Rostock. Nach den neuen heftigen Fan-Auseinandersetzungen gibt es den ersten Hilferuf: Der Fußball allein könne die Fanprobleme nicht mehr lösen.
Nach der Fan-Eskalation von Rostock wirkten die Verantwortlichen von Hansa Rostock und Hertha Berlin geschockt und ratlos. "Wir halten bis zur 74. Minute ein grandioses 0:0. Dann ist es 20 bis 50 Vollidioten anscheinend wichtiger, das eigene Wohnzimmer, das Ostseestadion, abzufackeln, anstatt die Mannschaft zu unterstützen", erklärte Hansas Vorstandschef Robert Marien nach einem Erstrunden-Spiel, das als Schande und zugleich als Warnung in die Geschichte des DFB-Pokals eingeht.
Das sind Handlungen, die niemand in einem Fußballstadion haben will. Deshalb wird es ein Thema sein, das Vereine, Verbände und die Fanlager in den nächsten Wochen beschäftigen wird", erklärte Hertha-Manager Michael Preetz. Der 2:0-Sieg des Berliner Fußball-Bundesligisten sowie die gut organisierte und lange erfolgreiche Gegenwehr des Drittligisten Hansa Rostock wurden angesichts der Vorfälle auf den Rängen in den Hintergrund gedrängt.
Spiel wurde zweimal unterbrochen und stand kurz vor dem Abbruch
Im Hertha-Block mit rund 2000 Berliner Anhängern wurden immer wieder Feuerwerkskörper und auch Raketen gezielt Richtung Rostocker Zuschauer gezündet. Die Hansa-Ultras setzten auf der Südtribüne ein 2014 gestohlenes Hertha-Banner und Sitze in Brand. Schiedsrichter Robert Hartmann musste die Partie zweimal unterbrechen, einmal für zwei, dann sogar für 18 Minuten. "Ich bin für die Sicherheit der Spieler verantwortlich, die war nicht mehr gegeben, als Feuerwerkskörper auf das Spielfeld geschossen wurden", sagte Hartmann bei Sky.
In der Kabine habe man während der rund 15-minütigen Unterbrechung versucht, möglichst viele Informationen zu sammeln. "Nachdem die Polizei gesagt hat, dass sie davon ausgehen, dass sich die Lage beruhigt, haben wir uns entschieden, das Spiel fortzusetzen." Bei erneuten Vorkommnissen "hätten wir uns mit Sicherheit wieder in der Kabine getroffen und die Lage erörtert. Ein Spielabbruch wäre dann nicht völlig aus der Luft gegriffen gewesen", so Hartmann.
Rostock musste bereits zwei Auswärtsspiele ohne Fans absolvieren
Hansa-Chef Marien beschrieb die Ohnmacht der Verantwortlichen, die sich nach dem Eklat mehr als bisher breitmachte. "Wenn man sieht, dass hier 1700 Polizisten und über 300 Ordner unterwegs waren, dass Spürhunde und HD-Kameras im Einsatz sind. Da wird im Bereich der Kontrolle alles getan, was getan werden kann. So etwas kann man sicher nur gesamtgesellschaftlich lösen, nicht allein als Drittligist." Der FC Hansa war gerade vom DFB-Sportgericht wegen diverser Vorfälle auf den Tribünen zu zwei Auswärtsspielen ohne Fans verurteilt worden, spielte zudem auf Bewährung.
Auch Hertha-Manager Preetz machte deutlich, dass der Einfluss der Clubs auf die Randalierer und gewaltbereite Fans eingeschränkt ist. "Den müssen sie mir zeigen, der da auf die Fans einwirken kann", sagte der einstige Stürmer zu den aktuellen Vorfällen: "Das ist schlichtweg unmöglich." Und Hansa-Trainer Pavel Dotchev bemerkte: "Wir distanzieren uns davon, wir können so was nicht ändern, nur versuchen, Vorbilder zu sein. Es ist leider so. Sehr schade, dass so etwas beim Sport, beim Fußball noch passiert." (dpa/sid)