Dortmund. Borussia Dortmunds Mittelfeldspieler Sven Bender lässt sich auch von Verletzungen nicht aufhalten. Die Kämpfer-Mentalität bekam er schon als Kind von seinem Vater eingeimpft. Verlieren konnte er noch nie. Seinem BVB traut er in der Rückrunde Großes zu - von einem Neustart will er nichts wissen.

Herr Bender, Borussia Dortmund hat die vergangenen drei Heimspiele in Serie verloren. Wie wichtig ist das kommende Spiel gegen Augsburg?

Sven Bender: Es ist aus vielerlei Hinsicht wichtig. Erstens ist es ein Heimspiel, die wollen wir immer gewinnen. Zweitens wollen wir gut in die Rückrunde starten, das ist ganz entscheidend. Und drittens ist das gleich ein Gegner, der sich auch über Einsatz und Teamgeist definiert. So einen Gegner gleich am ersten Rückrundenspieltag zu schlagen, kann uns Schwung und Selbstbewusstsein für die nächsten Spiele geben. Deshalb ist das ein ganz, ganz wichtiges Spiel.

In der Winterpause war von einem Dortmunder Neustart die Rede. Empfinden Sie das als angemessen?

Bender: Nein, das ist übertrieben. Ein Neustart würde bedeuten, dass in der Hinrunde so gut wie gar nichts geklappt hätte, dabei haben wir sehr oft sehr viel richtig gemacht. Wir wissen, wie es funktioniert. Wir haben in der Hinrunde in vielen Spielen gezeigt, wie es geht, aber eben nicht in allen. Das müssen alle wieder verstehen, dass das unser Spiel ist, dass wir hungrig sein müssen auf den Erfolg. Das hat uns in den vergangenen Jahren ausgezeichnet. Wenn wir das machen, dann werden wir wieder die Punkte einsammeln.

Wie würden Sie die Stimmung in der Mannschaft beschreiben?

Bender: Wir sind ein eingeschworener Haufen und als Truppe sehr, sehr gefestigt. Ich glaube, dass bei uns die Sinne geschärft sind. Wir wollen weiter oben stehen, das ist unser Anspruch, weil wir wissen, was wir für geile Kicker haben. Wir stehen im Moment auf Platz vier, wenn man die Abstände sieht, wird klar: Wir haben alle Möglichkeiten. Es liegt an uns. Wir müssen unser Spiel durchziehen und an unsere Stärke glauben.

Für Sie persönlich war es eine durchwachsene Hinrunde. Immer wieder warfen Sie Verletzungen zurück. Haben Sie mal damit gehadert?

Bender: Für mich ist es wichtig, ich selbst zu bleiben, auch wenn ich weiß, dass Verletzungen aufgrund meiner Spielweise passieren können. Ich lasse mich davon aber kein bisschen beeinflussen, sondern werde wie bisher so zur Sache gehen. Das einzige, woran ich denke, wenn ich verletzt bin, ist so schnell wie möglich wieder zurück zu kommen. Das ist mir bislang ja auch immer ganz gut gelungen. Wenn man schaut, welche Verletzungen ich hatte und wie schnell ich wieder fit war, dann zeigt das auch, dass ich sehr professionell mit diesen Rückschlägen umgegangen bin.

Man nennt Sie einen Mann aus Eisen.

Bender: Es ist schon schön, einen solchen Spitznamen zu erhalten. Nach dem Rückspiel gegen Neapel hat es mich ehrlich gesagt ein bisschen genervt.

Sie erlitten beim 3:1-Sieg in der Champions League in der ersten Halbzeit einen Nasenbeinbruch und spielten aber bis zum Ende. Was störte Sie?

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Bender: Ich bin ein Mannschaftsspieler und möchte, dass die Mannschaft nach einem solchen Spiel als Ganzes gewürdigt wird. Wir haben damals ein gutes Spiel gemacht, doch es wurde anschließend fast nur über mich berichtet. Das ist nicht das, was mir gefällt. Ich musste dann irgendwann sagen, dass es reicht und lieber über die Leistung des Teams geredet werden solle, denn die war außergewöhnlich.

Die Situation im Neapel-Spiel war nicht die erste, in der Sie bewiesen, hart gegen sich selbst zu sein? Woher kommt diese Fähigkeit?

Bender: Mein Vater, der auch unser Trainer war, hat meinem Bruder und mir mit auf den Weg gegeben, immer alles zu geben. Mein Vater sagte oft: Man darf einen schlechten Tag haben, aber was man immer kann, ist laufen und kämpfen. Das ist das, was sich in meiner Spielweise widerspiegelt. Ich spiele immer sehr intensiv, immer am Limit. Das habe ich von klein auf mitbekommen, so haben wir Tag für Tag das Fußballspielen in den Jugendmannschaften gelernt - und das ist bis heute erhalten geblieben.

War Ihr Vater ein strenger Trainer?

Auf dem Rasen hört die Bruderliebe auf: Lars und Sven Bender im Wortgefecht.
Auf dem Rasen hört die Bruderliebe auf: Lars und Sven Bender im Wortgefecht. © dpa

Bender: Wir haben relativ viele Einzeltrainingseinheiten mit ihm absolviert - und die waren schon sehr, sehr anspruchsvoll. Mein Vater hat diese Mentalität in uns verankert. Ich bin heute froh, dass es damals etwas intensiver zur Sache ging. Wer meinen Bruder und mich kennt, der weiß, dass wir nicht verlieren können - und schon gar nicht gegeneinander. Wenn es dann beim Privattraining auf den gegenseitigen Wettkampf ankam, dann war das immer maximal am Limit. Aber die genauen Trainingsmethoden bleiben geheim (lacht).

Ein immer währender Wettbewerb mit dem Zwillingsbruder?

Bender: Auf jeden Fall. Wir haben uns gegenseitig hochgezogen. Wenn ich verloren habe - egal ob bei Sprints, Liegestützen oder Zweikämpfen -, dann war ich wirklich richtig sauer. Da habe ich dann auch kurzzeitig nicht mehr mit Lars geredet. Andersherum genauso. Das ist einfach unser Naturell: Wir können mit Niederlagen einfach schwer umgehen, weil wir Siegertypen sind und den größtmöglichen Erfolg anstreben.

Was sagt Ihre Mutter, wenn Sie – wie gegen Neapel geschehen - in Trikot nach dem anderen vollbluten und trotzdem weiterspielen?

Bender: Was die Familie darüber denkt, werde ich hier jetzt nicht verraten (lacht). Ich habe meinen eigenen Kopf. Es ist schon so, dass mich immer mal wieder Leute darauf hinweisen, ob das immer alles richtig und gut ist. Vielleicht ist es als Außenstehender in dem einen oder anderen Moment auch schwierig zu verstehen, weshalb ich das mache.

Was ist Ihr Antrieb?

Bender: Wenn ich nur ein bisschen das Gefühl habe, dass ich spielen kann, dann mache ich es. Und das Gefühl war eben relativ oft gut (lacht). Ich möchte mir im Nachhinein keinen Vorwurf machen müssen, wenn es doch hätte gehen können. Ich möchte jedes Fußballspiel genießen und mitnehmen. Dafür lebe ich als Fußballer.