Marseille. Marian Sarr stand gewaltig unter Druck. Ausgerechnet im entscheidenden Spiel der Gruppenphase gegen Olympique Marseille feierte der 18 Jahre alte Verteidiger sein Debüt bei den Profis - und meisterte es ohne Probleme. Trotzdem warnt BVB-Geschäftsführer Watzke vor einem Hype um das Abwehrtalent.
Den Ort des Geschehens verließ Marian Sarr mit einer schwarzen Kapuze über dem Kopf. So wenig wie er gesehen werden wollte, wollte er reden. Schweigend marschierte er Richtung Mannschaftsbus, stieg ein, verschwand von der Kulisse dieses Abends, den er nie vergessen wird. Das Debüt bei den Profis erlebt man schließlich nur einmal. In den seltensten Fällen aber in der Champions Legaue, in einem entscheidenden Spiel um Image und Millionen. Doch genau das widerfuhr dem Nachwuchsmann von Borussia Dortmund beim 2:1-Sieg in Marseille, mit dem der BVB den nicht mehr für möglich gehaltenen Sprung in Achtelfinale bewerkstelligte.
Die pure Not hatte den 18-Jährigen in die Mannschaft gespült. Innenverteidiger Mats Hummels verletzt, Innenverteidiger Neven Subotic verletzt, Aushilfs-Innenverteidiger Manuel Friedrich nicht spielberechtigt, Aushilfs-Innenverteidiger Sven Bender verletzt – viele Möglichkeiten blieben Dortmunds Trainer Jürgen Klopp nicht. Er setzte auf Sarr – und wurde nicht enttäuscht.
Beinahe alles, was Sarr anpackte, gelang
Der gebürtige Essener wurde zwar Teil eines Spiels, das nicht die allerhöchsten Anforderungen an einen Abwehrspieler stellt. In Überzahl verlagerte der BVB das Geschehen vornehmlich in die Hälfte des Gegners. Sarrs Möglichkeiten, schwere Fehler zu begehen, hielten sich so in engen Grenzen. Aber beinahe alles, was er anpackte, gelang auf erstaunlich souveräne Weise. „Er hat keinen wichtigen Zweikampf verloren“, lobte Trainer Jürgen Klopp.
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„Es war mutig von Jürgen, Marian aufzustellen“, sagt BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke: „Wir sollten ihn jetzt nicht zu sehr hypen, aber der Junge hat es drauf. In einem solchen Spiel so aufzutreten, das ist schon großartig.“ Und Sportdirektor Michael Zorc war ebenfalls zufrieden: „Marian hat eine extreme Ruhe am Ball. Wir wussten, dass wir hier viele Spielanteile haben würden. Das hat er gut gemacht. Wir haben nicht umsonst große Anstrengungen unternommen, ihn aus Leverkusen wegzuholen.“
Sarr hatte mit Verletzungen zu kämpfen
Das war zu Beginn dieses Jahres. Es war ein Wechsel, der für Aufsehen sorgte. Sarr gilt als besonders talentierter junger Fußballer. Leverkusen hätte den Verteidiger gern behalten, doch der BVB bemühte sich um dessen Fertigkeiten. Die Ablösesumme soll bei 700.000 Euro gelegen haben. Ein erstaunlicher Wert für einen so jungen und unbekannten Spieler. Das Wort vom Talentklau machte die Runde am Rhein. Doch erstaunt mussten die Leverkusener nun am vergangenen Wochenende beim Bundesliga-Duell mit dem BVB feststellen, dass dieser Marian Sarr gar nicht einsetzte, sondern wie auch zuvor schon auf den Fast-Ruheständler Manuel Friedrich zurückgriff. Der Routinier beging beim 0:1 den entscheidenden Fehler.
„Marian ist ein ganz junger Spieler“, begründet Zorc, „der immer wieder mit Verletzungen zu tun hatte. Es ist noch gar nicht lange her, da fiel er mit einem Zehenbruch aus. Das ist der Grund, warum er nicht schon eher gespielt hat.“ Die Pausen hatten Sarr Spielpraxis und Selbstsicherheit gekostet. „Man tut den jungen Burschen keinen Gefallen, wenn man sie dann ins kalte Wasser wirft“, sagte Klopp noch vor ein paar Wochen, als die Defensiv-Dramatik begann, sich zu entwickeln. Nun aber hatte er offenbar das Gefühl, Marian Sarr vertrauen zu können.
Möglich also, dass der 18-Jährige in den verbleibenden beiden Bundesligaspielen vor der Pause, gegen Hoffenheim und Hertha BSC Berlin, wieder zum Einsatz kommt. Schließlich dürfte Bundesliga-Reife besitzen, wer sein Debüt in der Königsklasse auf diese Weise feiert.