Frankfurt/Essen. Frauenfußball-Bundestrainerin Voss-Tecklenburg nominiert den WM-Kader. Frech und ironisch präsentieren sich die Spielerinnen in einem Werbeclip.

In England war die Inszenierung eine königliche. Prinz William war einer der Prominenten, die vergangene Woche in einem Video die Namen der Spielerinnen verkündeten, die das Land bei der Fußball-WM der Frauen ab 7. Juni in Frankreich vertreten werden. David Beckham war ein anderer, auch Schauspielerin Emma Watson nannte eine der 23 Spielerinnen. In Deutschland war die Inszenierung des WM-Kaders am Dienstag ein wenig zurückhaltender. Kein royaler Glanz, keine Hilfe aus Hollywood, keine Worte.

Ziel ist die Olympia-Qualifikation

Stattdessen saß Martina Voss-Tecklenburg lächelnd vor den Reportern in Frankfurt, als die von ihr ausgesuchten Namen in einem kurzen Video zu lesen waren. Sagen musste die Bundestrainerin in diesen knapp zwei Minuten ohnehin nicht viel, denn große Überraschungen blieben aus. Deutschland startet am 8. Juni gegen China mit einer Mischung aus erfahrenen und jungen Spielerinnen in das Turnier der Weltbesten. Mit jener Mischung, auf die die 51-jährige Bundestrainerin seit ihrem Amtsantritt im vergangenen  November setzt.

Symbolträchtige Inszenierung

Mehr Symbolkraft hatte dagegen der Ort der Inszenierung. Der Firmensitz des Hauptsponsors steht im Frankfurter Bankenviertel, im mit 259 Metern höchsten Hochhaus Deutschlands. Hoch wie die Erwartungen an das deutsche Team. Zwar vermied Voss-Tecklenburg das Wort Weltmeister, aber um die von der Bundestrainerin  anvisierte direkte Qualifikation für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio zu erreichen, muss ihr Team das Turnier als eine der drei besten europäischen Mannschaften beenden. „Wir müssen also das Viertelfinale, möglicherweise sogar das Halbfinale erreichen“, sagte die 51-Jährige. Doch Schritt für Schritt: „Erst einmal zählt der Gruppensieg. Dann beschäftigen wir uns mit der K.o.-Phase.“

Kampf gegen Vorurteile

Genug Selbstvertrauen zeigte das Team schon mal in einem vorab präsentierten Werbeclip des Sponsors. „Seit es uns gibt, treten wir nicht nur gegen Gegner an, sondern auch gegen Vorurteile: Frauen sind zum Kinderkriegen da! Gehören in die Waschküche! Wie Amateurfußball – nur in Zeitlupe. Aber weißt du was: Wir brauchen keine Eier – wir haben Pferdeschwänze“ hieß es da frech und ironisch. Auch Voss-Tecklenburg war in dem Video zu sehen. Sie nippte entspannt an einer Kaffeetasse – eine Anspielung auf die Prämie des Deutschen Fußball-Bundes für den ersten EM-Titel der deutschen Fußballerinnen 1989: Es gab ein Kaffeeservice.

Entspannt wirkte Voss-Tecklenburg auch am Dienstag. Das Grundgerüst von 19 Spielerinnen hatte sie schon im April nach den Testpartien in Schweden (2:1) und gegen Japan (2:2) im Kopf. Darunter die Wolfsburgerin Lena Goeßling, mit 104 Länderspielen die erfahrenste Spielerin im Kader. Auch Spielführerin Alexandra Popp und Dzsenifer Marozsan, jüngst zum zweiten Mal in Folge zu Frankreichs Fußballerin des Jahres gekürt. Sie wurden mit dem deutschen Team in Brasilien Olympiasiegerinnen, wie auch Leonie Maier, Melanie Leupolz, Sara Däbritz, Svenja Huth und die Torhüterinnen Almuth Schult und Laura Benkarth. Sie sind die Erfahrenen. Für insgesamt 15 Spielerinnen ist es allerdings die erste WM, da auch Huth noch nie bei einer Endrunde dabei war.

Auch Essener in Lena Oberdorf im Kader

 Jüngste Spielerin ist die 17-jährige Lena Oberdorf von der SGS Essen. Der Klub aus dem Ruhrgebiet stellt mit Linda Dallmann, Marina Hegering, Turid Knaak, Lea Schüller und Oberdorf nach dem FC Bayern München (7) den zweitgrößten Block eines Vereins, noch vor Double-Sieger VfL Wolfsburg (4). Ein großes Fragezeichen steht allerdings hinter der Fitness von Torhüterin Almuth Schult. Die 28-Jährige vom VfL Wolfsburg ist an der Schulter verletzt, im Trainingslager soll entschieden werden, ob sie mitfliegt. Sollte Schult ausfallen, würde wohl Merle Frohms zur Nummer eins aufsteigen und Lisa Schmitz in den Kader nachrücken.