Lille. Mats Hummels sei “individuell bei 100 Prozent“, so Joachim Löw. Der Verteidiger könnte schon im zweiten EM-Spiel der deutschen Elf zurückkehren.

Joachim Löw saß auf der Trainerbank und spielte mit den Händen lässig mit dem EM-Ball. Der Bundestrainer ließ seinen Blick immer wieder durch die leere EM-Arena von Lille schweifen und saugte schon einmal Turnier-Atmosphäre auf, bevor seine 23 Spieler bei geschlossenem Stadiondach das Abschlusstraining absolvierten.

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    "Ich freue mich wahnsinnig, dass es losgeht. Bei mir steigt die Vorfreude stündlich", berichtete Löw 26 Stunden vor dem Anpfiff der Partie gegen die Ukraine. Am Sonntag (21.00 Uhr/ live bei uns im Ticker) soll das Stade Pierre Mauroy für den Weltmeister der Ausgangspunkt für eine lange und erfolgreiche Tour de France werden.

    Der spannende EM-Auftakt von Gastgeber Frankreich war auch für Löw noch einmal Warnung genug. Beim gemeinsamen TV-Abend während des Eröffnungsspiels zwischen dem Mitfavoriten und Außenseiter Rumänien (2:1) wurde den Nationalspielern noch einmal das vor Augen geführt, worauf der Bundestrainer sein Team schon lange einstimmt: Bei der EM stehen hochintensive Spiele an, auch gegen die vermeintlich kleinen Nationen.

    Kapitänsentscheidung noch weiter offen

    "Ich glaube, wir haben gesehen, was uns erwartet, was ich in der Vorbereitungszeit angedeutet habe, Abnutzungskämpfe", sagte Löw. "Die vermeintlich kleineren Mannschaften verstehen immer besser zu verteidigen." Frankreich gehöre nach wie vor zu den Favoriten. "Dass es solche Spiele gibt in der Vorrunde, damit sollte man rechnen, für jede Mannschaft."

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    Die Botschaft des Bundestrainers ist angekommen, die deutsche Elf ist auf viel körperlichen Einsatz gegen die Ukraine eingestellt. "Wenn wir auf dem gleichen kämpferischen Niveau arbeiten wie der Gegner, dann gewinnen wir die Spiele, das steht für mich außer Frage", erklärte Champions-League-Sieger Toni Kroos von Real Madrid.

    Wer das Team am Sonntagabend anstelle des noch nicht topfitten Bastian Schweinsteiger als Kapitän auf das Spielfeld führen wird, ließ der Bundestrainer noch offen. Für die EM bleibe Schweinsteiger aber sein Spielführer, "weil ich weiß, dass er im Turnierverlauf zum Einsatz kommen wird".

    Noch keine deutsche Niederlage gegen die Ukraine

    Besonders hohe Turniererwartungen setzt Löw in Spielmacher Mesut Özil, über den er in Lille wie nie zuvor schwärmte. "Er ist in einer überragenden Verfassung", berichtete der Bundestrainer. Der Spielmacher sei mit seiner herausragenden Technik extrem wertvoll für die Mannschaft und besser als beim WM-Triumph 2014. Natürlich werde der Weltmeister auch gegen die Ukraine in der Startformation stehen. Gleiches gilt für Thomas Müller, den Löw als "Entscheider" im deutschen Angriff bezeichnete.

    Ein Einsatz des seit dem Pokalfinale verletzten Innenverteidigers Mats Hummels könnte schon in der nächsten Woche ein Thema werden. Löw hofft auf ein Comeback des Verteidigers im zweiten EM-Spiel gegen Polen am Donnerstag in Saint-Denis.

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      Ein Einsatz gegen die Ukraine käme "zu früh", sagte Löw. Hummels sei aber "individuell bei 100 Prozent. Wir können mit ihm für die nächste Woche planen, wenn es so weiter läuft". Der Noch-Dortmunder war wie die anderen 22 deutschen EM-Teilnehmer sehr engagiert beim Abschlusstraining dabei. Auffällig: Der als Hummels-Vertreter favorisierte Shkodran Mustafi passte sich beim Aufwärmen den Ball mit Abwehrchef Jérôme Boateng zu.

      Gegen die Ukraine gab es noch keine deutsche Niederlage. Von den fünf bisherigen Vergleichen, allerdings noch keinem bei einem Turnier, konnte die DFB-Auswahl zwei gewinnen. Drei Partien endeten unentschieden. Löw schätzt die Osteuropäer stärker als beim bislang letzten Duell im Jahr 2011 ein. Offensiv ist die Ukraine zudem mit der Flügelzange Jewgeni Konopljanka und Andrej Jarmolenko gut aufgestellt. Torhüter Andrej Pjatow gilt dagegen als ein Unsicherheitsfaktor.

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      Mit dem Flug nach Lille in einer schwarzen Propellermaschine rückte der eigene EM-Auftakt im Norden Frankreichs noch mehr in Sichtweite. "Die Anreise an den Spielort, die ersten Spiele fangen an, man merkt, dass es losgeht", berichtete Mittelfeldstratege Kroos. "Alle freuen sich. Das ist der Grund, warum wir hier sind." Die makellose Startbilanz von Löw bei Turnieren vermittelt weitere Zuversicht, denn der Bundestrainer ist ein Spezialist für den Auftakt. In vier Spielen bejubelte Löw vier Siege und 11:0 Tore.

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        Anspannung, Vorfreude, Kribbeln - alles nimmt Stunde für Stunde bis zum Anpfiff am späten Sonntagabend zu. "Die meisten sind es gewohnt, so spät zu spielen, das wird keine größeren Probleme geben. Die Spannung wird um 21.00 Uhr am höchsten sein", versicherte Spezialjoker André Schürrle. "Ich bin froh, dass es losgeht, darauf arbeitet man hin. Wir hatten gute Vorbereitungswochen und haben auch in Frankreich gut gearbeitet."

        Und das alles für das große Ziel, das der nach der Geburt seiner Tochter einen Tag später angereiste Lukas Podolski noch einmal hervorhob. "Am Ende geht es nur darum - wer holt den Titel. Wir sind Weltmeister, wir haben die Qualität, wir wollen gewinnen." (dpa)