Düsseldorf. Klaus Allofs spricht über die kommende Zweitliga-Saison mit vielen großen Klubs. Der 64-Jährige hofft auf die Strahlkraft von Schalke und Bremen.

Durch das Fenster schimmert der grüne Rasen des Düsseldorfer Stadions. Klaus Allofs setzt sich an einen großen Tisch, um über die 2. Bundesliga zu reden, in der sich so viele große Klubs wie selten tummeln. Der 64-Jährige hat als Verantwortlicher große Transfers bei Werder Bremen und dem VfL Wolfsburg getätigt. Seit September 2020 bastelt der gebürtige Düsseldorfer als Vorstand seines Heimatklubs daran, die Fortuna wieder in die höchste Spielklasse zu führen. Am Sonntag (13.30 Uhr/Sky) startet die neue Saison mit einem Auswärtsspiel beim SV Sandhausen.

Herr Allofs, hätten Sie erwartet, in dieser Saison auf ihren Ex-Klub Werder Bremen zu treffen?

Klaus Allofs: Nein. Der Abstieg von Bremen war für mich eine große Überraschung, damit habe ich wirklich nicht gerechnet. Sie waren ja zehn Spieltage vor Schluss schon fast durch.

Kann man die Liga jetzt als die bessere Bundesliga bezeichnen?

Klaus Allofs: Natürlich. (lacht) Im Ernst: Die Zweite Liga war schon in der vergangenen Saison auf einem hohen Niveau. Die Mannschaften sind taktisch gut ausgebildet. Man tut ihnen Unrecht, wenn man ihr Spiel auf Rennerei beschränkt. Die Strahlkraft der Liga wird durch die beiden Absteiger Schalke und Bremen noch mal verstärkt.

Fortuna-Vorstand Klaus Allofs: "Es gibt viele, die oben mitmischen können"

Wie wird sich das auswirken?

Klaus Allofs: Nicht so, dass die ersten beiden Plätze in jedem Fall schon an die beiden Bundesligaabsteiger vergeben wären. Es gibt viele, die oben mitmischen können. Der HSV. Hannover. St. Pauli. Nürnberg. KSC. Auch Heidenheim. In der Bundesliga steht die Spitze fest, in Liga zwei liegt mehr Spannung in der Luft.

Sie müssen sich da doch die Hände reiben aufgrund der Vermarktungsmöglichkeiten.

Zwei große Klubs testen für Liga zwei. Links wollen Werder Bremens Josh Sargent und Maximilian Eggestein gegen Rotterdam an den Ball. Rechts  freut sich Fortuna Düsseldorfs Zimmermann über sein Tor gegen Leuven.
Zwei große Klubs testen für Liga zwei. Links wollen Werder Bremens Josh Sargent und Maximilian Eggestein gegen Rotterdam an den Ball. Rechts freut sich Fortuna Düsseldorfs Zimmermann über sein Tor gegen Leuven. © imago (2)

Klaus Allofs: Wir werden als Zweitligist so viel Aufmerksamkeit bekommen wie selten zuvor, dafür ist das super. Es wird gute Geschichten geben. Die Schalke-Fans interessieren sich jetzt für die Zweite Liga, das hat eine Sogwirkung.

Muss im Gegenzug die Bundesliga um ihre Attraktivität bangen?

Klaus Allofs: Man kann objektiv schon sagen, dass dies der Strahlkraft der Ersten Liga nicht guttut. Ihr würden Klubs wie Schalke und Werder nutzen. Die Verantwortlichen bei der DFL werden sich das genau anschauen. Denn es geht auch darum, die Liga international zu vermarkten.

Warum plagen sich so viele Traditionsklubs mit Problemen?

Klaus Allofs: Die Voraussetzungen sind immer unterschiedlich. Fortuna Düsseldorf erlebt eine ganz andere Situation als beispielsweise Schalke. Düsseldorf war in den letzten 20 Jahren nur dreimal in der Ersten Liga. Oft ging es nur ums Überleben. Werte und Strukturen zu schaffen, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln, war schwierig, da hat der Verein Nachholbedarf.

Können die Erwartungen des Umfelds dabei schaden?

Klaus Allofs: Dadurch kann es schneller unruhig werden. Wir werden anders bewertet als Klubs wie Heidenheim. Die können auch mal unterm Radar fliegen. Mit Bremen waren wir lange sportlich der Konkurrent des FC Bayern, finanziell aber nie. Wir konnten uns sechs Jahre lang in der Champions League messen. Aber da drin zu bleiben, kann schiefgehen. Das ist nur ganz wenigen gelungen. Zudem existieren Klubs, die anders strukturiert sind. Vereine wie Leverkusen, Wolfsburg oder RB Leipzig können schlechte Phasen besser überstehen.

Fortuna-Vorstand Klaus Allofs: " Wir locken mit unseren Zukunftsplänen"

Was ist denn einfacher: Mit viel Geld einen Topkader zu planen – oder mit weniger Mitteln eine Zweitliga-Mannschaft?

Klaus Allofs: Es ist eine größere Herausforderung, mit eingeschränkten Mitteln die richtigen Spieler zu verpflichten. Bei einem Topklub fällt es leichter, Fußballer zu überzeugen. Auch wenn die Luft oben dünner ist.

Fortuna-Vorstand Klaus Allofs in der Düsseldorfer Arena.
Fortuna-Vorstand Klaus Allofs in der Düsseldorfer Arena. © Lars Heidrich / FUNKE Foto Services

Und wie überzeugt man Spieler für die Fortuna?

Klaus Allofs: Wir locken mit unseren Zukunftsplänen, aber auch mit der Tradition, der Stadt, dem Stadion. Die Spieler sollen spüren, dass sie hier ein Teil einer Entwicklung sein können.

Welche Ziele verfolgen Sie in der Saison?

Klaus Allofs: Die Fortuna muss sich weiterentwickeln. Wir wollen die Erwartungshaltung und die eigenen Ambitionen hochhalten, ohne uns treiben zu lassen. Aber mittelfristig wollen wir natürlich in die Erste Liga.

Fortuna-Vorstand Klaus Allofs: "Die Einnahmeunterschiede sind gewaltig"

Denn die Kluft zwischen den Ligen wird größer. Sollte das TV-Geld daher anders verteilt werden?

Klaus Allofs: Aus unserer Sicht: Ja. Wer aber beim VfL Wolfsburg oder beim FC Bayern Verantwortung trägt, sieht das naturgemäß ganz anders.

Wie kriegt man die Lücke denn dann kleiner?

Klaus Allofs: Eine andere Verteilung wäre toll, der Sockelbetrag bei den TV-Geldern könnte für die kleinen Klubs höher sein, aber das verändert nicht die Welt. Natürlich hilft uns in der Zweiten Liga jede Million. Aber das System ist so angelegt, dass es trotzdem schwierig wäre, den Anschluss an die großen Vereine wiederherzustellen. Wenn wir unseren Umsatz mit dem von Mittelfeldklubs aus der Bundesliga vergleichen, dann ist der Unterschied riesig.

Woran liegt das?

Klaus Allofs: Die Einnahmeunterschiede bei TV- und Sponsorengeldern sind zwischen Erster und Zweiter Liga einfach gewaltig. Jedes weitere Jahr in der 2. Liga vergrößert den Rückstand. Fortuna Düsseldorf ist für Partner interessant, aber am Ende steht da Zweite Liga. Wir müssen sportlich überzeugen, dabei kreativ sein, auch junge Spieler einbauen. Aber eben nicht nur. Eine anspruchsvolle Aufgabe.

Wie beurteilen Sie die 50+1-Regel?

Fortuna-Vorstand Klaus Allofs während des Interview mit dieser Redaktion.
Fortuna-Vorstand Klaus Allofs während des Interview mit dieser Redaktion. © Lars Heidrich / FUNKE Foto Services

Klaus Allofs: Wir sind als eingetragener Verein eindeutig für die Beibehaltung der Regel. Dass es Mitbewerber gibt, die sich außerhalb dieser Vorgabe bewegen können, erleichtert die Arbeit aber nicht gerade.

Fortuna-Vorstand Klaus Allofs: "Es ist ja nicht so, dass in Deutschland plötzlich keine Stürmer mehr geboren werden"

Haben Sie Angst vor weiteren Geisterspielen?

Klaus Allofs: Das wäre schon ein herber Rückschlag, gerade jetzt mit der attraktiven Zweiten Liga. Fortuna hat die Krise bislang recht gut überstanden, aber das hat auch Grenzen. Es wäre schön, wenn die Fans endlich wieder uneingeschränkt zu uns ins Stadion kommen könnten. Ich hoffe, dass dies möglich sein wird.

Zum Abschluss: Sie waren ein gefürchteter Angreifer. Warum vermisst Deutschland Mittelstürmer?

Klaus Allofs: Es ist ja nicht so, dass in Deutschland plötzlich keine Stürmer mehr geboren werden. Wir müssen in der Jugendausbildung wieder verstärkt auf diesen Spielertypus setzen und ihn fördern. Dazu gehört auch, Spielsysteme zu vermitteln, in denen eine richtige Nummer neun benötigt wird.