Kiew/Donezk. . Zoff in der Kabine, Beschimpfungen, Abschieds-Drohungen: „Les Bleus“ erinnern an die Vorfälle bei der Weltmeisterschaft 2012. Hatem Ben Arfa soll seine Abreise angeboten haben.
Als das natürliche Verbreitungsgebiet des Trauerschwans gelten eigentlich Australien und Tasmanien. Doch einige dieser schwarzen Vögel haben den Osten der Ukraine zu ihrer Wahlheimat auserkoren. Zwischen den neun Fußballplätzen auf dem weitläufigen Trainingsgelände von Schachtjor Donezk ist auch ein See angelegt worden, in dem diese seltenen Exemplare stets einen Blickfang bilden. Direkt daran grenzt der hochmoderne fünfstöckige Hotelkomplex, in dem die französische Nationalmannschaft untergebracht ist.
Aus den meisten Zimmern können Franck Ribéry und seine Kollegen die schwarzen Schwäne sehen. Für die Finanzwirtschaft kündet die Begrifflichkeit „Schwarzer Schwan“ von einem alle Normalitäten umstürzenden Unheil; für dieses Fußballturnier dienen die Tiere nun vielleicht als Vorbote des nächsten Unheils. Denn es ist keine schöne Debatte, der sich die Franzosen ausgerechnet vor dem Viertelfinale gegen Spanien am Samstag (20.45 Uhr) in Donezk ausgesetzt sehen.
Blanc schrie in der Kabine herum
Überliefert ist mittlerweile nicht nur, dass Teamchef Laurent Blanc nach dem 0:2 gegen Schweden laut in der Kabine herumgeschrien hat, sondern auch, wie die Zeitung „L’Équipe“ berichtete, dass Hitzkopf Hatem Ben Arfa aus Frust wegen einer Auswechslung direkt seine Abreise angeboten habe. Der 25-Jährige war nach nicht einmal einer Stunde von Blanc im Kiewer Olympiastadion vom Platz gewunken worden – nach einer orientierungslosen Vorstellung. Ben Arfa wurde zitiert, er könne das nicht akzeptieren, weil „einige andere noch viel schlechter gespielt haben“. Klingt ziemlich egoistisch. Zudem sollen sich Samir Nasri und Alou Diarra in der Kabine heftig gezofft haben. Hört sich nach angespanntem Binnenklima an. Die Epoche der Egomanen erfährt offenbar eine Fortsetzung.
Frankreich unterliegt Schweden
Natürlich sind nach den Berichten aus dem französischen Lager Dementis gekommen. Trainer Laurent Blanc hat gleich versucht, den Vorfall herunterzuspielen: „Ja, es ging heiß her, aber nach dem Duschen hat es sich wieder abgekühlt.“ Die Équipe Tricolore könne ein „bisschen Elektrizität“ vertragen. Die Situation sei „nicht vergleichbar“ mit der WM 2010. Vor zwei Jahren mündete der Aufenthalt im südafrikanischen Küstenort Knysna bekanntlich im Desaster.
Tropische Temperaturen in Donezk
Blanc möchte statt über diese Vorkommnisse viel lieber über das Viertelfinale am Samstag gegen Weltmeister Spanien in Donezk sprechen, wo die Franzosen seit Tagen bei fast tropischen Temperaturen trainieren – anders als die Spanier in ihrem polnischen Stammquartier. Doch Blanc ahnt längst, dass sich ein mit seinem aktiven Zutun errungener Erfolg gegen Spanien – der 2:1-Sieg im EM-Viertelfinale 2000 – wenn überhaupt nur mit einem geeinten Ensemble wiederholen ließe.