen zuschauen sollen. „Wir wünschen uns, sich entweder bei einem Spiel der Frauen-Bundesliga einzufinden oder der achtjährigen Tochter oder Cousine zuzusehen, die noch bei den Jungs mitspielt“, erklärte Ullrich. Auf der nächsten DFB-Präsidiumssitzung im März sollen die entsprechenden Kampagnen bereits abgesegnet werden.
Vor dem Start der Bundesliga-Rückrunde am Freitag, 14. Februar, mit dem Spitzenspiel des Tabellenersten VfL Wolfsburg bei Verfolger TSG Hoffenheim (19.15 Uhr/Eurosport) beschäftigt sich der Verband intensiv mit der Außenwirkung seiner besten Frauen-Liga.
Für den DFB ist es auch eine Haltungsfragen
Ein erster Schritt ist das für die Länderspielpause im Oktober gewählte Wochenende mit Fokus auf den Fußball von Mädchen und Frauen. Genau ein halbes Jahrhundert ist es dann her, dass das Frauenfußball-Verbot in Deutschland offiziell aufgehoben wurde. Heute ist dem Verband und nicht zuletzt seinem neuen Präsidenten Fritz Keller sehr daran gelegen, Frauen und Mädchen gleichberechtigt zu behandeln. „Man spürt im DFB, dass es eine Herzensangelegenheit ist“, versicherte Ullrich. „Wir malen das Gesamtbild, wir machen den ganzen Regenschirm auf. Da geht es auch um Haltungsfragen.“
Die 51-Jährige berichtete, dass das „Projekt Zukunft weiblich“ anders als bei Männern nicht nur auf den sportlichen Bereich ziele. Es geht schlicht auch um mehr Relevanz, Anerkennung und Zuspruch, zumal die deutsche Frauen-Nationalmannschaft 2020 durch die verpasste Olympia-Teilnahme kein echtes Highlight zu bieten hat. Dafür soll im zweiten Halbjahr ein Länderspiel-Höhepunkt (gegen Weltmeister USA?) steigen, zuvor soll beim DFB-Pokalfinale der Frauen in Köln (30. Mai) der noch aus 2011 gütigen Zuschauerrekord (26.282) gebrochen werden.
Zuschauer-Interesse ist um rund 15 Prozent gestiegen
Um jeden Besucher kämpft auch die Frauen-Bundesliga in ihrem Alltag. Zwar bedeuten 954 Zuschauer im Schnitt nach 13 Spieltagen eine fast 15-prozentige Steigerung gegenüber dem Vorjahr, dennoch sind für die Zukunft andere Zahlen die Messlatte. Nach der ersten Sitzung des neu geschaffenen Ausschusses Frauen-Bundesligen spürt der Vorsitzende Siegfried Dietrich eine „echte Aufbruchsstimmung“. Sein Versprechen: „Es beginnt ein neues Zeitalter des Frauenfußballs.“ Konkrete Maßnahmen kann der 62-Jährige zwar noch nicht benennen, wünscht sich aber neue Meilensteine bei Medienarbeit oder Zuschauergewinnung. Zumal, wie der Manager des 1. FFC Frankfurt betonte, „wir ja sehen, was bei großen Vereinen im Ausland passiert“.
Obwohl sein Verein ab Sommer unter das Dach von Eintracht Frankfurt schlüpft und damit dann acht von 12 Frauen-Bundesligisten an Männer-Lizenzvereine angekoppelt sind, möchte Dietrich daraus keine Handlungsempfehlung ableiten. „Ich werde es noch erleben, dass sich alle großen Vereine im Frauenfußball engagieren. Dazu muss ich keine Werbezettel einwerfen.“
Fans des BVB wollen, dass über Frauen-Team gesprochen wird
Für die These spricht, dass jüngst die Südtribüne von Borussia Dortmund ein Banner mit entsprechender Aufforderung an den BVB zeigte oder sich das Präsidium des VfB Stuttgart beim DFB erkundigt hat.
Aber auch etablierte Vereine aus der Frauen-Bundesliga sind aufgefordert, mehr zu tun. Die mancherorts noch stiefmütterliche PR-Arbeit soll mit der Auflage zur Beschäftigung hauptamtlicher Pressesprecher ab der Saison 2021/22 begegnet werden, auch Flutlicht wird in absehbarer Zeit verpflichtend vorgeschrieben. Denn immerhin hat die TV-Präsenz durch regelmäßige Übertragungen bei Eurosport und in der ARD-Sportschau zugenommen. Kumuliert mehr als 100 Millionen Zuschauer dürften am Ende der Saison mit der Frauen-Bundesliga in Berührung gekommen sein – bis zur breiten Verankerung in der Bevölkerung ist es dennoch ein weiter Weg.
Bis dahin steht für die Ruhrgebiet-Klubs MSV Duisburg und SGS Essen weiterhin Bundesliga-Alltag an. Zum Rückrundenstart treffen am 16. Februar (14 Uhr) beide im Derby aufeinander. Für die Fußballfans im Revier eine gute Möglichkeit, zu schauen, was die Frauen-Bundesliga zu bieten hat.