Herzogenaurach. England gegen Deutschland, da brach früher schon mal der Fußball-Krieg aus. Heute sind die Revolverblättchen zahmer. Eine Kolumne.
Das Wochenende war wieder ein Potpourri der Banalitäten. Serge Gnabry war in der täglichen Pressekonferenz, Kai Havertz und Robin Gosens machten ihre mediale Aufwartung – und zahlreiche Zeitungen freuten sich zudem sehr kreativ, dass auch „Radio Müller“ wieder sendete. Medienalltag in Herzogenaurach.
Die Brisanz vor dem Klassiker des Weltfußballs zwischen England und Deutschland war in der täglichen Medienstunde ab 12.45 Uhr jedenfalls nicht spürbar. Nicht mal bei den Nachfragen der englischen Kollegen von den Revolverblättern „Sunday Mirror“ und der „Sun“ kam wirklich Spannung auf.
Yellow-Press greift mit Doppeldecker und Spitfire an
Das war früher anders. Die tumbe Schlagzeile des „Daily Mirror“ „Achtung! Surrender!“ (Gebt auf) mit den Fotomontagen von Teddy Sheringham und Paul Gascoigne mit Stahlhelm auf den Köpfen gehört noch zu den harmlosen. Der „Mirror“ wollte Deutschland 1996 sogar den Fußballkrieg nicht nur in Worten erklären, sondern einen Panzer ins Springer-Haus steuern.
Zudem sollte ein Spitfire-Flugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg im Sturzflug über den Trainingsplatz der deutschen Mannschaft hinabgehen und „Mirror“-Titelseiten vom Himmel regnen lassen. Und vor dem WM-Qualifikationsspiel 2001 in München buchte eine englische Yellow-Press-Zeitung einen roten Doppeldeckerbus, der nachts vor das Quartier der Deutschen am Starnberger See vorfuhr und die deutschen Stars mit ohrenbetäubender Musik um den Schlaf brachte.
Der englische Boulevard lässt nach – und ganz so schlimm ist das auch nicht.