Dortmund. Für Fans des BVB ist „Inside Borussia Dortmund“ ein Pflichtprogramm. Doch man hätte auch dem dritten Teil der Serie mehr Mut gewünscht.

Ein Hotel in Berlin. Die Spieler von Borussia Dortmund gehen durch einen großen Raum, dann durch eine Tür. Die Tür schließt sich, die Kamera bleibt draußen. Und dann erzählen Roman Bürki und Hans-Joachim Watzke, was sich hinter dieser Tür ereignet hat: Dass nämlich Watzke, der Geschäftsführer, eine Sonderprämie ausgelobt hat, damit die im Meisterschaftskampf strauchelnde Mannschaft bei der Berliner Hertha gewinnt – endlich wieder gewinnt.

Es ist eine typische Szene für die Dokumentation „Inside Borussia Dortmund“, deren dritte Folge am Freitag beim Streamingdienst Amazon Prime erschienen ist: Der Zuschauer erfährt vieles über den BVB, was er noch nicht zwingend wusste, viele Details darüber, wie ein großer Klub wie der BVB im Kleinen funktioniert. Aber er erfährt es allzu oft nur gefiltert, nur durch die Erzählungen der Protagonisten. Wenn sich die Tür schließt, finden sich Kamera und Zuschauer allzu oft auf der falschen Seite wieder.

Nach einer guten Stunde ist man erstmals wirklich beim BVB inside

1:36 Stunden dauert diese dritte Folge der auf vier Teile angelegten Serie – und nach einer guten Stunde ist man erstmals wirklich inside: Als nach dem späten 3:2-Sieg bei der Hertha gelöste Stimmung in der Kabine herrscht, als Jadon Sancho tanzt und Marcel Schmelzer im Sitzen seine Bewegungen nachahmt, als Michael Zorc jeden Spieler abklatscht, als sich Julian Weigl und Roman Bürki innig umarmen – und als Trainer Lucien Favre auch in dieser Szene nicht aus seiner Haut kann und eindringlich auf Jacob Bruun Larsen einredet.

Es gibt sie, diese unverstellten Szenen, und es sind die Höhepunkte dieser Dokumentation: Wenn Sportdirektor Michael Zorc in der berühmten Elefantenrunde mit Watzke, Lizenzspieler-Chef Sebastian Kehl und Berater Matthias Sammer darüber informiert, dass Manchester United bei Sanchos Berater angefragt, sich aber eine Absage abgeholt hat. Wenn Julian Weigl nach der 0:5-Niederlage gegen den FC Bayern wutentbrannt in die Kabine stürmt und wettert: „Keine Eier! Wir spielen wie die kleinen Kinder!“

Vor allem aber, als sich Watzke im Spiel gegen den VfL Wolfsburg verkabeln und hautnah begleiten lässt. Es ist ein Spiel, in dem es nicht recht läuft für Dortmund, und das merkt man dem BVB-Boss auch an: „Das ist kein bisschen Fußball, was wir hier spielen“, schimpft er. „Wir kommen doch gar nicht mehr in Schussposition.“ Und als sein Spieler Marius Wolf einen Freistoß zieht: „Der wurde überhaupt nicht berührt, der fällt vor lauter Schwäche um.“

"Inside Borussia Dortmund" - auch in Teil drei wird mehr erzählt als erlebt

Insgesamt aber hätte man sich mehr von diesen Momenten gewünscht. Auch in Teil drei wird mehr erzählt als erlebt. Ein weiteres Beispiel: die Videoanalyse nach dem Spiel gegen Wolfsburg. Man sieht die Mannschaft in den Raum kommen, man hört Favre mit der Analyse beginnen. Dann wird der Ton ausgeblendet und stattdessen erklärt nun Co-Trainer Manfred Stefes die Erkenntnisse, die aus dem Spiel gezogen wurden. Für den Zuschauer mag das sogar leichter zu verstehen sein – man hätte Regisseur Aljoscha Pause dennoch den Mut gewünscht, den Zuschauer öfter mit den Bildern und dem Originalton alleine zu lassen und so unmittelbarer zu erfahren, wie Favre eine derartige Besprechung mit seinen Spielern gestaltet.

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Dennoch bleibt es ein unterhaltsamer Film: Pause hat ein großes Gespür für Geschichten und Bilder, als etwa der BVB zum vorentscheidenden Spiel nach München reist und der Bus vor dem Stadion an einem Plakat vorbei muss, auf dem sämtliche Meistertitel abgebildet sind, die die Bayern bereits gewonnen haben.

Und auch die Interview-Passagen bieten natürlich manches Highlight: Der frühere Trainer Jürgen Klopp erzählt, wie er nach der Meisterfeier 2011 und der obligatorischen Fahrt um den Borsigplatz – an die er sich alkoholbedingt kaum erinnert – in der Garage auf dem Laster aufwachte. Wie er hinauswankte und dort auf Watzke stieß, wie sich beide per Anhalter in die Innenstadt fahren ließen. Und zwar in einem Wagen, in dem auch lebende Hühner und tote Hammel transportiert wurden.

Pflichtprogramm für jeden BVB-Fan

Auch der dritte Teil der Serie bietet zahlreiche solcher Rückblicke: auf die Finanzkrise und die nervenaufreibenden Sitzungen, in denen die Existenz des Klubs gerettet wurde. Auf das Jahr 2008, als Klopp Trainer wurde. Auf den Meistertitel 2011 und das Double 2012. Es sind für jeden Fan hochemotionale Erinnerungen und wunderbare Bilder – es nimmt in dieser Folge aber einen zu großen Teil der Dokumentation ein, führt zu weit weg von der zurückliegenden Saison.

Natürlich ist auch der dritte Teil von „Inside Borussia Dortmund“ Pflichtprogramm für jeden Fan und Interessierten. Aber auch dieses Mal gilt: Die Ansprüche, die Amazon mit Sportdokumentationen wie „All or nothing“ selbst geweckt hat, kann diese Serie in den ersten drei von vier Teilen nicht komplett erfüllen.

Hinweis: Seit Freitag, 16. August, ist der erste Teil der Doku bei Amazon Prime zu sehen, bis zum 13. September folgt wöchentlich eine weitere Folge. Abonnenten von Amazon Prime können die Episoden von „Inside Borussia Dortmund“ über die Prime Video-App auf Smart-TVs und mobilen Geräten sowie am Computer im Browser streamen. Amazon kündigte an, dass die Folgen über die „Prime Video“-App auch auf Mobilgeräte und Tablets heruntergeladen und offline unterwegs geschaut werden können.