Essen. Thomas Helmer kommentiert für uns den Auftritt der deutschen Nationalelf gegen Polen. Er lobt die Defensive. Aber sagt auch: Die Leistung war mäßig.

Es war eine schöne Geste vom Verband: 20 Jahre nach unserem EM-Titel in Londoner Wembleystadion hatte uns der DFB zum Spiel gegen die Polen nach Paris eingeladen. Leider hatte ich den ganzen Tag über einige Termine, so dass nicht wirklich viel Zeit blieb, um mit den Jungs in Erinnerungen zu schwelgen. Viel wichtiger war sowieso, was wir auf dem Rasen im Stade de France zu sehen bekamen. Denn das war, um es mal nett zu formulieren: mäßig.

Vor dem Turnier hatten alle gesagt: Na ja, in der Offensive sind wir super aufgestellt. Gerade hier haben wir jedoch die größten Probleme. Wenn wir so auftreten wie am Donnerstag, empfinde ich unseren Aufbau als berechenbar, was es den Gegnern relativ leicht macht. Insgesamt wirkt der Offensivverband harmlos, was sich in den wenigen Torchancen widerspiegelt.

Die Stärke von Joachim Löw war es bei früheren Turnieren immer, eine Einheit zu formen, die auf dem Platz einen Plan verfolgt und bei der Automatismen zu erkennen sind. Hier sehe ich noch deutliches Steigerungspotenzial. Auch von der Bank kommt nichts wirklich Überraschendes, man hat nicht das Gefühl, dass Einwechslungen frischen Schwung bringt.

Gerade über die Außenpositionen fehlt es dem deutschen Spiel an Tempo, besonders über die rechte Seite kam gegen Polen herzlich wenig. Die Spieler, denen die Rolle zugedacht war, dominant aufzutreten, dem Spiel ihren Stempel aufzudrücken – ich denke da vor allem an Mesut Özil aber auch an Thomas Müller – präsentierten sich in den ersten beiden Spielen einfach nicht in der Form und auf dem Niveau, das man von ihnen erwartet.

Und Mario Götze?

Und Mario Götze? Natürlich hat er unterm Strich unglücklich agiert, aber es ist mir zu billig, jetzt wie alle anderen auf ihm herumzuhacken.

Herausheben möchte ich aber auch die positiven Aspekte: Nach dem ersten Spiel habe ich Manuel Neuer als Weltklasse eingestuft, in diese Kategorie gehört aber genauso Jerome Boateng. Von seiner Präsenz hat sogar ein Mats Hummels bei der Rückkehr nach seiner Verletzung profitiert. Mit diesen beiden Innenverteidigern, die auch in der Spieleröffnung sehr oft intelligente Lösungen finden, sind wir in diesem Bereich für die kommenden Partien bei der EM sehr gut aufgestellt.