Lens. . England jubelt. Die Mannschaft hat gegen Wales mit 2:1 gewonnen. Die Entscheidung fiel erst kurz vor Schluss. Vorher patzte Torhüter Joe Hart.

Als die Nachspielzeit begann, stand Roy Hodgson der Schreck ins Gesicht geschrieben. Die linke Hand hatte der englische Cheftrainer über seinen Mund gelegt. Er war offenkundig entsetzt über die Hilflosigkeit, mit der sein Team auf den so dringend nötigen Siegtreffer drängte. Nichts fiel den Engländern ein, und auf der Anzeigetafel wurde bereits ein walisischer Fan gezeigt, der vor Glück weinte über dieses 1:1, das so greifbar nah war. Doch dann unternahmen die Engländer einen letzten Versuch. Und am Ende einer hübschen Kurzpasskombination traf Daniel Sturridge tatsächlich noch zum 2:1.

Das Stadion von Lens bebte, die Engländer jubelten, und Hodgson sagte: „Das war ein unglaublich aufregendes Spiel, am Ende waren wir die Glücklicheren und nehmen den Preis mit nach Hause.“ In der Kurve der Waliser weinten nun sehr viele Leute. „Das ist wirklich sehr enttäuschend, aber wir fühlen uns immer noch stark und können weiter ins Achtelfinale kommen“, erklärte Gareth Bale tapfer. Sie waren so nah dran an der Sensation.

Wales fehlerhaft und unsicher

Dabei hatten die Waliser das Spiel überhaupt nicht überzeugend begonnen, vielmehr spielte das Team wie eine ganz kleine Fußballnation: nicht nur total defensiv wie die meisten Underdogs, sondern auch fehlerhaft und unsicher.

Kaum einmal gelang eine strukturierte Kombination bis über die Mittellinie, immer wieder produzierten sie haarsträubende Fehlpässe. Allerdings erspielten sich die Engländer ebenfalls kaum Chancen. Die einzige herausgespielte Möglichkeit der ersten Hälfte vergab Raheem Sterling, als er eine scharfe Flanke von Adam Lallana aus sechs Metern über das Tor bugsierte (7.).

Trotz der erschütternden Unterlegenheit begannen die walisischen Fans irgendwann, „England is going Home“ zu singen, als hätten sie geahnt, was kommen würde. Kurz vor der Pause bekam ihr Team rund 30 Meter vor dem Tor einen Freistoß. Bale baute sich auf, wie es sonst sein Vereinskollege Cristiano Ronaldo macht, lief an und schoss. Manuel Neuer hätten den Ball vermutlich festhalten können, Joe Hart nicht. Der Ball flutschte ins Tor (42.).

Es war eine sagenhaft unverdiente Führung, aber sie passte irgendwie zur Ausgangslage. Die Waliser hatten ihre erste Partie gewonnen, während die Engländer nach dem Gegentor in der Nachspielzeit der Auftaktpartie gegen die Russen haderten und sich mal wieder mit dem giftigen Gedanken eines vorzeitigen Ausscheidens auseinander setzen mussten. Das droht jetzt nicht mehr wirklich. Statt Wales ist nach dem Last-Minute-Treffer plötzlich England Tabellenführer.

Und das hatte viel mit den Einwechslungen zu tun, die Roy Hodgson in der Pause angeordnet hatte. Der Trainer schickte Daniel Sturridge und Jamie Vardy auf den Platz, die beiden Torschützen. „Vielleicht war das die beste Doppelauswechslung meiner Karriere, aber in Wahrheit sind es immer die Spieler, die einen Wechsel mit Leben erfüllen“, sagte Hodgson.

Zunächst traf Vardy zum 1:1 (56.). Sein Tor beflügelte die Engländer zu einer kurzen Phase echter Dominanz, ehe Wales die Partie wieder verlangsamte, sogar Chancen hatte. Doch dann kam der große Moment von Daniel Sturridge.

Der Live-Ticker zum Nachlesen:

England - Wales 2:1