München. . Routine schlägt Jugend: Borussia Dortmunds Torwart Roman Weidenfeller darf nach seiner späten Nationalmannschafts-Berufung darauf hoffen, als erster Ersatz von Manuel Neuer zur Weltmeisterschaft nach Brasilien reisen zu können.
Roman Weidenfeller lächelte mehrmals, aber er riss sich auch immer wieder zusammen. Die Freude, sich nun erstmals im Kreise der Fußball-Nationalmannschaft zu befinden, war hoch über den Dächern Münchens ebenso unverkennbar wie das Bemühen, die neue Nähe nicht durch einen unbedachten Auftritt zu gefährden. Kurz fielen die Sätze des Torwarts von Borussia Dortmund meist aus, und zurückhaltend vor allem immer dann, wenn seine Freude hätte zu sehr sichtbar werden und seine Demut hätte zu gering erscheinen können. Er will sein zeitlich und auch für ihn persönlich gar nicht mehr so fernes Ziel keinesfalls gefährden: Die WM-Teilnahme 2014 in Brasilien.
Der 33-Jährige weiß nur zu gut, dass es ein langer Weg war, überhaupt berufen zu werden, nach ersten zarten Banden vor sieben Jahren, einigen Irritationen und der scheinbar schon verstrichenen Chance, doch noch eine Einladung von Bundestrainer Joachim Löw zu erhalten. Was bedeutet ihm also der nun in Aussicht stehende Einsatz im letzten Test des Jahres am Dienstag in England? „Ein Traum würde sich erfüllen“, sagte Weidenfeller, „aber der i-Punkt ist eigentlich schon damit gesetzt, dass ich jetzt dazugehöre und – das ist für mich entscheidend – die Wertschätzung erfahre vom Trainerstab und der Öffentlichkeit.“
Am Freitag in Mailand gegen Italien (20.45 Uhr/live in unserem Ticker) wird die klare Nummer eins, Manuel Neuer vom FC Bayern, im Tor stehen. Für die Partie in London am Dienstag darf sich Weidenfeller aber große Hoffnungen machen, den Vorzug vor René Adler vom Hamburger SV zu erhalten. Torwarttrainer Andreas Köpke ließ das anklingen. Nach dem Spiel gegen Italien werde man alles weitere sehen, sagte er. Zugleich begründete Köpke die Berufung Weidenfellers aber mit dem Kalender, der nach den beiden Härtetests gegen Italien und England nur noch ein Treffen der Nationalelf bei der Partie im März gegen Chile vorsieht, ehe die WM vor der Tür steht. „Jetzt ist die letzte Chance zu experimentieren“, sagte Köpke.
Das Lob von Torwart-Trainer Köpke
Dass die Berufung Weidenfellers jedoch weit mehr als ein Experiment ist, darf man annehmen. Löw und Köpke sind zu der Überzeugung gelangt, dass ihnen ein erfahrener Torwart bei dem komplizierten Turnier der vielen Unwägbarkeiten in Brasilien weitaus mehr helfen könnte als ein junger wie Ron-Robert Zieler (Hannover), Bernd Leno (Leverkusen) oder Marc-André ter Stegen (Mönchengladbach).
Die Tendenz, dass es für Leno, ter Stegen und Zieler nichts mit Brasilien werden wird, zeichnet sich recht deutlich ab. Köpke sieht wie Löw den Dortmunder Torwart als gefestigter und belastbarer an, zudem loben beide, dass Weidenfeller seinen Stil umgestellt habe. „Roman spielt schon ganz lange Zeit auf sehr hohem Niveau, auch in der Champions League“, betonte Köpke. Die jungen Torhüter sollten aber nicht „das Fußballspielen einstellen, nur weil sie vielleicht nicht bei der WM dabei sein werden“.
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Es gibt sogar Andeutungen, dass Weidenfeller damit rechnen darf, die Reise zur WM als Nummer zwei anzutreten. Die Praxis aus der Champions League, in der Weidenfeller vielen Profis begegnet, die auch bei der WM sein werden, ist für Löw und Köpke ein wesentliches Argument gewesen, ihn nun doch einzuladen. Adler kann diese Bewährungsproben auf höchstem Niveau nicht vorweisen und ist auch den Schwankungen seiner Mannschaft unterworfen. Weidenfeller sagte, er sei „offen für alles“. Und lächelte. Aber nicht zu viel.