Dortmund. . Vor der wichtigen Bundesliga-Begegnung mit Mainz 05 hat Borussia Dortmunds Trainer Jürgen Klopp seinen seit vier Spielen trefferlosen Topstürmer über den grünen Klee gelobt. Bei der aktuellen Flaute ist für Klopp „entscheidend, wie der Fußball aussieht in diesen Phasen“.

Sein erstes Tor bereitet Marco Reus in Minute 54 mit einem Hackentrick vor, der die gegnerischen Verteidiger in Salzsäulen verwandelt. Allein Robert Lewandowski reagiert. Er nimmt den Ball mit links, verwandelt mit rechts und lässt sich nicht viel Zeit für den Jubel. Sein zweites Tor erzielt er bereits in Minute 56. Langer Ball zwischen zwei Verteidigern hindurch. Lewandowski schießt. Wieder Treffer. Und eine Viertelstunde später leitet er den Angriff selbst ein, spielt hinüber zum Kollegen Jakub Blaszczykowski, der zieht ab, der Torhüter lenkt gegen das Lattenkreuz, Lewandowski ist da. Anschließend zeigt er drei Finger vor. Ein Hattrick. Ein Traum in Schwarz und Gelb wie er lange nicht geträumt wurde.

Es werden noch nicht die Minuten gezählt, wie es üblich ist, wenn es einem Stürmer nicht mehr gelingt, Netze auszubeulen. Die drei Treffer, die Lewandowski am ersten November beim 6:1-Sieg gegen den VfB Stuttgart in der Bundesliga erzielte, waren allerdings seine letzten. Seitdem herrscht Flaute. Seitdem hat der BVB drei Begegnungen verloren, gegen Arsenal (0:1), Wolfsburg (1:2), Bayern (0:3). Und Begegnung vier gegen Neapel wurde am Dienstag zwar 3:1 gewonnen, doch ein Name fehlte auf der Torschützenliste. Der Name des Mannes, dessen ganz spezielle Mission die Vollendung ist, „das Resultat“, wie es Jürgen Klopp nennt.

Dass der Trainer fürchtet, um Lewandowski herum könnte das Meer der Stimmungen wieder rauer werden, war im Vorfeld der am Samstag anstehenden Ligapartie bei den Mainzern festzustellen (15.30 Uhr/live in unserem Ticker). In vorauseilender Fürsorge berichtete Klopp davon, dass er seinem Nuller nach dem Einsatz gegen die Neapolitaner „aus vollem Herzen gratuliert“ habe: „Lewi hat grandios gespielt.“ In einem anderen, weniger belasteten Individualfall hätte er den Griff zum Super-Superlativ kaum für notwendig gehalten. Ein paar Partien, jede Menge Chancen, am Ende ein Torhüter von Qualität oder schlichtes Pech: Das kann passieren. Das ist vielen passiert. Urplötzlich verschwindet, was in der Psychologie „Flow“ heißt, urplötzlich steckt der Torartist auch wieder mitten drin im Fluss, lässt sich treiben, alles funktioniert wie von selbst. Was soll’s? Es braucht nur Zeit.

Auf Lewandowski aber lastet bereits seit Saisonstart der Schatten des Zweifels. Monatelang wetteiferten sein Beraterduo und die globalen Medien darum, auf der Wechseltheaterbühne den dämlichsten Gag abzuliefern. Der nach Aufsehen erregenden Partien auf nationalem und internationalem Rasen hitzig begehrte Angreifer wurde heute hierhin, morgen dorthin verkauft. Virtuell. Bayern München hält ihn wohl tatsächlich am Trikot (im Januar will Lewandowski sich endgültig erklären). Äußerungen, mit denen der Pole die Westfalenführung dazu bewegen wollte, ihn sofort frei zu geben, hörten Fans aber natürlich nicht gern. Und misstrauisch machten Sätze wie diese: „Ich muss akzeptieren, dass ich in Dortmund bleiben muss.“ „Leider ist es jetzt auf einmal so, dass ich hierbleiben muss.“

17 Tore auf dem Pflichtspielkonto

Klopp trat auch seinerzeit wie der freundliche Verteidiger auf, den sich Berufsstürmer ständig wünschen. „Mehr Profi geht nicht“, verkündete er und schob Charakterlob um Charakterlob hinterher. Gerätselt und gemutmaßt wurde dennoch bei verbaselten Möglichkeiten: Kann ein Fußballer, der sich im Kopf bereits von einem Klub verabschieden haben muss, überhaupt noch mit der absoluten Konzentration bei der Sache sein? Lewandowski hielt den Hirnforschern Tore entgegen, neun in 13 Liga-, drei in fünf Champions-League-, eines in zwei Pokalspielen. Und bei der aktuellen Flaute ist für Klopp „entscheidend, wie der Fußball aussieht in diesen Phasen“.

Aus der Perspektive des BVB: In Mainz hoffentlich so gut wie zum Beispiel gegen die Bayern, aber mit etwas höherer Effizienz der Abteilung Chancenverwertung. Lewandowski übrigens steuerte im April, in der Rückrunde der vergangenen Saison, einen Treffer zum 2:0-Sieg gegen Mainz bei. Und das, während er auf der Bühne des Wechseltheaters im prallsten Rampenlicht stand. Vorauseilende Fürsorge ist vielleicht sogar unangebracht.