London. Das war es für die deutsche Mannschaft bei der EM. Im Londoner Wembley-Stadion kassiert das Löw-Team eine 0:2-Niederlage gegen England.

Thomas Müller sank auf die Knie und schlug die Hände vorm Gesicht zusammen. Der deutsche Angreifer hätte alles zum Guten wenden können, hätte in der 80. Minute den Ausgleichstreffer für die deutsche Mannschaft erzielen müssen. Doch Müller verzog frei vor dem Tor. Auch deswegen endete das Achtelfinale gegen England im Fußballtempel von Wembley 0:2 (0:0), deswegen schied die deutsche Mannschaft aus – und die Engländer feierten eine große rot-weiße Fußballparty.

Schon bei Anpfiff waren die Kräfteverhältnisse klar gewesen, zumindest auf den Rängen: Rund 2000 deutsche hatten keine Chance gegen etwa 43.000 englische Fans im halbvollen Wembley, die die deutsche Hymne gnadenlos niederpfiffen.

Keine Chance für Manuel Neuer: Raheem Sterling trifft aus kurzer Distanz zum 1:0 für England.
Keine Chance für Manuel Neuer: Raheem Sterling trifft aus kurzer Distanz zum 1:0 für England. © AFP

Auf dem Platz stellte sich die Angelegenheit zunächst anders dar, hier war es die deutsche Mannschaft, die die ersten Akzente setzte. Vor allem Leon Goretzka, der für Ilkay Gündogan in die Startelf rutschte, sorgte mächtig für Wirbel.

Timo Werner steht gegen England in der Startelf

Die ganz großen Chancen allerdings sprangen dabei nicht heraus. Und nach einer Viertelstunde hatten die Engländer ihre Anfangsnervosität abgelegt. Raheem Sterling setzte ein erstes Warnzeichen, seinen Schuss aus 20 Metern drehte Manuel Neuer aber um den Pfosten (16.), den anschließenden Kopfball von Harry Maguire hielt er auch sicher. Die englische Spielanlage war nun die bessere, die Gastgeber besetzten die Räume geschickter, die Deutschen liefen zu oft nur hinterher.

Chancen gab es trotzdem, die größte hatte Timo Werner, der anstelle von Serge Gnabry spielte: Von Kai Havertz geschickt, scheiterte er am herausstürzenden Torhüter Jordan Pickford (32.). Doch auch die Engländer wurden einmal richtig gefährlich: Nach einem Fehlpass von Thomas Müller konterten sie blitzschnell, der Ball geriet eher zufällig zu Harry Kane, der Neuer umkurvte – doch Mats Hummels rettete mit einer grandiosen Grätsche (45.+2).

Mats Hummels verhindert per Grätsche das 1:0 für England.
Mats Hummels verhindert per Grätsche das 1:0 für England. © AFP

Durchatmen. Bundestrainer Joachim Löw musste reagieren, tat dies zunächst aber nicht – zumindest nicht personell. Die DFB-Auswahl kam dennoch schwungvoll aus der Kabine, Havertz zwang Pickford zu einer Glanzparade (48.). Es wurde nun wieder ein Duell auf Augenhöhe, ein intensives Ringen, in dem sich beide Mannschaften vor allem bemühten, Fehler zu verhindern – denn jeder Aussetzer konnte nun der entscheidende sein.

Es sollte eine ganze Fehlerkette der deutschen Hintermannschaft werden, die Luke Shaw frei flanken und Raheem Sterling in der Mitte einschieben ließ – 0:1 (75.). Dann die postwendende Chance zur Antwort, Havertz schickte Müller allein in Richtung Tor. Doch der vergab und bleibt weiter ohne EM-Tor. Anders England-Stürmer Kane, der nach einem weiteren Fehler im deutschen Aufbau zum 2:0 einköpfte (86.).

Das deutsche Aus war perfekt – und damit endete die 15-jährige Ära Löw zwar nicht mit einem Debakel, aber auch nicht mit dem ersehnten Erfolg. Nach der Europameisterschaft übernimmt nun Hansi Flick, seine ersten Aufgaben werden die WM-Qualifikationsspiele gegen Liechtenstein, Armenien und Island im September sein.

Deutschland: Kroos und Gündogan denken über Rücktritt nach

Aber: mit welcher Mannschaft? Das Durchschnittsalter im aktuellen Aufgebot liegt bei 27,6 Jahren, viele tragende Säulen sind jenseits der 30: Kapitän Neuer (35) hat angekündigt, dass er gerne weitermachen will, solange der Körper es zulässt. Hummels (32) hat das ausdrücklich offengelassen, genau wie Müller – der allerdings ein exzellentes Verhältnis zu Flick pflegt. Toni Kroos (31) und Ilkay Gündogan (30) sollen sehr konkret über einen Rücktritt nachdenken.

Flick wird jenen Umbruch forcieren müssen, den Löw vor gut zwei Jahren mit der Ausmusterung von Hummels, Müller und Jerome Boateng eingeleitet, vor der EM aber unterbrochen hatte. Sicher ist: Auf den neuen Mann wartet viel Arbeit.