Düsseldorf. Beim Zweitliga-Spitzenreiter Fortuna Düsseldorf flattern die Nerven. Die Defensive patzt, der Kapitän ist verletzt - und Kiel kommt noch.
Drama ist eine Disziplin, die sie beim Fußball-Zweitliga-Spitzenreiter Fortuna Düsseldorf besonders gut beherrschen. Das war auch schon beim letzten Bundesliga-Aufstieg 2012 so: Nach einer Jubel-Vorrunde ohne Niederlage die Tabelle angeführt, in der Rückrunde eingebrochen, am Schluss mit Glück und Schweiß den Relegationsvergleich mit Hertha BSC erreicht – und gewonnen. Das ging im Platzsturm tausender Anhänger in der Düsseldorfer Arena unter. 40 Minuten Spielunterbrechung, Rangeleien mit Schiedsrichter Wolfgang Stark im Kabinengang und Herthas Forderung nach einer Spielwiederholung hielten anschließend die Gerichtsbarkeit des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) auf Trab. Zwei Monate.
Grotesker Höhepunkt im Mai 2012 war der live in der ARD übertragene Klau des Elfmeterpunktes vor dem Düsseldorfer Fanblock. Ein Schlauberger stach im Getümmel freudetrunkener Fortuna-Fans, obwohl das Spiel nicht beendet war, den Kreidepunkt mit einem Messer aus dem Rasen und packte das Stück Erde in eine Tüte.
Viel mehr Drama geht kaum. Oder doch? Sechs Jahre später ist die Bundesliga für die Fortuna wieder nah. Und zumindest sportlich könnte der zweimalige DFB-Pokalsieger an jene verrückte Saison 2011/12 anknüpfen. Das Team von Trainer Friedhelm Funkel ist drauf und dran, den exorbitanten Vorsprung von zehn Punkten auf Relegationsplatz drei und damit den sicher geglaubten Direktaufstieg zu vergeigen. Es gab zuletzt drei Niederlagen in Serie – beim Vorletzten in Darmstadt, gegen enttäuschende Bochumer, beim Drittletzten in Heidenheim. Die drittplatzierten Kieler rücken immer näher, kommen noch zum direkten Vergleich in die Düsseldorfer Arena.
Fortuna-Trainer Funkel bleibt stoisch ruhig
Alarmstufe Rot am Rhein? Gefühlt ja. Trainer Friedhelm Funkel strahlt allerdings nicht erst vor dem Heimspiel am Sonntag (13.30 Uhr/Sky) gegen Bundesliga-Absteiger FC Ingolstadt jene stoische Ruhe aus, die er sich in viereinhalb Jahrzehnten Profifußball angeeignet hat. „Wir haben oft über unsere Verhältnisse gespielt. Und ich habe nie unser Ziel aus den Augen verloren“, sagt der 64-Jährige mit Hinweis aufs Saisonziel. Das heißt Platz eins bis sechs. Nicht Aufstieg. Darauf verweist auch Vorstandschef Robert Schäfer: „Wir haben nichts zu verlieren, nur zu gewinnen.“
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Anhänger und Spieler empfinden anders, brenzliger. So lange die Tabelle angeführt, flattern auf der Zielgeraden die Nerven, noch mindestens einen Sieg holen zu müssen.
Trainer Funkel hält sich lieber an Fakten. Beklagt, dass zuletzt die defensive Balance bei seiner Elf fehlte. Das hat Gründe. Der ehemalige Hannoveraner Bundesliga-Spieler André Hoffmann (25/Hodenriss) wird in der Abwehr vermisst. Beim 1:3 in Heidenheim fehlte auch sein Stammpartner, der gesperrte Ex-Schalker Kaan Ayhan (23).
Japaner fahren noch zur WM
Gladbach-Leihgabe Florian Neuhaus (21) hat im defensiven Mittelfeld den Schwung der Hinrunde eingebüßt. Vorn läuft der Belgier Benito Raman (23) seit seiner Vertragsverlängerung vor zwei Monaten der Form hinterher. Beide durchleben eine Leistungsdelle. „Das sind junge Spieler, denen man dies zustehen muss“, sagt Funkel.
Der Endspurt wird auch erschwert, weil Kapitän Oliver Fink verletzt ausfällt. Der 35-jährige Oberpfälzer ist einer, der 2012 beim vorerst letzten Aufstieg dabei war. Seine Erfahrung zählt.
Dazu gesellt sich die Frage, welchem der Leihspieler den Bundesliga-Aufstieg nutzt. Neuhaus muss nach Mönchengladbach zurück. Sagt jedenfalls Borussias Sportdirektor Max Eberl.
Die japanische Flügelzange mit Takashi Usami (Augsburg) und Genki Haraguchi (Hertha) könnte für Fortuna zu teuer werden, weil sie noch auf der WM-Bühne in Russland gezeigt wird. Und auch Stuttgarts Jean Zimmer, meist im rechten Mittelfeld gesetzt, könnte vom VfB zurückbeordert werden. Auch die Sommer-Transferperiode könnte ein kleines Düsseldorfer Drama werden.