Neapel.. Borussia Dortmunds Trainer ist eigentlich ein Mann, der klug und witzig formulieren kann. Aber regelmäßig, wie jetzt in Neapel, verliert er die Fassung. Er hat sich zwar entschuldigt - aber das nicht zum ersten Mal. Sein Fehltritt wirkt auch negativ auf das europäische Ansehen des Vereins zurück.
In den vorderen Sitzreihen des Fluges TK3360 von Neapel nach Dortmund blieb ein Sitz frei. Der nämlich, auf dem sich auf dem Hinflug Jürgen Klopp befunden hatte. Der Trainer von Borussia Dortmund hatte die schwarz-gelbe Reisegruppe am Morgen nach der 1:2-Niederlage beim SSC Neapel vorzeitig verlassen, um der Beisetzung Wolfgang Franks beizuwohnen. Der einstige Mainzer Trainer Frank gilt als Klopps Lehrmeister. Vieles von dem, was Klopp ausmacht, hat Frank ihm beigebracht. Doch während der Mentor als zurückhaltend in Erinnerung bleiben wird, hat sein Zögling ein beachtliches Temperament aufzubieten, das nun auch unrühmliche Bekanntheit in ganz Europa gefunden hat.
Klopp ist ein reflektierter Mensch, der kluge Dinge denkt und gelassen formuliert. An der Seitenlinie allerdings pumpt sein Herz manchmal unbremsbaren Ehrgeiz, aus dem in unschöner Regelmäßigkeit eine Miene der unendlichen Wut entsteht. Ein Mann, zwei Seiten. Good Klopp, bad Klopp – guter Klopp, böser Klopp. Beide Gesichter offenbarte der Trainer zum Auftakt der neuen Champions-League-Saison.
Seine Ausraster haben Klopp fast 40 000 Euro Strafe eingebracht
Klopp fühlte sich unfair behandelt, als Neapel in Führung ging, weil sein Innenverteidiger Neven Subotic nach einer medizinischen Behandlung an der Seitenlinie nicht rechtzeitig für den entscheidenden Eckball auf das Feld gelassen wurde. Sein Zorn war beachtlich, fast Furcht einflößend. Der Schiedsrichter verwies ihn des Innenraums. Deutschland kennt diese Bilder durchaus schon aus der Bundesliga. Mehrmals ist er für solches Verhalten auf die Tribüne verbannt worden, fast 40 000 Euro Geldstrafen haben ihm seine Unbeherschtheiten bisher eingebracht.
Die Ausraster des Jürgen Klopp
Auch nach seinem bis Mittwoch letzten Aussetzer hatte Klopp versprochen, dass er sich so etwas nicht mehr leisten werde. In Neapel, auf der international beachteten und hell ausgeleuchteten Bühne Champions League, brach er sein Wort und lieferte Bilder, die eine ganze Weile an ihm und Borussia Dortmund haften bleiben werden. Ein Umstand, der national die reflexartige Diskussion auslöst, ob sich ein so prominenter Mann in einem so prominenten Amt Aussetzer wie diesen leisten darf. Selbst im eigenen Lager wollte man das Verhalten nicht gut heißen. „Er hat sehr heftig reagiert. Das war nicht okay“, konstatierte Sportdirektor Michael Zorc, „aber Jürgen ist ein emotionaler Mensch. Er hat sich entschuldigt. Damit ist die Sache für uns erledigt.“
Klopps Fehltritt, Weidenfellers Rot, Hummels Verletzung - kein guter Abend für den BVB
In der Stille eines Hausmeister-Kabuffs sah Klopp die zweite Halbzeit auf einem Fernseher, „weil auf der Tribüne viele Menschen waren, die so ausgesehen haben, als würden sie sich über meine Situation freuen“. Hinter verschlossener Tür reifte schnell die Reue. Nach dem Spiel entschuldigte er sich beim Schiedsrichter-Gespann und der eigenen Mannschaft: „Die Emotion, die ich hereingebracht habe, hat aus einem weniger guten Spiel von uns ein hektisches gemacht. Das hat es für uns noch schwerer werden lassen. Wenn wir einen guten Tag haben und der Trainer seine Nerven im Griff hat, können wir hier etwas holen. Beides aber war nicht der Fall.“
So blieb es ein in jeder Hinsicht verlustreicher Abend. Torwart Roman Weidenfeller ist nach seiner Roten Karte für ein Spiel in der Königsklasse gesperrt worden, Torwart Mitch Langerak schlug sich Teile seiner Schneidezähne aus, als er bei einer vergeblichen Rettungsaktion gegen den Pfosten prallte, und Mats Hummels humpelte verletzt vom Platz. Er hatte einen Schlag auf den Ischias-Nerv abbekommen. Doch sowohl bei ihm als auch bei seinem Innenverteidiger-Kollegen Sokratis besteht zumindest schon wieder Hoffnung auf einen Einsatz in der Bundesliga am Samstag in Nürnberg.
Für Erfolg in der Königsklassen muss die Mannschaft sich besser präsentieren - gleiches gilt für den BVB-Coach
Es ist die nächste Station der herbstlichen Hatz durch die Wettbewerbe, in denen der BVB nur die höchsten Ansprüche hat. Das gilt nach wie vor auch für die Champions League, in der Anfang Oktober Marseille der nächste Gegner sein wird.
Michael Zorc geht fest davon aus, dass sein Trainer dann dabei sein und nicht vom europäischen Verband gesperrt wird. „Ich denke nicht, dass das große Konsequenzen haben wird“, sagt der Sportdirektor mit Blick auf den Auftritt in Neapel. Hoffnung schwingt mit. Ohne Klopp an der Seitenlinie fehlt diesem BVB etwas. „Wir haben immer noch viel vor in diesem Wettbewerb“, sagt Klopp, „aber dazu müssen wir besser Fußball spielen und uns besser präsentieren.“ Das gilt in diesem Fall besonders für den Trainer.