Warschau. Enttäuschung in der Kabine der Nationalmannschaft nach dem EM-Aus im Halbfinale: “Die Spieler lassen die Köpfe hängen, keiner spricht ein Wort“, sagte Bundestrainer Joachim Löw. Wir haben die Stimmen zum Spiel gesammelt.
Joachim Löw (Bundestrainer): "Ich wollte die Zentrale mit Toni stärken. Die Tore sind ja auch entstanden durch Fehler hinten. Nach dem 0:1 waren wir fahrig und nicht mehr gut organisiert. Hätten wir das Anschlusstor eher gemacht, wäre noch mehr drin gewesen. Die Enttäuschung ist für alle natürlich groß. Wir sollten aber nicht den Fehler machen, jetzt alles zu hinterfragen. Ich werde jetzt nicht alles kritisieren. In der Kabine fließen Tränen; die Spieler lassen die Köpfe hängen, keiner spricht ein Wort. Die Mannschaft hat unheimlich viel Qualität. Sie wird sich weiterentwickeln und lernen. Kompliment an die Mannschaft, wie sie in der zweiten Halbzeit alles versucht hat."
Auch interessant
Philipp Lahm: "Die Niederlage ist sehr bitter. Dumme Fehler haben zu den Gegentoren geführt. Das darf nicht passieren. In der zweiten Halbzeit haben wir alles versucht, aber unser Tor fiel zu spät. Wenn ich kurz nach der Pause meine Riesenchance nutze, haben wir noch die Möglichkeit zum Ausgleich oder sogar zu gewinnen. Wer so weit gekommen ist wie wir, der will auch bis zum Ende im Turnier bleiben. Es ist bitter: Wir haben so viel Potenzial in der Mannschaft, aber wer es nicht zur rechten Zeit abruft oder clever genug ist, der verliert so ein Spiel."
Toni Kroos: "Wenn man die Entstehung der beiden Gegentore sieht, erkennt man, dass sie vermeidbar waren. Wir haben alles versucht, aber es hat nicht mehr gereicht. In solchen Spielen im Halbfinale gegen Italien ist es wichtig, dass man selbst keine Tore bekommt. Wir hatten unsere Möglichkeiten auch gegen tief stehende Italiener."
Bastian Schweinsteiger: "Wir sind traurig und enttäuscht, dass wir das Spiel verloren haben. Leider ist das Spiel nicht so gelaufen, wie wir uns das vorgenommen hatten. Es hat nicht sollen sein. Die Italiener haben ein gutes Spiel gemacht, speziell Pirlo hat ein überragendes Spiel gemacht. Sie haben verdient 2:1 gewonnen. Ich denke, dass die Mannschaft mit dem Turnier Erfahrungen gesammelt hat, vor allem wenn man gegen eine so abgezockte italienische Mannschaft spielt. Wir haben uns mehr erhofft, und deshalb sind wir enttäuscht. Aber es ist, wie es ist, und es geht weiter. Wir versuchen nun, uns für die WM 2014 zu qualifizieren."
Mats Hummels: "Wir haben die erste Halbzeit versemmelt. Beim Stand von 0:2 wird es gegen eine Mannschaft, die taktisch so gut spielt und verteidigt, wird es schwer. Vor der Flanke zum ersten Gegentor habe ich den Ball nicht entscheidend wegbekommen. Dass diese Flanke dann zustande kommt, war klar mein Fehler, insofern habe ich großen Anteil am 0:1."
Miroslav Klose: "Die Hürde Italien war zu hoch. Wir haben nicht umgesetzt, was wir können. Im Hinterkopf hatten wir vielleicht, dass wir noch nie gegen sie gewonnen haben in großen Turnieren."
So analysieren Niersbach, Bierhoff und Prandelli das EM-Halbfinale
Wolfgang Niersbach (DFB-Präsident): "Die große Niedergeschlagenheit ist fast körperlich spürbar. Es wird sicherlich eine Weile dauern, bis man aus diesem Loch heraus kommt. Wenn wir das Tor zehn Minuten früher erzielt hätten, dann wäre es mit Sicherheit noch einmal eng geworden. Man muss unserer Mannschaft aber auch mal ein Lob zollen, die ein tolles Turnier gespielt hat. Zum Glück geht im Fußball alles so schnell. Schon bald steht wieder die WM-Qualifikation auf dem Plan und wir blicken nach vorne."
Oliver Bierhoff (Teammanager): "Nach so einer Niederlage ist man tierisch enttäuscht. Jeder fällt in ein tiefes Loch, jeder hat an das große Ziel geglaubt, aber wir haben es heute nicht gepackt. Wir haben vor allem die erste Halbzeit verpennt. Wir haben den Italiener die Chancen ermöglicht. Uns ist außerdem zu wenig eingefallen. Außer zu Beginn der zweiten Halbzeit waren wir nicht so zwingend."
Cesare Prandelli (Trainer Italien): "Wir haben so gespielt, wie wir wollten. Es ist uns gelungen, Deutschland in Schwierigkeiten zu bringen. Das war auch Riccardo Montolivo zu verdanken. Spanien ist der Favorit, aber wir haben bewiesen, dass wir eine starke Mannschaft haben."
Riccardo Montolivo (Italien): "Wir sind alle glücklich. Wir haben gegen eine Super-Top-Mannschaft gewonnen. Wir haben eine super erste Halbzeit gespielt, die Deutschen waren die ersten 20 Minuten der zweiten Halbzeit besser." (sid/dapd)