Düsseldorf. Düsseldorf-Trainer Friedhelm Funkel spricht vor dem Spiel gegen Dortmund über junge Spieler und kritisiert den Umgang mit BVB-Trainer Favre.

Friedhelm Funkel erscheint in Jeans und Hemd zum Interviewtermin am Trainingsgelände von Fortuna Düsseldorf. Gerade noch hat er seine Mannschaft über den Rasen gescheucht, nun will er über das Duell am Samstag (15.30 Uhr/Sky) bei Borussia Dortmund sprechen. 65 Jahre alt ist der derzeit älteste Trainer der ersten Liga, in über 500 Bundesliga-Partien stand er schon an der Seitenlinie – und vielleicht steckt er derzeit in seinem letzten Abstiegskampf.

Herr Funkel, sind Sie für die Rente mit 67?

Friedhelm Funkel: Das kommt natürlich immer auf die jeweilige Situation und auf die körperliche Verfassung an. Ich bin jedenfalls gesund, ich bin fit, und meine Arbeit macht mir Spaß.

Was treibt Sie mit 65 noch an?

Funkel: Na ja, in ein paar Tagen werde ich sogar schon 66.

Friedhelm Funkel: Fortuna Düsseldorf wird die letzte Trainerstation

Es heißt, da fängt das Leben an ...

Funkel: Jedenfalls wenn man Udo Jürgens glaubt. Ich hätte vor ein paar Jahren nicht gedacht, dass ich noch einmal in der Bundesliga arbeiten kann. Das genieße ich. Jetzt sind wir das zweite Jahr in der ersten Liga, und um die kämpfen wir. Fest steht nur, dass ich hier meine letzte Trainerstation haben werde.

„Dortmund muss sich endlich von Jürgen Klopp lösen“

Am Samstag reisen Sie zum schwankenden BVB. War es noch nie so leicht, in Dortmund zu gewinnen?

Funkel: Das ist nach wie vor schwer. Sie haben eine tolle Mannschaft. Sie haben einen Top-Trainer.

Auch interessant

Warum wird Lucien Favre dann so häufig kritisiert?

Funkel: So wie mit ihm medial umgegangen wird, ist einfach nicht in Ordnung.

Aber es sind doch nicht nur die Medien schuld.

Funkel: Einige Spieler haben selbst zugegeben, dass sie schuld sind. Favre wird aber nach jedem Spiel vor laufender Kamera infrage gestellt. Das nagt an jedem. Das ist nicht mehr menschlich. Man kann ihn kritisieren. Aber ihn nach jedem Rückschlag anzuzählen, ist nicht in Ordnung.

Wieso fällt es Favre schwer, seine Arbeit öffentlich zu verkaufen?

Funkel: Er zeigt seine Stärke nicht immer nach außen, das ist durchaus möglich. Aber er wird auch immer in eine Ecke gestellt. In Dortmund muss man sich endlich von Jürgen Klopp lösen. Es kann nicht jeder Trainer mit Jürgen Klopp verglichen werden. Das ist nicht fair. Jürgen Klopp gibt es nur einmal. Lucien ist ein ganz anderer Typ, aber ein Top-Trainer.

Bundesliga ist stressig und faszinierend

Was denken Sie bei all der Aufregung über das Trainergeschäft?

Funkel: Es gibt jetzt wieder eine Phase, in der viele hektisch werden, in der viele nicht mehr rational handeln, sondern sich getrieben fühlen. Von Schlagzeilen. Von Unmutsäußerungen aus dem Publikum. Fußball ist natürlich ein Ergebnissport. Aber wenn ich von einem Trainer überzeugt bin, dann muss ich als Verantwortlicher auch mal stark sein.

Fortuna-Trainer Friedhelm Funkel (r.) im Gespräch mit Funke-Sport-Reporter Marian Laske (l.). Auch am Tisch Fortuna-Pressechef Kai Niemann
Fortuna-Trainer Friedhelm Funkel (r.) im Gespräch mit Funke-Sport-Reporter Marian Laske (l.). Auch am Tisch Fortuna-Pressechef Kai Niemann © Matthias Graben / FUNKE Foto Services

Würden Sie einem jungen Kollegen überhaupt raten, diesen Beruf zu ergreifen?

Funkel: Es muss jeder selbst wissen, wie er gestrickt ist. Der Job ist stressig, auf der anderen Seite ist die Bundesliga aber immer noch faszinierend.

Zu der gehören Sie schon lange. Trauen Sie sich deswegen, auch mal die Konkurrenz zu kritisieren?

Funkel: Wenn ich gefragt werde, sage ich meine Meinung. Ich bin schon so lange dabei und kann Situationen realistisch einschätzen. Ich rege mich auch auf, wenn andere Trainer aus meiner Sicht zu Unrecht angezählt werden.

Kein Verlangen nach Sozialen Medien

Ist das Leben als öffentliche Person schwieriger geworden?

Funkel: Es ist viel schwieriger geworden. Man muss wirklich aufpassen. Es ist für die öffentliche Meinungsäußerung aber nicht gut, wenn man durch die sozialen Medien tausendmal überlegen muss, was man sagt. Das finde ich schade.

Bewegen Sie sich selbst in den sozialen Medien?

Funkel: Nein. Ich spüre da kein Verlangen nach. Ich habe da noch nie reingeguckt. Ich weiß aber, dass es heute dazugehört, das akzeptiere ich auch. Ich sehe das ja selbst an meiner Frau und an meinen Kindern. Ich sage immer: ,Lasst mich mit dem Mist in Ruhe.‘ Mir reicht es, wenn ich morgens die Zeitung lese.

Bei Ihren deutlich jüngeren Spielern gehört das Smartphone zum Leben dazu. Wie schaffen Sie es, zu ihnen eine funktionierende Beziehung aufzubauen?

Funkel: Ich verbiete das Smartphone ja nicht. Das geht auch gar nicht. Wenn ich nach dem Training manchmal in die Kabine schaue, dann sitzt da jeder mit seinem Handy. Jeder.

„Spielergeneration heute ist nachlässiger“

Wie war es früher?

Funkel: Gut, da haben einige Spieler geraucht.

Jetzt ist die Frage, was ist besser?

Funkel: Es hat alles seine Vor- und Nachteile. Es gibt aber Momente, in denen ich das Smartphone verbiete. Beim Essen. In der Besprechung.

Auch interessant

Was stört Sie sonst an der neuen Spielergeneration?

Funkel: Sie sind teilweise ein bisschen nachlässiger geworden. Sie vergessen Dinge auf dem Platz, die wir vorher intensiv besprochen haben.

Vielleicht, weil es zu viele taktische Anweisungen sind?

Funkel: Vielleicht. Ich diskutiere da mit meinen jüngeren Trainern auch immer drüber. Wir hatten früher zur Spielvorbereitung ein einziges Blatt. Heute hängen da zehn. Aber das kann ich nicht mehr ändern. Außerdem ist die neue Generation trotzdem eine gute.

„Haarschnitte und Musik sind anders“

Warum?

Funkel: Vielleicht widerspricht sich das teilweise sogar, aber sie sind professioneller geworden. Bei der Ernährung. Beim Training. Nur sind sie mit den Gedanken manchmal nicht zu Hundert Prozent auf dem Rasen. Jede Generation ist anders. Die Musik ist anders, die Haarschnitte sind anders, die Tätowierungen sind andere. Früher gab es gar keine, heute hat man sehr viele.

Welche Werte vermitteln Sie Ihren Spielern?

Funkel: Meine Familie hatte früher nichts, wir waren sehr sparsam. Aber wir waren glücklich. Deswegen versuche ich meinen Spieler mitzugeben, bescheiden zu bleiben. Meine Spieler sollen jeden akzeptieren. Egal ob es jemand ist, der hier morgens putzt, oder ob ich das bin. Und in der Kabine soll es sauber bleiben. Papier gehört in den Papierkorb.

Friedhelm Funkel „Ich bin ein Vertrauter“

Auch interessant

Das klingt fast nach einer väterlichen Erziehung.

Funkel: Der ein oder andere Spieler sagt, dass er mich wie einen Vater behandelt. Ich bin da immer etwas vorsichtig. Ich bin ein Vertrauter.

Wäre beim Abstieg denn Schluss für Sie in Düsseldorf?

Funkel: Ja.

Schaffen Sie den Klassenerhalt?

Funkel: Ja.

Das heißt ja dann, dass Sie weitermachen. Wann verlängern Sie Ihren Vertrag?

Funkel: Wir werden uns vermutlich kommende Woche zusammensetzen.

Und was machen Sie, wenn Sie doch in Rente gehen?

Funkel: Ich werde dem Fußball erhalten bleiben. Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Vielleicht übernehme ich hier im Verein eine Aufgabe, die nicht mehr so zeitintensiv ist. Vielleicht arbeite ich als Experte im TV. Das wird sich ergeben. Als ich 1991 als Trainer angefangen habe, hätte ich niemals gedacht, dass ich heute noch in dem Beruf arbeite. Ich hatte nie einen Plan.