Dortmund. . Die oscarverdächtigen Protagonisten sind in dieser Champions-League-Saison die Männer von Borussia Dortmund. Sie greifen bei ihrem Aufstieg in den europäischen Fußball-Himmel nach den Sternen. Im Halbfinale geht es gegen Barcelona, Madrid oder München.

Nein, mit der Realität konnte das alles nichts zu tun gehabt haben. Dazu war das zu abgefahren, zu unwahrscheinlich, zu absurd. Wohl auch deshalb spuckten die Türen im Erdgeschoss des Dortmunder Stadions, die hinab in die Kabinen führen, einen glückstrunkenen Menschen nach dem anderen aus. Manche verstanden schon vage, was da mit ihnen binnen 69 Sekunden passiert war, manche grinsten nur.

Neven Subotic - beim BVB rein sportlich für das Verteidigen und verbal offenbar für das Erdenken wunderbarer Metaphern zuständig - tat beides in einem bemerkenswerten Moment. „Ich habe mich unendlich leicht gefühlt, so leicht wie noch nie“, sagt der Serbo-Amerikaner beim Gedanken an den Sieg bringenden Treffer: „Als würde ich im Sternenhimmel eines Hollywood-Films schweben.“

Jede Auszeichnung verdient

Es ist ein Film, der jede Auszeichnung verdient. Bester Ton, bestes Szenenbild, bestes Drehbuch. Und natürlich: bester Hauptdarsteller. Oder: beste Hauptdarsteller. Mehrzahl. Denn die oscarverdächtigen Protagonisten sind in dieser Champions-League-Saison die Männer von Borussia Dortmund. Sie greifen bei ihrem Aufstieg in den europäischen Fußball-Himmel nach den Sternen, schlugen Real Madrid, Manchester City, Ajax Amsterdam, Schachtjor Donezk - und nun also den FC Malaga. Trotz eines aussichtslosen 1:2-Rückstands vier Minuten vor dem Ende aller Träume. 69 Sekunden reichten, dann stand es 3:2. Und das Stadion kopf.

„Der Moment kommt mir vor wie ein Blackout. Als das Tor fiel, wusste ich nicht, was ich machen sollte, wohin ich laufen sollte“, sagt der glückssprudelnde Nuri Sahin nach der Partie. Er selbst hatte nicht mehr so richtig daran geglaubt, noch etwas ausrichten zu können gegen diesen abgezockten Gegner aus Spanien. Doch dann blickt er in das Gesicht des wie angestachelt herumwildernden Marcel Schmelzer. Es ist verdeckt von einer Maske, die die verletzte Nase schützt. Aber es weist so viel Entschlossenheit auf, dass das Wenige genügt, um Sahin den Willen zum Sieg zu vermitteln. Ein Sieg, der Kraft gibt weit über das Hier und Jetzt hinaus. Ein Sieg, der ins Halbfinale führt. Und vielleicht ja sogar noch weiter.

Gebannt blicken die Borussen dem Freitag entgegen, wenn in Nyon die Paarungen fürs Halbfinale ausgelost werden. Inmitten dieser klangvollen Namen sein Dasein zu fristen, ist eigentlich Auszeichnung genug. Doch die Dortmunder wollen mehr - und bekennen sich nach dem epochalen Abend deutlicher als je zuvor zu ihren Zielen. Schließlich haben sie sich in diesem Jahr die Königsklasse als Spielwiese für ihre spektakulären Darbietungen ausgesucht. „Wir wollen diesen Pokal gewinnen. Nach so einem Spiel ist uns alles zuzutrauen“, sagt Sahin. Es klingt auch wie eine Warnung an die Konkurrenz. Wann ließe sich besser am eigenen Mythos schnitzen als nach dieser wundersamen Partie? „Die anderen“, sagt Sahin, „wünschen sich uns auch nicht als Gegner.“

Besonderer Charme

Für den türkischen Nationalspieler birgt die Konstellation einen besonderen Charme. Im Sommer 2011 war er vom BVB zu Real Madrid gewechselt, die große Welt-Karriere vor Augen. Als gescheitert kam er zurück in die Arme seiner schwarz-gelben Familie. Madrid lieh ihn zurück in die Heimat aus. Es wäre dem Sauerländer sicher ein Spaß, dem Trainer, der nicht auf ihn setzte, zu zeigen, wie er es nun angetroffen hat. Denn möglicherweise gibt es Dinge, die wichtiger sind als die große Welt-Karriere.

Sahins kleiner Sohn Ömer konnte nicht im Stadion sein. Zu spät der Anpfiff. „Ihm werde ich von diesem Spiel sicher erzählen, wenn er groß ist“, sagt Sahin. Wenn es darum geht, ist Dortmund, die Traumfabrik, wohl die richtige Wahl.

Fans feiern BVB-Sieg

Alexander Feruga erlebte am Mittwochmorgen eine Überraschung: Sein Sohn hatte den Frühstückstisch schwarz-gelb gedeckt.
Alexander Feruga erlebte am Mittwochmorgen eine Überraschung: Sein Sohn hatte den Frühstückstisch schwarz-gelb gedeckt. © Scoopshot / Alexander Feruga
Viele Fans kamen im Trikot zur Arbeit.
Viele Fans kamen im Trikot zur Arbeit. © Scoopshot / Falk Nerwitzki
Auch Stromberg feierte mit.
Auch Stromberg feierte mit. © Scoopshot / Matthias Roßkamp
Bäckereien verzierten zur Feier des Tages ihre Leckereien.
Bäckereien verzierten zur Feier des Tages ihre Leckereien. © Scoopshot / Christopher Hardt
Ob der Hund auch BVB- oder nur Wurst-Fan ist?
Ob der Hund auch BVB- oder nur Wurst-Fan ist? © Scoopshot
"Wir feiern den Sieg standesgemäß mit einer BVB-Banane", schreibt Scoopshooter Exilius. "Wie man gestern gesehen hat macht Malaga-Eis langsam und unsportlich." © Scoopshot / EXILIUS
Walter B. hat sogar eine Collage gebastelt.
Walter B. hat sogar eine Collage gebastelt. © Scoopshot / Walter B.
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