Dortmund. In den vergangenen Jahren war es bei Borussia Dortmund gelegentlich so, dass angesichts der Auftritte in der Champions League die Konzentration in der Bundesliga litt. Nun droht ein umgekehrtes Szenario: Die schwierige Lage des BVB in der Bundesliga lenkt vom Spiel gegen Galatasaray Istanbul ab.
Zumindest am Bosporus hat Jürgen Klopp von seinem Ruf als Fußball-Fachmann offensichtlich noch kein Stück eingebüßt. "Wie kann man dem türkischen Fußball helfen?", fragt ein türkischer Journalist den Trainer von Borussia Dortmund. Der preist die Ruhe im BVB-Umfeld, die in der Türkei meist fehle - schließt allerdings mit den Worten: "Ich kann dem türkischen Fußball nicht helfen, tut mir leid."
Deutsche Beobachter hätten an dieser Stelle wohl einzuwenden, dass Klopp derzeit genug damit zu tun hat, seine eigene Mannschaft zu retten. Die nämlich hat sich in eine veritable Krise manövriert - nicht in der Champions League, wo man nach drei Spielen auf neun Punkte und 9:0 Tore kommt, dafür aber in der Bundesliga, wo in zehn Spielen gerade einmal sieben Punkte und eine Bilanz von 11:17 Toren zusammenkamen.
Das wichtigere Spiel steigt am Sonntag
Während in der Champions League also vor der Partie gegen Galatasaray Istanbul (Dienstag, 20.45 Uhr/im Live-Ticker) alles für das Erreichen des Achtelfinals spricht, droht der BVB den Widereinzug in die Königsklasse schon früh in der Saison zu verspielen, am Sonntag bereits steht so etwas wie ein Endspiel an: Borussia Mönchengladbach, derzeit Tabellendritter, kommt mit 13 Punkten Vorsprung nach Dortmund (Sonntag, 17.30 Uhr/im Live-Ticker). Ohne einen Sieg gegen die Fohlen wäre die Champions League kaum noch zu erreichen - das wichtigere Spiel in dieser Woche, so kann man es also mit Fug und Recht sagen, steigt am Sonntag.
Gut möglich also, dass Klopp einigen zuletzt arg beanspruchten Spielern eine Pause gönnt, um sie in der entscheidenderen Partie ausgeruht zur Verfügung zu haben - und dafür etwa einem Ilkay Gündogan Spielpraxis verschafft. Das darf der Trainer so nicht sagen, zumindest nicht nach außen. "Die beste Herangehensweise in unserer Situation ist, uns nur auf das nächste Spiel einzulassen mit allem, was uns zur Verfügung steht", sagt er. "Das ist in unserer Situation nicht wahnsinnig leicht. Wir wissen, dass wir am Sonntag gegen Gladbach spielen." Zumal die schwierige Lage natürlich nicht spurlos an den Spielern vorübergeht. "Das beschäftigt uns auch, wir haben uns gestern intensiv darüber unterhalten", sagt Ex-Kapitän Sebastian Kehl. "Aber es bleibt nicht viel Zeit, sich mit diesen Themen aufzuhalten, wir müssen jetzt ganz, ganz schnell den Schalter umlegen."
Galatasaray als Vorbereitung auf Gladbach
Dass sich die rosarote Champions-League-Traumwelt und der harte Bundesliga-Alltag nicht vollkommen trennen lassen, lässt auch Klopp durchblicken: "Wir versuchen in diesem Spiel natürlich, das Ergebnis zu sichern und darüber hinaus an unseren Abläufen zu arbeiten, um davon wiederum am nächsten Sonntag zu profitieren." Zeit, im Training an diesen Abläufen zu feilen, bleibt in den englischen Wochen kaum, dennoch ist Klopp optimistisch, die Krise bald zu überwinden - zumindest eine Erklärung glaubt er gefunden zu haben. "Wir machen Fehler, das ist im Fußball normal", sagt er. "Aber wir machen sie im falschen Moment und sind vorne nicht konsequent genug, fertig. So einfach ist das."
Nun arbeite man daran, die Probleme zügig zu beheben. "Wir müssen nicht darauf warten, dass irgendwann ein Gegner drei Eigentore schießt und bei uns alles vorbeidonnert", sagt Klopp. "Wir können das selber regeln und da sind wir dran." Sein Mittelfeldspieler Kehl freilich würde gegen den "Starken Gegner" (Klopp) Galatasaray auch einen Sieg mit drei Eigentoren des Gegners nehmen: "Mal wieder mit einem guten Gefühl aufzuwachen, das wäre ganz schön", sagt er.
Der türkische Fußball allerdings hätte einen Krisenhelfer dann noch nötiger.