Rennes. Das war knapp: Die DFB-Frauen siegen 1:0 zum WM-Auftakt, doch hatten große Probleme gegen die Chinesinnen. Gwinn erzielt das Tor des Tages.
Sie klatschten sich ab, umarmten sich, lächelten. Denn es war der erhoffte Start: Mit 1:0 (0:0) gewannen die deutschen Fußballfrauen am Samstag ihr erstes Spiel der WM gegen China und liegen damit voll auf Kurs: Etappenziel in Frankreich ist Platz eins in der Gruppe B, um einem eventuellen Achtelfinale gegen die USA aus dem Weg zu gehen. Gleichwohl: Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat bis zum nächsten Spiel noch einige Arbeit vor sich.
Knapp zwei Stunden zuvor: Martina Voss-Tecklenburg stand an der Seitenlinie, als die deutsche Nationalhymne aus den Lautsprechern ertönte. Das Stadion im nordwestfranzösischen Rennes war mit 15.283 Zuschauern gefüllt (mehr als 29.000 passen hinein), ihre Startelf stand auf dem Rasen, Hand in Hand. „Ich bin überzeugt, dass wir bereit sind, den ersten großen Schritt zu machen", hatte die Bundestrainerin vor dem WM-Auftakt gesagt. Nun stand sie da, mit angespannten Gesichtszügen. Gleich würde es losgehen und die Frage beantwortet werden, wie wettbewerbsfähig ihr Team in diesem Turnier der Weltbesten sein würde.
Eigentlich im Umbruch
Immerhin gab es einige Fragezeichen. Wie fit ist Torhüterin Almuth Schult, die sich in den Wochen vor dem Turnier mit einer Schulterverletzung herumplagte und auch im finalen Testspiel gegen Chile kaum gefordert wurde? Wie eingespielt würde sich die Mannschaft überhaupt präsentieren nach einer recht kurzen Vorbereitungszeit und den vielen WM-Debütantinnen? Zwei Jahre nach dem EM-Viertelfinal-Aus unter Steffi Jones in den Niederlanden befindet sich die deutsche Auswahl eigentlich im Umbruch. Martina Voss-Tecklenburg ist erst ein halbes Jahr im Amt, das DFB-Team die fünftjüngste Mannschaft der 24 Teilnehmer. 15 Spielerinnen sind erstmals bei einer WM dabei. Egal, die Bundestrainerin hatte sich am Samstagmorgen noch einmal bei Facebook geäußert und ein Bild des WM-Pokals geposted: „Auch mit einem jungen Team im Neuaufbau darf man Träume und ein Ziel haben: am 7. Juli in Lyon zu spielen. Da ist das Objekt der Begierde!
Nun aber wurde es ernst. 15 Uhr, die Nationalhymne war verklungen und die kanadische Schiedsrichterin Marie-Soleil Beaudoin hatte sich in der Spielfeldmitte postiert: Anpfiff, die WM hatte nun auch für Deutschland begonnen.
Und sie begann vielversprechend. Sturmspitze Alexandra Popp hatte einen Querpass von Svenja Huth vor dem chinesischen Tor nur knapp verpasst, ein Distanzschuss von Sara Däbritz pfiff nur knapp am Kasten vorbei. Drei Minuten gespielt, zwei Chancen. Lange sah es so aus, als würden die deutschen Frauen dem Beispiel von Gastgeber Frankreich folgen, der am Vortag ein 4:0 gegen Südkorea zum WM-Auftakt hingelegt hatte. Ähnlich dominant präsentierte sich die DFB-Elf, China kam lange nicht mal in die Nähe des deutschen Strafraums. Die erste Chance hatte der Außenseiter dann in der 14. Minute, als Li Yangs Schuss rechts am Tor vorbeiging. Deutschlands Abwehrspielerin Sara Doorsoun hatte den Ball noch abgefälscht, nachdem sie die Chance zuvor durch ihren Fehlpass eingeleitet hatte.
Verbalde Duelle mit Chinas Coach
Die Bundestrainerin lieferte sich währenddessen verbale Duelle mit Chinas Coach Jia Xiuquan. Dessen Spielerinnen zeigten sich zunehmend von ihrer härteren Seite, störten den Spielfluss immer wieder durch Fouls. Mal lag Dzsenifer Marozsan am Boden, mal Alexandra Popp, mal Carolin Simon. Und das deutsche Spiel litt. Ideenlos ging es m Angriff zu, zerfahren war agierte die Abwehr. In der 44. Minute rette der Pfosten vor dem Führungstor durch Li Yang.
Martina Voss-Tecklenburg war nicht zufrieden, ihre graue Anzugsjacke hatte sie in der zweiten Halbzeit auf die Bank gepfeffert, doch wirklich besser lief es zunächst nicht. Für angeschlagene Mittelfeldspielerin Carolin Simon hatte sie die erst 17-Jährige Lena Oberdorf von der SGS Essen gebracht. Geduld war gegen die nun extrem defensiv eingestellten Chinesinnen gefragt – und Mut. Den hatte Giullia Gwinn schließlich in der 66. Minute: Eine abgewehrte Ecke landete bei der 19-Jährigen vom SC Freiburg, sie zog ab und der Ball flog durch die Reihen der chinesischen Abwehrspielerinnen ins Tor. Die Erlösung. Der Siegtreffer.
Doch die Fragen bleiben: Torhüterin Schult konnte sich nur in wenigen Szenen präsentieren. Und wie wettbewerbsfähig das deutsche Team ist, kann nach der zähen und nervös geführten Partie gegen China auch nur bedingt eingeschätzt werden. Sicher ist aber: Folgegegner Spanien wird am Mittwoch in Valenciennes (18 Uhr/ZDF) ein anderes Format haben.