Düsseldorf. Adam Bodzek lebt Fortuna Düsseldorf - und kennt die Relegation. Vor dem Spiel gegen den VfL Bochum verrät er im Interview, worauf es ankommt.
Fortuna Düsseldorf steht an der Schwelle zur Fußball-Bundesliga. Am Donnerstag, 23. Mai, 20.30 Uhr, und am Montag, 27. Mai, 20.30 Uhr, kann das Team von Trainer Daniel Thioune in den beiden Relegationsspielen gegen den VfL Bochum den Aufstieg perfekt machen. Einer, der die Besonderheiten und den Wahnsinn, den zwei solche Relegationsspiele mit sich bringen können, bestens kennt, ist Adam Bodzek.
Der heute 38 Jahre alte Mittelfeldspieler war Teil der Düsseldorfer Mannschaft, die 2012 Hertha BSC in einer dramatischen Relegation ausschaltete. Im Gespräch mit dieser Redaktion erinnert sich Bodzek an einen verfrühten Platzsturm, bange Momente auf dem Weg in die Kabine und Wochen der Ungewissheit, ehe der Düsseldorfer Aufstieg feststand.
Darüber hinaus spricht Bodzek auch über den gerade abgestiegenen MSV Duisburg. Bei den Zebras wurde Bodzek im Sommer 2005 zum Profi, ehe er sich im Januar 2011 der Fortuna anschloss. Dort wird er, nach zwei Jahren bei der zweiten Mannschaft, im Sommer seine Karriere beenden. Wie es danach weitergeht, ist schon geklärt.
Fortuna Düsseldorf beim VfL Bochum: Bodzek schwärmt vom Ruhrstadion
Herr Bodzek, Sie haben mit Fortuna Düsseldorf schon zwei Aufstiege erlebt. Was würde der Sprung in die Bundesliga für den Verein und die Stadt bedeuten?
Adam Bodzek: Das würde eine komplette Euphorie lostreten, die die Stadt und der Verein auch gebrauchen können. Mit „Fortuna für alle“ wurde in dieser Saison ein Super-Projekt in die Wege geleitet, das es neben anderen Dingen Menschen ermöglicht, kostenlos ins Stadion zu kommen. Wenn sich das mit dem Aufstieg in die Bundesliga fortsetzen ließe, könnte das auch der Weiterentwicklung des Vereins noch einmal einen großen Push geben.
Dafür müsste Fortuna Düsseldorf zunächst den VfL Bochum aus dem Weg räumen. Am Ende waren neben dem VfL auch noch der 1. FC Köln, Union Berlin und Mainz 05 in der Verlosung. Welcher Gegner wäre Ihnen denn am liebsten gewesen?
Das nimmt man am Ende immer, wie es kommt. Jeder Gegner hat seine Qualitäten und seine Schwächen, die man ausnutzen kann. Über allem steht für mich aber, dass Fortuna bei jedem Gegner, der möglich gewesen wäre, auf sich selbst schauen und sein eigenes Spiel durchbringen kann. Das gibt mir ein gutes Gefühl. Natürlich ist Bochum der Erstligist, die Favoritenrolle liegt ein Stück weit bei ihnen. Nach dieser Saison, die Fortuna mit jetzt 14 Ligaspielen in Serie ohne Niederlage gespielt hat, können sie aber mit breiter Brust in die Relegation gehen.
Am Donnerstag geht es zuerst nach Bochum ins Ruhrstadion. Ein Stadion, in dem eine spezielle Stimmung herrscht. Sie haben selbst auch schon dort gespielt. Was wird da auf Fortuna zukommen?
Es ist ein sehr enges Stadion. Ich persönlich finde es schön. Das Stadion hat einen altmodischen Charakter. Kurze Wege, die Zuschauer sind nah am Spielfeld. Die Bochumer spielen sehr leidenschaftlich. Die Fans tragen viel dazu bei, dass ein gewisser Stress aufkommt. Wir haben aber auch ein paar Jungs im Kader, die das Stadion schon kennen und den anderen das vermitteln können. Die Relegation ist ohnehin speziell. Es sind zwei Spiele, in denen es um alles geht. Die Jungs sollen sich einfach freuen, Relegation zu spielen und das zu erleben. Bestenfalls bringen sie aus Bochum ein gutes Ergebnis mit.
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Sie sprechen es an: Die Relegation ist speziell. Sie selbst haben zwei Relegationsspiele gespielt. Worauf kommt es in solchen Momenten an?
Man muss die normalen Abläufe so weit wie möglich beibehalten. Alles andere passiert ohnehin um die Mannschaft herum. Man muss den Plan, den man sich zurechtlegt, verfolgen und bestmöglich umsetzen. Unsere Mannschaft hat über die Saison hinweg gezeigt, dass sie geduldig sein und ein Spiel kontrollieren kann. Ich denke, dass das auch in der Relegation helfen wird.
Relegation 2012: Bodzeks Erinnerungen an Düsseldorfs Drama gegen Hertha BSC
Sie haben mit der Relegation auch eine besondere Erfahrung...
Das kann man so sagen. 2012 war im Hinspiel gegen Hertha BSC noch alles in Ordnung, im Rückspiel ist dann aus Freude alles etwas durcheinandergeraten. Da hatte ja niemand eine böse Absicht. Es gab den legendären Platzsturm mit der minutenlangen Unterbrechung. Bei dem ganzen Nachspiel, das noch kam, war die Stimmung etwas getrübt.
Nach dem 2:1-Sieg im Hinspiel stand es im Rückspiel 2:2, als Ranisav Jovanovic in der Nachspielzeit frei auf das Hertha-Tor zulief und Fortuna zum Aufstieg hätte schießen können. Doch er hat den Ball vorbeigeschoben...
Genau, dann dachten die Leute, der Schiedsrichter hätte abgepfiffen. Sie haben den Platz gestürmt. Alle Spieler haben relativ schnell realisiert, dass das eben noch nicht der Abpfiff war. Der Platz war voller Menschen, war aber relativ schnell wieder frei. Im Gegensatz dazu, wie es im Nachhinein geschildert wurde, hatte ich nicht das Gefühl, dass es eine Gefahr gab.
Was geht einem als Spieler in diesem Moment durch den Kopf?
Im ersten Moment hatte ich noch keine Angst um den Aufstieg. Als wir dann in die Kabine gerufen wurden, habe ich angefangen, nachzudenken: Pfeift der Schiedsrichter nochmal an? Ist der Platz noch bespielbar? Da gehen die Gedanken dann los.
Nach mehr als zwanzigminütiger Unterbrechung wurde weitergespielt. Fortuna hat das 2:2 verteidigt und ist aufgestiegen. Was ging in Ihnen vor, als es vorbei war?
Es war die pure Freude. Wir sind als klarer Underdog in die Relegation gegangen und haben es geschafft. Nach starker Hinrunde hatten wir in der Rückrunde geschwächelt und uns nur über die Tordifferenz in die Relegation gerettet. Dazu war der Modus Relegation selbst noch neu. Nach der langen Leidenszeit von Fortuna Düsseldorf, die sich aus der vierten Liga hochgekämpft hatten, war das einfach überwältigend.
Gibt es eine Anekdote aus der Partynacht, die Sie hier erzählen können?
Nein, eben nicht. Die Party war am Stadion, dann sind wir losgedüst. Und dann kamen schon die ersten Nachrichten, dass Hertha Einspruch einlegen würde. Da kam schon ein fader Beigeschmack auf, wir wussten nicht, ob unser Aufstieg Bestand haben würde. Auch ein Wiederholungsspiel war im Gespräch. Wir wurden ins Rathaus eingeladen, und es sollte eine feierliche Zeremonie geben. Es ging aber immer nur darum, ob Hertha Einspruch einlegen und damit Erfolg haben würde. Dazu mussten wir uns auf dem Platz für ein mögliches Wiederholungsspiel fithalten. Wir haben nicht viel gefeiert.
Gab es noch eine Partynacht, als der Aufstieg letztendlich in Stein gemeißelt war?
Als die Entscheidung für unseren Aufstieg fiel, waren viele schon im Urlaub. Ein paar Jungs waren auch schon bei anderen Vereinen. Wir sind noch einmal im kleinen Kreis zusammengekommen, mehr aber auch nicht.
Fortuna Düsseldorfs Adam Bodzek leidet mit seinem Ex-Klub MSV Duisburg
Ein paar Kilometer nördlich von Düsseldorf ist die Stimmungslage eine komplett andere. Der MSV Duisburg ist zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte in die Regionalliga West abgestiegen. Wie sehr leiden Sie mit dem Klub, bei dem Sie im Jahr 2005 Profi geworden sind?
Ich habe es natürlich verfolgt und finde es extrem schade. Jeder Abstieg von Traditionsklubs, die man in anderen Gefilden erwartet, ist schmerzhaft. Wenn es dann der Verein ist, bei dem man Profi geworden ist und seine ersten Bundesliga-Spiele gemacht hat, schmerzt das umso mehr.
Gibt es noch Kontakt zum MSV Duisburg?
Auf jeden Fall. Ich spreche regelmäßig mit Uwe Schubert. Unter ihm bin ich zum MSV gekommen und Profi geworden. Es ist sehr schade, dass auch er den MSV Duisburg nicht mehr retten konnte.
Für den MSV geht es voraussichtlich in der Regionalliga West weiter. Sie kennen die Liga bereits, spielen mit Fortuna Düsseldorf II ihr zweites Regionalliga-Jahr. Was können Sie dem MSV Duisburg, der als großer Traditionsklub neu dazukommt, raten?
Etwas zu raten, ist natürlich schwer. Ich denke, dass es beim MSV Duisburg genügend Menschen mit Fußball-Expertise gibt, die sich damit schon beschäftigt haben. Man kann die Liga auf jeden Fall nicht auf die leichte Schulter nehmen. Immer wieder rüsten Mannschaften auf und investieren gut. Fortuna Köln etwa oder der SV Rödinghausen. Dazu sind immer wieder gute U23-Mannschaften dabei. Ich denke nicht, dass es für den MSV ein Selbstläufer wird. Wenn sie es schaffen, ihre Fans zu mobilisieren, haben sie aber natürlich ein Faustpfand. Man fährt auf Bezirkssportanlagen, wo alles kleiner ist als in der 3. Liga. Man muss die Liga physisch und mental annehmen.
Sie sind als gestandener Bundesliga- und Zweitligaspieler in die Regionalliga West gekommen. Wie haben Sie diese Umstellung gemeistert?
Ich habe schnell gemerkt, dass ich mich voll fokussieren muss und, dass es nicht einfach so funktioniert. Viele talentierte U19-Spieler, für die es bei Bundesligisten nicht weitergeht, nehmen den Weg über die Regionalliga. Dazu kommen ehemalige Zweit-, oder Drittligaspieler, die es bei ambitionierten Regionalligisten noch einmal wissen wollen. Umgekehrt sind in den vergangenen Transferperioden viele Spieler den Weg aus der Regionalliga in die zweite Liga gegangen. Da fällt mir etwa der 1. FC Magdeburg ein, der viel in der vierten Liga gescoutet hat.
Karriereende bei Fortuna Düsseldorf: Bodzeks Plan als Nachwuchstrainer
Für Sie ist nach 13 Jahren Fortuna Düsseldorf nun im Sommer endgültig Schluss. Wie schwer ist Ihnen der Schritt zum Karriereende gefallen?
Schwer war es nicht, aber ich gehe natürlich mit einem weinenden Auge. Wer hört schon gerne auf? Das Spiel macht mir Spaß, es ist Leidenschaft dabei. Am liebsten würde ich bis zu meinem Lebensende spielen. Ich habe jetzt aber einen guten Plan, als Trainer ins Nachwuchsleistungszentrum (NLZ, d. Red.) zu gehen. Diesen Weg hatte ich schon in den vergangenen Jahren im Blick. Ich habe immer schon versucht, meinen Mitspielern etwas mitzugeben und viel zu kommunizieren. Ich freue mich, das jetzt ins NLZ einbringen zu können. In welcher Jugendklasse ich anfangen werde, steht noch nicht fest.
Was werden die Nachwuchsspieler zuerst von Adam Bodzek lernen?
Das werden wir sehen. Zunächst muss auch ich noch ein bisschen lernen. Ich war lange im Seniorenfußball und werde mich anpassen müssen. Grundsätzlich möchte ich erstmal Spaß und die Leidenschaft für den Fußball vermitteln.
Was hat Sie als Spieler in Ihrer Karriere ausgemacht?
Ich bin ein Teamspieler und habe einen großen Sieges- und Arbeitswillen. Natürlich hat man immer ein bisschen Talent dabei, aber ich bin immer eher über den Einsatz gekommen.
Dazu passt, dass Sie bei Fortuna Düsseldorf bei der ersten und zweiten Mannschaft insgesamt 109 Gelbe Karten gesammelt haben. Ein Vereinsrekord...
Natürlich hatte ich irgendwo eine harte Spielweise. Ich war mir nie zu schade, auch mal ein taktisches Foul für das Team zu ziehen oder ein wenig zu provozieren. Mit Blick auf die Anzahl der Spiele und Rote Karten ist das aber in Ordnung, finde ich.
+++ VfL in der Relegation: Forsche Töne von Fortuna Düsseldorf +++
Das wiederum passt zum VfL Bochum, der mit 97 Gelben Karten in dieser Saison die meisten aller Bundesliga-Klubs kassiert hat. Wenn wir nun noch einmal auf die Relegationsspiele schauen: Wieso wird Fortuna Düsseldorf am Ende als Aufsteiger in die Bundesliga feststehen?
Weil Daniel Thioune einen guten Plan zurechtlegen wird und die Jungs den umsetzen können werden. Wir haben in den vergangenen Wochen gezeigt, dass wir auch mit Mannschaften zurechtkommen, die tiefer stehen. Wir haben gute Konterspieler und mit Christos Tzolis einen Torschützenkönig der 2. Liga in unseren Reihen. Die Mannschaft hat mich in den vergangenen Wochen überzeugt. Deshalb habe ich für die Relegation ein gutes Gefühl.