Essen. Rund um BVB-Angreifer Robert Lewandowski gab es im vergangenen Jahr viele, viele Fragen. Bleibt er in Dortmund? Oder geht er? Wenn ja, wohin? Und vor allem wann? Eine Chronik des beispiellosen Geschachers um den polnischen Nationalstürmer.
März 2012: Der BVB befindet sich auf der Zielgerade in Richtung Titelverteidigung und spielt eine Rekord-Rückrunde. Garniert werden die sportlichen Erfolge mit einigen Vertragsverlängerungen. Unter anderem unterschreibt Mario Götze neue Arbeitspapiere. Robert Lewandowski soll schnellstmöglich nachziehen. Tut er aber nicht. "The Sun" bringt den Stein ins Rollen.. Es wird ein Tauschgeschäft mit Manchester City kolportiert. Dzeko gegen "Lewa". Die Dortmunder Bosse lässt das (noch) kalt.
Die Lewandowski-Berater treffen sich nach Informationen der "Sport Bild" mit Christian Nerlinger, dem damaligen Bayern-Sportdirektor.
April 2012: Die Borussia ist Meister. Ein ganz, ganz kleiner Wermutstropfen ist nur die stockende Vertragsverlängerung mit Shinji Kagawa. Bei Robert Lewandowski gönnt man sich etwas mehr Ruhe. Alles andere als ruhig bleibt hingegen Lewandowskis Berater Cezary Kucharski. Der regt sich öffentlich über das Angebot des BVB an seinen Klienten auf. „Wir sind von der Offerte enttäuscht. Ein Spieler der Klasse von Robert sollte zu den bestbezahlten Fußballern beim BVB gehören“, sagt er gegenüber WAZ.de. Und: „Ob Robert auch im nächsten Jahr in Schwarz-Gelb aufläuft, ist derzeit noch offen.“
Mai 2012: Ein paar BVB-Fans erschrecken sich. "Bayern München verpflichtet Lewandowski" heißt es plötzlich. Ist aber wenig später nur noch halb so schlimm. Lewandowski spielt zwar Fußball für die Bayern, ist aber eine Frau und heißt Gina Loren. Die US-Nationalspielerin kommt vom FFC Frankfurt.
Die "Sport Bild" findet das Thema Lewandowski erstmals spannend. Auf Nachfrage erklärt BVB-Boss Watzke seinen Toptorjäger allerdings für unverkäuflich: "Es gibt keine Summen, die uns umstimmen könnten. Robert ist nicht auf dem Markt."
Juni 2012: Die Euro befeuert das Geschacher um Lewandowski. Plötzlich soll die halbe Premier League Schlange stehen.
Der "Daily Telegraph" meint, Chelsea-Besitzer Roman Abramowitsch sei nur in Warschau, um Lewandowski zu beobachten.
Polens Nationaltrainer Franciszek Smuda vertritt in der polnischenTageszeitung "Dziennik Gazeta Prawna", sein Angreifer wechsle alsbald zu Manchester United.
Hans-Joachim Watzke reagiert erstmals gereizt. „Was in polnischen Medien alles kolportiert wird, ist mir ehrlich gesagt sch...egal", sagt der BVB-Geschäftsführer. "Ich kenne die Medien dort genau und weiß daher, wie das zu bewerten ist."
Jetzt ist auch der FC Bayern im Spiel. Die "Sport Bild" weiß von Gesprächen zwischen dem Rekordmeister und Lewandowskis Management. Der "Kicker" begrüßt Real Madrid in der Diskussion.
Juli 2012: Robert Lewandowski erscheint zum Trainigsauftakt. Beim BVB. Es bleibt beinahe den ganzen Monat ruhig.
Wäre da nicht das polnische Fernsehen. „Die Premier League ist die Liga, in der ich gerne mal spielen würde", wird Lewandowski da zitiert.
August bis Dezember 2012: City und United sind wieder im Gespräch
August 2012: Die "Sport Bild" weiß: "Spätestens 2013 ist er weg. Verlängern will er beim BVB nicht."
September 2012: "Bild" meint zu wissen, wie weit der BVB und Lewandowski in den Verhandlungen auseinanderliegen. Der Pole verdiene zu dieser Zeit 1,5 Millionen Euro im Jahr, der BVB biete an, auf 3,3 Millionen zu erhöhen, der Spieler und seiner Berater aber pochten auf 4,5 bis 5 Millionen.
Auch "Sport Bild" bleibt dran und will wissen, was Lewandowski von einem Angebot der Bayern hielte. "Das ist immer interessant, und man muss sich damit beschäftigen. Das ist ein so großer Klub."
Oktober 2012: Kein neues Gerücht. Wäre damals auch eine gute Schlagzeile gewesen.
November 2012: Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, dass Manchester United der Lieblingsverein Lewandowskis sei. Sir Alex Ferguson habe ihn schon vor der Saison im Paket mit Shinji Kagawa verpflichten wollen.
Lewandowski-Berater Maik Barthel wiederholt öffentlich, dass sein Klient auf dem Markt ist. Die "Süddeutsche Zeitung" befragt BVB-Sportdirektor Michael Zorc zu dieser offensiven PR-Arbeit. Der meint: "Wir müssen nicht jedes Interview eines geschwätzigen Beraters kommentieren."
Wenig später möchte Hans-Joachim Watzke einen Wechsel im Sommer 2013 nicht mehr ausschließen.
Dezember 2012: Ein neuer Koch in der Gerüchteküche: Die italienische Sportzeitung "Corriere dello Sport" wirft Inter Mailand in die Verlosung.
Laut "Focus" steht wieder ein Tauschgeschäft mit Manchester City im Raum."Lewa" gegen Dzeko und ein paar Scheine.
"Bild" meldet, ManUnited habe Lewandowski einen Vertrag vorgelegt, auf dem nur noch die Tinte fehle.
Die BVB-Bosse wirken dieser Tage einigermaßen genervt. Und extrem routiniert bei dem Satz: "Wir haben von diesem Verein kein Angebot vorliegen."
Silvester hat das Thema (angeblich) Pause.
Januar bis März 2013: Lothar Matthäus und Italiener, die keine Ironie Verstehen
Januar 2013: Neues Jahr, neuer Interessent. Paris St. Germain gehört nun auch zum Kreis der Interessenten. Laut "Sport Bild" ist ein Wechsel in die Stadt der Liebe sicher. Im Sommer 2013. Manchester United habe aber auch noch Chancen.
Michael Zorc im WAZ-Interview. Selbst wenn ein sehr, sehr reicher Scheich anfrage, sei Lewandowski in dieser Winter-Wechselperiode nicht zu haben.
Die WAZ weiß exklusiv: Einige Dortmunder sind stinksauer auf Robert Lewandowski. Aber nicht wegen der Wechselgerüchte. Der Mercedes des Profis versagt an einer Ampel den Dienst. Noch nicht einmal der Warnblinker geht an. Es wird wild gehupt.
Februar 2013: Ein Fachmann meldet sich zu Wort: Lothar Matthäus. Er will wissen, dass der Wechsel zu den Bayern im Sommer 2013 fix ist. Das sagt er dem "Focus". Uli Hoeneß ist wenig später im "Doppelpass". Und sauer. "Lothar Matthäus hat sich in den letzten Monaten fast nur mit Frauen beschäftigt und jetzt diskutiert er plötzlich über neue Spieler beim FC Bayern."
Der "Münchener Merkur" sieht es genauso wie Lothar Matthäus.
Der dramatischste Akt im Transfertheater: "Sky Italia" meldet den Wechsel nach Bayern. Ohne Wenn und Aber. "Sky Italia", das auch in Sachen Pep Guardiola vor allen anderen Bescheid wusste. Großes Bohei. Nachrichtenagenturen ziehen nach. Die Meldung zieht große, große Kreise.
#Lewandowski vom #BVB zum #FCB: ow.ly/hqxPG Dies berichtet Sky Italia - bei #Pep lagen die Kollegen richtig. #bayern #skybuli
— Dein Sky Sport (@DeinSkySport) February 5, 2013
Der Haken: "Sky Italia" hatte nur einen Tweet als Quelle. Und den Tweet komplett missverstanden. "Und schon wieder dieses #Lewandowski-Gerücht. Hat wenigstens #SkyItalia bestätigt?! #Pep #Willkommensgeschenk", lautete der. Der Irrtum wird am Abend nach und nach transparent.
Und schon wieder dieses #Lewandowski-Gerücht. Hat wenigstens #SkyItalia bestätigt?! #Pep #Willkommensgeschenk
— Breitnigge (@breitnigge) February 4, 2013
Großes Bohei zurück. Und die Erkenntnis: Italiener haben's nicht so mit Ironie.
Nicht nur die BVB-Bosse sind mittlerweile angenervt. Bayern-Vorstandschef Rummenigge sagt dem Sport-Informations-Dienst: "Diese Art Gerüchteküche kommt der Küchenschabe relativ nahe."
Robert Lewandowski persönlich sagt auch mal etwas. "In Polen wird noch viel mehr spekuliert."
Es wird mal wieder Zeit für Berater Kucharski. Seine Bühne: das polnische Fernsehen. Sein Klient werde den vertrag nicht verlängern, sagt Kucharski. "Robert hat seine Entscheidung getroffen. Er allein entscheidet, wann er sie verkünden wird."
Lewandowski fliegt beim 1:4 gegen den HSV vom Platz. Tätlichkeit gegen Skjelbred.
März 2013: Die Gerüchteküche erfindet sich neu. Jetzt geht's um denkbare Nachfolger für Lewandowski nach einem denkbaren Wechsel. Ein paar Kandidaten: Edin Dzeko, Mame Diouf, Loic Remy, Bafetimbi Gomis, Burak Yilmaz, Mario Gomez, Stefan Kießling.
Um das Wie, Wohin, Wann des Wechsels von Robert Lewandowski bleibt es erstaunlich ruhig. Der Pole setzt in dieser Zeit zu einer beeinruckenden Trefferserie an. Er trifft in jedem Spiel dieses Monats. Und auch in jedem Spiel des folgenden Monats.
April bis Mai 2013: Jupp Heynckes als Lautsprecher im Siegesrausch
April 2013: Der Wechsel von Mario Götze zu den Bayern wird öffentlich, ein großer Aufschrei ist die Folge. Die Lewandowski-Wechsel-Debatte wird dadurch nicht leiser.
Robert Lewandowski macht das Spiel seines Lebens: Champions-League-Halbfinale, der Gegner ist Real Madrid, der Pole macht vier Tore. Auf der Tribüne sitzen ein paar Angestellte von Manchester United. Freilich wird die Wechsel-Debatte auch dadurch nicht leiser.
Lewandowskis Berater Maik Barthel wird bei "Spiegel Online" und "Sport Bild" zitert. "Wir sind uns mit dem Verein einig und möchten im Sommer wechselt." Und: "Es gibt ein sehr interessantes Angebot für Robert, welches den vom BVB auferlegten Kriterien in vollem Umfang entspricht und auch die Ansprüche von Robert befriedigt."
Auch Cezary Kucharski spricht. Im staatlichen polnischen Nachrichtensender TVP Info. "Robert Lewandowski spielt in dem großen Verein Borussia Dortmund, und Robert wird in einem noch größeren Verein spielen. Einem noch besseren als Borussia Dortmund. Die Funktionäre von Borussia Dortmund wissen, wo er spielen wird."
Jürgen Klopp findet das alles nicht so lustig: „Wir haben uns immer alle fair zueinander verhalten. Warum ein Berater sich ins Fernsehen stellt und bei laufendem Vertrag eines Spielers sagt, dass er definitiv wechselt – das sind so viele komische Gedanken, das kann ich gar nicht nachvollziehen.“
Die Bayern setzen extra eine Presseerklärung auf: "Der FC Bayern hat entgegen dieser Meldungen keinen Vertrag mit Robert Lewandowski."
Im "Aktuellen Sportstudio" des ZDF bestätigt Aki Watzke erstmals, dass es eine Absprache gab, sich über einen Transfer zu unterhalten, wenn bis zum 15. Mai ein "ordentliches Angebot" eingeht. "Das heißt aber nicht, dass Robert dann auf jeden Fall wechselt." Im Interview mit der WAZ moniert Watzke einmal mehr das mediale Hickhack um Lewandowski: "Wir sind Opfer dieser von mir ohnehin nicht sehr geschätzten sozialen Medien. Da wird ein Wahnsinn verbreitet, dass es einem manchmal schlecht wird."
Mai 2013: Real Madrid gehört wieder zum angeblichen Interessentenkreis. Klubchef Florentino Pérez habe sich wegen Lewandowski mit BVB-Präsident Reinhard Rauball getroffen, berichtet der ein spanischer Radiosender.
Dortmund verliert das Champions-League-Endspiel gegen die Bayern.
Jupp Heynckes, sonst ja nicht gerade ein Lautsprecher, wagt sich auf der Pressekonferenz nach dem Finale weit vor: "Man weiß ja, dass Mario Götze verpflichtet worden ist und Lewandowski auch nicht mehr lange auf sich warten lässt." Hans-Joachim Watzke wundert sich: "Ich weiß nicht, wie nah Jupp Heynckes am Management der Bayern dran ist. Wenn es so sein sollte, wäre es nicht schlecht, wenn wir auch davon erfahren würden." Und: "Jupp Heynckes sollte sich da raushalten und sich auf die Mannschaftsaufstellung für nächsten Samstag konzentrieren."
Cezary Kucharski ist mal wieder im polnischen TV: "Für uns ist die Angelegenheit klar, aber wir haben nichts unterschrieben. Die Vereine müssen eine Einigung erreichen", sagt er beim Nachrichtensender "TVN 24". Der Wechsel sei nur eine "Sache von ein, zwei Wochen".
Jürgen Klopp wundert sich im Gespräch mit "Bild": "Das eigentlich Komische ist, dass alle so tun, als wäre das schon erledigt. Jupp Heynckes sagt das, die Berater sagen das - und wir haben kein Angebot. Was soll denn das eigentlich? Wie das jetzt abläuft, ist nicht wunderschön."
Juni bis August 2013: Ein Machtwort von Watzke und ein schmollender "Lewa"
Juni 2013: In "Sport Bild" äußert sich Lewandowski: "Ich gehe davon aus, dass nun alles geklärt wird und ich diesen Sommer zu meinem Wunschverein wechseln darf. Das wäre für alle Seiten das Beste."
Machtwort von Watzke gegenüber "Bild.de": „Robert Lewandowski wird 2013 definitiv nicht zum FC Bayern wechseln. Das ist endgültig! Das haben wir Robert und seinen Beratern jetzt mitgeteilt.“
Lewandowski zweifelt an Watzkes Entschlossenheit: „Ich glaube nicht, dass das eine definitive Entscheidung ist. Ich denke, das wird sich noch ändern“, sagt er bei einem Sponsorentermin in Warschau.
Franz Beckenbauer twittert. Er könne „verstehen, dass Dortmund Lewandowski nicht gehen lassen will“, sei allerdings gespannt, wie das ein Jahr lang funktionieren solle, „wenn er zum FCB will“.
Kann verstehen, dass Dortmund Lewandowski nicht gehen lassen will – bin nur gespannt,wie das 1 Jahr funktionieren soll,wenn er zum FCB will.
— Franz Beckenbauer (@beckenbauer) 10. Juni 2013
Laut eines Berichts der englischen "Sun" ist Manchester City wieder mal interessiert. Der Scheich-Klub will "Lewa" mit einem Wochenlohn von 235.000 Euro ködern, was Lewandowski mit einem Jahresgehalt von rund 12 Millionen Euro zu einem der Top-Verdiener auf der Insel machen würde. Laut "Sun" ist allerdings auch Meister Manchester United noch am Ball.
Der BVB signalisiert Bereitschaft, Lewandowskis Gehalt aufzubessern. "Uns ist natürlich klar, dass Roberts derzeitiges Leistungsniveau von seinem bisherigen Gehalt nicht mehr korrekt abgebildet wird", sagt Michael Zorc.
Der Verband der Deutschen Fußballspieler-Vermittler (DFVV) kritisiert die Lewandowski-Berater. "Den Spieler monatelang wie die Sau durchs Dorf zu treiben, ist nicht gerade Ausdruck seriösen Beratergebarens", sagt der DFVV-Geschäftsführer Gregor Reiter dem Onlineportal "Sport1".
Robert Lewandowski nimmt die Vorbereitung für die neue Saison auf. Bei Borussia Dortmund.
Juli 2013: Bayern-Chef Rummenigge erklärt in "Sport Bild" den ablösefreien Wechsel von Lewandowski an die Isar für so gut wie sicher.
Verhaltenes Einlenken bei Robert Lewandowski. "Ich muss das akzeptieren, dass ich in Dortmund bleiben muss", zitiert ihn "Bild".Er müsse jedoch respektieren, "wenn der BVB darauf verzichten will, für mich viel Geld zu bekommen."
Und verhaltenes Nachtreten, wenig später via polnischer Zeitung "Fakt": "Ich gebe immer alles, aber dass sie mich behalten, ist nicht fair. Das Supercup-Spiel gegen Bayern war nur der Anfang der Saison. Ich weiß nicht, ob die Situation auf Dauer spurlos an mir vorbeigeht. Es wird eine Zeit kommen, wo ich mit schlechter Stimmung zum Spiel kommen werde."
Lewandowski-Berater Barthel sagt der "Sport Bild": "Es ist richtig, dass wir noch Gesprächsbedarf mit den BVB-Verantwortlichen haben."
August 2013: Karl-Heinz Rummenigge hakt einen vorzeitigen Wechsel von Lewandowski vorerst ab. "Die Aussagen, die der BVB gemacht hat, waren ziemlich klar. Ich kann mit nicht vorstellen, dass man eine 180-Grad-Kehrtwende macht und sagt, der Spieler kann - wohin auch immer - jetzt noch wechseln. Das gilt es zu respektieren", wird er im "Kicker" zitiert.
Robert Lewandowski spielt am ersten Spieltag der Bundesliga. Für den BVB. Und er macht ein Tor.
Nach Informationen von "Spiegel online" bekommt Lewandowski eine Gehaltserhöhung für die restliche Vertragslaufzeit. Nach Angaben des Internetportals soll die Summe je nach Prämienzuschlägen bei über fünf Millionen Euro für die letzten zehn Vertragsmonate liegen.
Lewandowski erklärt das Hickhack um seinen Wechsel für beendet. In "Sport Bild" wird er zitiert mit den Worten: "Wir haben alle Unstimmigkeiten beseitigt und uns ausgesprochen. Es wurden einige Fehler gemacht - das Thema ist beendet" Außerdem, so Lewandowski, habe er "nie mit einem Leistungsabfall gedroht."