Grenoble. Martina Voss-Tecklenburg hat viele mutige Personalentscheidungen getroffen. Ein Wagnis, das sich bei der WM bezahlt gemacht hat. Ein Kommentar.

Sie war angetreten mit dem jüngsten Team des Turniers, mit 15 WM-Neulingen – mit viel Druck. Und nun das: Vorrundenerster mit drei Siegen, 3:0-Erfolg im Achtelfinale, kein Gegentor kassiert. Perfekter kann eine WM wahrlich nicht laufen für eine neue Bundestrainerin. Martina Voss-Tecklenburg wirkte nach dem Viertelfinaleinzug sehr zufrieden. Zu Recht.

Das Team steigert sich von Partie zu Partie

Viele Personalentscheidungen der Bundestrainerin wirkten zunächst mutig, fast unorthodox. In Marina Hegering ließ sie eine 28-Jährige debütieren, die sechs Jahre kaum Fußball gespielt hatte. In Lena Oberdorf nahm sie eine 17-Jährige mit. Dazu viele weitere junge, international unerfahrene Spielerinnen. Ein Wagnis, das ihr hätte um die Ohren fliegen können, das sich aber nun doch bezahlt gemacht hat. Nicht immer wirkte die Abwehr sicher, im Spielaufbau knarzte es häufig, in der Offensive wurde manche Chance vertan. Doch das Team hat sich von Partie zu Partie gesteigert, die Entwicklungskurve zeigt nach oben, im Achtelfinale gegen Nigeria war die Passsicherheit besser als zuvor.

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Andere Teams wären verunsicherter aufgetreten, wenn sich im ersten Spiel direkt die Leistungsträgerin verletzt. Doch auch ohne Dzsenifer Marozsan haben sich die deutschen Frauen durchgebissen. Nun kommt Marozsan im Viertelfinale zurück. Damit dürfte Deutschland noch ein Stück stärker sein.

Keine WM-Touristen mehr

Martina Voss-Tecklenburg hat diese Erfolge mit einer Kombination aus Begeisterungsfähigkeit, Leidenschaft, Fachwissen und unendlich viel Erfahrung geschafft. Sie hat ihr Team mitgerissen, ihm mit Hinzunahme der Rekordnationalspielerin Birgit Prinz als Teampsychologin mentale Stabilität verliehen. Und sie weiß um die Freiräume, die Spielerinnen brauchen, um Abwechslung vom Trainingsalltag zu bekommen. Nicht umsonst mischen sich ihre Spielerinnen stets unter die Touristen an den Spielorten. Allerdings: Über den Status als WM-Touristen sind die deutschen Fußballerinnen längst hinaus.